Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die grünen Augen von Finchley

Die grünen Augen von Finchley

Titel: Die grünen Augen von Finchley
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
durch die noch leeren Straßen aus der City hinaus in Richtung Richmond.
    Sein Assistent Battle begleitete ihn, wenn er sich auch nicht zusammenreimen konnte, warum Corner ausgerechnet um diese Zeit zu Sir John Marshall wollte.
    Kurz vor Marshalls Haus hielt Corner an, befahl Battle, im Wagen zu warten, und ging das letzte Stück zu Fuß.
    Als er an der Villa angelangt war, kletterte er über den Zaun und schlich durch den Park an das Haus heran. Er umging es, wandte sich dem Nebengebäude zu und verhielt – kaum atmend – vor der Garage.
    Ohne das geringste Geräusch zu machen, drückte er die Klinke herunter. Die Garage war jedoch verschlossen. Mit einem Dietrich öffnete er das Schloß, zog einen Revolver und stieß die Tür mit dem Fuß auf.
    Nichts rührte sich in dem dunklen Raum.
    Vorsichtig schob er die Türflügel wieder an den Rahmen und ließ seine Taschenlampe aufblitzen. Suchend huschte ihr Schein über die abgestellten Wagen: ein großer, dunkelroter Jaguar, der helle Sportwagen Evelyns und der breite, schwarze Rover.
    An Rädern und Kotflügeln klebte frischer Straßenschmutz. Langsam streckte der Inspektor seine Hand zur Kühlerhaube aus …
    Gleich darauf vergaß er seine Umgebung und pfiff begeistert durch die Zähne: Der Kühler war noch warm! Der Wagen mußte vor kurzer Zeit noch gefahren worden sein!
    »Na also, mein Lieber«, murmelte er, als er die Garage verließ. »Jetzt können wir endlich eine andere Sprache miteinander sprechen!«
    Lautlos ging er durch den Park zurück. In der Nähe des Zaunes blieb er plötzlich stehen. Hatte da nicht dicht neben ihm ein Zweig geknackt? Mit einem Schwung warf er den Körper herum und riß den Revolver hoch.
    Doch es war zu spät.
    Er sah einen großen Schatten zwischen den Bäumen stehen, sah das helle Mündungsfeuer eines Schusses aufflammen, hörte eine dumpfe Detonation – Schalldämpfer! dachte er noch, dann fühlte er einen rasenden Schmerz und stürzte besinnungslos zu Boden.
    In den Mittagsblättern erschien an unauffälliger Stelle eine kurze Notiz: »Inspektor Henry Corner von Scotland Yard wurde heute in den frühen Morgenstunden bei der Verfolgung eines Verbrechers auf dem Grundstück des Großindustriellen Sir John Marshall erschossen. Die Fahndung nach dem Täter ist aufgenommen worden.«
    Ohne besondere Anteilnahme überflog man die wenigen Zeilen. Gewiß, der arme Kerl konnte einem leid tun, aber wer einen solchen Beruf ergreift, muß halt mit dieser bitteren Möglichkeit rechnen …
    Kurz nach dem Erscheinen der Zeitungen tauchte Dr. Pat Woodrof in der Villa von Sir John Marshall auf.
    Der Anwalt war über den tragischen Vorgang in der unmittelbaren Umgebung seines Klienten aufs höchste erregt. Voller Mitgefühl lauschte er den Worten Evelyns, die bei seinem Anblick in Tränen ausbrach: »Es ist schrecklich, Doktor, erst stiehlt man uns den Rover, um mit ihm zu einem Mord zu fahren, und dann wird in unserem Park der gute Corner erschossen. Mein Vater ist ganz krank vor Aufregung und fühlt sich unfähig, ins Büro zu gehen. Wollen Sie mit ihm sprechen?«
    »Es wäre mir sehr recht, gnädiges Fräulein.«
    Sir John saß in seinem Schlafzimmer in dicke Decken gehüllt. Sein Gesicht war eingefallen, und seine Hände zitterten, als er den Anwalt begrüßte. »Auf meinem Haus scheint neuerdings ein Fluch zu lasten«, sagte er mit schwacher Stimme. »Es ist zuviel für mich. Ich beginne zu resignieren.«
    Woodrof ereiferte sich in seiner Anteilnahme: »Aber Sir John! Bloß das nicht!« Beschwörend hob er die Hände. »Sie brauchen Ruhe, nichts als Ruhe, um diesen Schock zu überwinden! Fahren Sie doch für ein paar Tage nach Schottland. Dort werden Sie bald wieder auf andere Gedanken kommen und Ihre alte Kraft zurückgewinnen.«
    Mit ehrlich besorgten Augen sah er den sonst so vitalen Mann an. Plötzlich schien ihm eine Idee gekommen zu sein: »Gern erkläre ich mich bereit, für die kurze Zeit Ihrer Abwesenheit Ihre Geschäfte zu führen. Heute abend kommen doch die Herren aus Indien. Da ich in Ihre Pläne eingeweiht bin, kann ich die nötigen Besprechungen ohne weiteres allein führen. Die Verhandlungen werden so verlaufen, als ob Sie selbst hinter Ihrem Schreibtisch säßen …«
    Überrascht horchte Marshall auf. Der Vorschlag hatte etwas Verlockendes. Er sah auf seine Hände, die schmal, aber sehnig in seinem Schoß lagen. Als Woodrof wieder zu sprechen begann, klang seine Stimme gedämpft und bebte leicht: »Schade um den armen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher