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Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Titel: Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)
Autoren: Tatjana Meissner
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Wenn’s im Rücken wehtut
    Meine Hände kribbeln, als ob Millionen von Ameisen darin ihrer eifrigen Sammelleidenschaft nachgingen. Die Handschellen sind zu eng und verhindern, dass mein Blut bis in die Fingerspitzen vordringen kann. Hoffentlich sterben mir die Finger nicht schon vor dem anvisierten sexuellen Höhepunkt ab. Carsten greift in unsere Spielzeugkiste und holt einen Seidenschal hervor, den er als Schleife um meine Fußfesseln bindet. Weil ich dadurch fast jeder Bewegungsmöglichkeit beraubt bin, imitiere ich ein wollüstiges Räkeln, um eine bequemere Liegeposition zu finden. Sofort schneiden die Fesseln in meine Handgelenke ein. Um das zu vermeiden, lege ich meine Arme durchgestreckt und so ruhig wie möglich über meinem Kopf ab. Ich hätte doch die Handschellen mit dem rosa Plüsch nehmen sollen, denke ich.
    Aber diese kitschig-kuscheligen Exemplare hätten farblich nicht gepasst, weder zu meinem teuren, roten Goldfadenmieder, das Carsten mir zum Geburtstag geschenkt hat, noch zu den halterlosen roten Netzstrümpfen. Ich bin nämlich zu der Ansicht gekommen, dass sich eine Frau über vierzig mit geschmackvollen und der Figur schmeichelnden Klamotten schmücken sollte, wenn schon an Busen und Hintern die Schwerkraft ganze Arbeit leistet.
    »Du siehst toll aus«, sagt mein Prinz gerade. Er sitzt neben mir und streichelt meine Oberschenkel, genau an der Stelle, die zwischen Strumpfgummi und Slip unbedeckt ist. Eigentlich habe ich ganz gute Beine. Aber die Spannkraft des Bindegewebes scheint nachgelassen zu haben, denn kein noch so schlaffer Strumpfgummi verhindert diese Hautüberhänge, die Carsten gerade abzutasten scheint.
    Es kostet mich jede Menge geistige Anstrengung, mich auf das im Moment Wesentliche zu konzentrieren: das Liebesspiel mit Carsten. Die Wahrheit ist: Ich komme einfach nicht in Stimmung. Ich spiele die geile Naive, lächle Carsten wie ein scheues Rehlein an und mache mir in Wirklichkeit Sorgen, dass die Kerzen im dreiarmigen Leuchter Wachsflecken auf dem Wohnzimmer-Glastisch hinterlassen könnten. »Mhm«, stöhne ich, ziehe den Bauch ein und ärgere mich, dass meine Brust im Liegen das Mieder nicht mehr ausfüllt und die gepolsterten Cups durch Carstens Streicheln Beulen nach innen aufweisen, was ich völlig unerotisch finde.
    Was ist nur mit meiner Libido los? Ich habe doch so lange darauf gewartet, dass wir es endlich mal wieder richtig wild treiben. Früher haben mich Fesselspiele immer heiß gemacht, heute scheinen sie zu Durchblutungsstörungen zu führen.
    Carsten führt vorsichtig ein Glas Wein an meinen Mund und flößt mir den letzten Schluck unseres leckeren Rieslings ein. »Mhmhmhmehr«, stöhne ich ehrlichen Herzens und bin froh, mich nicht verschluckt zu haben. Sofort steht mein Prinz auf, um Nachschub aus der Küche zu holen. Mit leicht verstrubbelten dunkelblonden Locken, nackt und eindeutig erregt grinst er auf mich herab. Er sieht wirklich toll aus. Als er schon in der geöffneten Wohnzimmertür steht, beleuchtet das aus dem Flur einfallende Licht seinen schlanken Körper von hinten. Sein Schattenriss im Strahlenkranz bewegt sich lässig und selbstbewusst. »Ich liebe dich!«, rufe ich ihm hinterher. Er dreht sich noch einmal um: »Ich dich noch viel mehr!« Er flüstert es fast, wahrscheinlich lächelt er, aber ich kann es nicht erkennen. Dann dreht er sich um und verschwindet in die Küche, um eine neue Flasche Wein zu öffnen.
    Dass ich so einen tollen Typen kennenlernen durfte, ist der Wahnsinn. Bis heute, zweieinhalb Jahre nach unserer ersten Begegnung, kann ich es noch nicht fassen, dass ich mit Carsten einen Mann getroffen habe, der meine kühnsten Märchenprinzen-Träume übertrifft. Mit diesem Traummann können weder Familienpapas aus der Werbung noch Rosamunde-Pilcher-Filmhelden mithalten. Carsten ist mein Mr. Right. Er ist der erste Mann in meinem Leben, der in meiner Toilette im Stehen pinkeln darf, und ich bin mir so sicher wie noch nie, dass ich für immer und ewig mit ihm zusammenbleiben werde. Würde er mich fragen, ich sagte: »Ja! Ja! Ich will!« Allerdings hat er mich noch nicht gefragt. Trotzdem habe ich sicherheitshalber schon mal einen Hochzeitstermin im Potsdamer Standesamt reserviert: für den 23. Januar, zu unserem dreijährigen Jubiläum. Bis dahin sind zum Glück noch vier Monate Zeit, denn Carsten weiß noch nichts davon. Um alle nötigen Unterlagen meines nichtsahnenden Bräutigams rechtzeitig abgeben zu können, muss er mir innerhalb der
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