Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts

Titel: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
durch Fälle und Stromschnellen unterbrochen und an manchen Stellen so eingeschränkt ist, daß er höchstens zwanzig Toisen in der Breite mißt. Die bekannteste dieser Flußengen ist der »Pongo« oder das Thor von Manseriche, eine von dem Marañon mitten durch die Cordilleren gebahnte Oeffnung mit nahezu senkrechten Seitenwänden und einer Breite von fünfundzwanzig Toisen. Hier erlebte La Condamine, der mit einem Neger allein auf seinem Floß zurückgeblieben war, ein wohl ziemlich einzig dastehendes Abenteuer.
    »Der Strom, dessen Wassertiefe binnen sechsunddreißig Stunden um fünfundzwanzig Fuß abnahm, sagt er, wurde noch immer seichter. Mitten in der Nacht drängte sich ein Stück eines unter dem Wasser verborgenen Astes durch die Hölzer meines Flosses, und zwar immer mehr und mehr, je nachdem das Niveau des Wassers sank, und wenn ich nicht bei der Hand und wach gewesen wäre, konnte der Augenblick nicht mehr fern sein, wo ich mit dem Flosse aus dem Wasser gehoben und an jenem Baumast in der Luft schwebend hängen geblieben wäre. Das Geringste, was mir dabei widerfahren konnte, war der Verlust meiner Tagebücher und Beobachtungshefte, und damit die Frucht einer achtährigen Mühe. Zum Glück gelang es mir jedoch zuletzt, mich zu befreien und das Floß wieder flott zu machen.«
    In der Nähe der in Ruinen liegenden Stadt Santiago, wo Condamine am 10. Juli eintraf, hausen mitten im Walde die Xibaros-Indianer, welche seit einem Jahrhundert gegen die Spanier in Aufruhr leben, um sich der Arbeit in den Goldminen zu entziehen.
    Jenseits des Pongo von Manseriche eröffnete sich eine ganz neue Welt, ein Ocean von Süßwasser, ein Labyrinth von Seen, Flußarmen und Kanälen, inmitten unentwirrbarer Urwälder. Obwohl La Condamine seit sieben vollen Jahren gewöhnt war, in der freien Natur zu leben, so ermüdete ihn endlich dennoch dieses ewig gleichbleibende Bild von Wasser und Grün ohne auch nur den geringsten Wechsel. Als er Borja am 14. Juli verlassen, kam der Reisende bald an dem Einflusse des Morona vorüber, der von dem Vulcan von Sangay herabströmt, dessen Asche manchmal bis über Guyaquil hinausfliegt. Später passirte er die drei Ausflüsse der Pastaca, eines damals so sehr über seine Ufer getretenen Flusses, daß es unmöglich wurde, auch nur eine jener drei Mündungen zu messen. Am 19. desselben Monats erreichte La Condamine Laguma, wo ihn seit sechs Wochen schon Don Pedro Maldonado, der Gouverneur der Provinz Esmeralda, erwartete, der die Pastaca herabgefahren war. Laguma bildete jener Zeit eine starke Burg mit tausend bewaffneten Indianern unter dem Befehle der Missionäre verschiedener Stämme.
    »Dadurch, daß ich mich befleißigte, eine Karte des Amazonenstromes aufzunehmen, gewann ich ein Mittel gegen Mangel an Thätigkeit, zu dem mich die ruhige Fahrt sonst verurtheilt hätte und welchen die stets gleich bleibende Scenerie, trotzdem mir diese noch neu war, gewiß sehr langweilig und abspannend machen mußte. Jetzt war meine Aufmerksamkeit aber stets in Anspruch genommen, um mit der Boussole und der Uhr in der Hand den Wechsel in der Richtung des Stromlaufes, wie die Zeit, welche wir von einer Windung desselben zur anderen brauchten, oder die Breite seines Bettes zu beobachten, nebst der der zahlreichen Seitenarme, die er aufnimmt, ferner die Winkel, unter denen diese einmünden, zu messen, oder ein Auge zu haben auf die in demselben befindlichen Inseln und deren Größe, auf die Schnelligkeit der Strömung und die des Bootes, manchmal vom Lande, manchmal vom Boote selbst aus unter Anwendung verschiedener Methoden, deren Darlegung hier zu weit führen würde. Jeder Augenblick wurde mir kostbar. Ich habe sehr häufig sondirt, auf geometrischem Wege die Breite des Stromes und seiner Nebenflüsse gemessen, die Meridianhöhe der Sonne fast Tag für Tag bestimmt und ihre Amplitude beim Aufgang wie beim Niedergang für den Ort, an dem ich mich befand, festgestellt.«
    Nachdem er am Tigerfluß vorübergekommen, erreichte La Condamine am 25. Juli eine zweite Mission der Wilden, nämlich die der Yameos, welche die Patres erst unlängst in den Wäldern aufgesucht hatten. Ihre Sprache war sehr schwierig, besonders aber die Art der Aussprache. Einzelne Worte derselben enthielten neun bis zehn Silben, während jene sonst nur bis drei zählen konnten. Sie bedienten sich mit großer Geschicklichkeit des Blaserohres, aus dem sie kleine, mit einem so scharfen Gifte versehene Pfeile schossen, daß diese schon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher