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Die Goldgräber-Bande

Die Goldgräber-Bande

Titel: Die Goldgräber-Bande
Autoren: Stefan Wolf
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Absicht.
    Freilich — um die zu
verwirklichen, brauchte sie Hilfe. Denn Johannes war alles zuzutrauen. Bettina
befürchtete das Schlimmste. Doch Gaby wußte Rat.
    So kam Tim — und in seinem
Gefolge auch Klößchen — zu der ehrenvollen Aufgabe, auf die er jetzt
zusteuerte. Als eine Art Leibwächter sollte er die alte Dame beschützen an
diesem heutigen Vormittag — beschützen davor, daß ihr der Schmuck gestohlen
wurde. Von Straßenräubern, möglicherweise, die in Jos Auftrag handelten. Oder
von Jo selbst, falls er sich — zusammen mit Ossi — zu dieser Gewalttat
entschloß, natürlich maskiert zur Unkenntlichkeit.
    Unfaßlich! dachte Tim. Da muß
eine gütige Oma befürchten, daß sie von ihrem eigenen Enkel überfallen und
bestohlen wird. An die Polizei will sie sich nicht wenden, weil das den
Mistkerl bloßstellen würde. Also ist sie auf uns angewiesen. Ein Glück, daß sie
Gaby kennt.
    Tims Freundin hatte die Jungs
mit der alten Dame bekannt gemacht. Klößchen war gleich vor Begeisterung
entbrannt. Auch Tim und Karl fanden Oma Unken — so wollte sie genannt werden —
ganz reizend. Und Tim, für den es nichts Schöneres gibt, als seine Hilfe
verschwenderisch auszuteilen, übernahm nur zu gern die Aufgabe als Leibwächter.
    Maisrainer-Straße 99.
    Tim war erst einmal hier
gewesen, fand aber die Adresse sofort.
    Wieder mußte er grinsen, als er
vor der Gartenpforte hielt und von seinem Rennrad herunter grätschte. Zu
komisch, dieses Haus!
    In der Maisrainer-Straße gab es
keine Geschäfte, keine Hoch- oder Bürohäuser, keine Tankstellen oder
Supermärkte. Die Grundstücke waren grün, besonders jetzt im Mai; und unter
allen Häusern war das, in dem die Unkens wohnten, sicherlich das sonderbarste.
    Es war ein halbes Haus, nämlich
die linke Hälfte eines ehemaligen Doppelhauses. Die rechte Hälfte gab’s nicht
mehr. Eine Gasrohr-Explosion hatte es zerpulvert — zum Glück aber die andere
Hälfte nicht beschädigt, abgesehen von einigen zerbrochenen Dachziegeln. Und
Gott-sei-Dank kein Personenschaden, denn die Bewohner der rechten Hälfte waren
gerade zum Gottesdienst in der Kirche gewesen. Ein Segen!
    Den Schutt der eingestürzten
Hälfte hatte man weggeräumt — damals vor fünf Jahren, und keinen Neubau
errichtet. Nur die Kellerräume standen noch, vergammelten aber mehr und mehr
wie ein Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg.
    Auf dem Betonfundament ihres
ehemaligen Nachbarn hatte Bettina Humuserde verteilt, immer gut gedüngt, und
einen Küchengarten angelegt. In der ehemaligen Diele gediehen jetzt Radieschen
und Schnittlauch, im Gäste-Klo Petersilie und Kopfsalat, Wohnzimmer und Küche
waren den Schnittblumen vorbehalten. Tulpen blühten zur Zeit — rot, gelb,
scharlachfarben und sogar ein paar schwarze.
    Natürlich sah man: Es war und
blieb eine Haushälfte. Und die Mauer zum Küchengarten war kahl, rauh,
unverputzt und ohne Fenster.
    „Ich find’s immer wieder
komisch“, meinte Klößchen, „diese Hütte.“
    „Oma Unken sollte wilden Wein
anpflanzen. Der klettert, und die häßliche Mauer wird begrünt.“
    Sie stellten ihre Drahtesel an
den Zaun und gingen zum Eingang.
    Bevor Tim klingeln konnte,
wurde geöffnet.
    Der lang gewachsene,
krummrückige Johannes von Unken machte einen Schritt über die Schwelle. Beinahe
wäre der Bursche gegen Tim geprallt.
    Tim musterte ihn, wortlos wie
ein Hai.
    Der Enkel trug schwarzlederne
Motorradkluft und den Helm unterm Arm. Jo hatte den Kopf voller rotblonder
Locken, die aber nicht echt waren, sondern die Folge einer Dauerwelle beim
Herrenfriseur. Einige Locken hingen in die blassen Grauaugen. Das Gesicht war
schmal und zeigte wenig Farbe. Der verdrießliche Mund schien bereit, auf die
Welt zu spucken.

    „Zu dir wollen wir nicht“,
sagte Tim.
    „Ich würde euch auch gar nicht
reinlassen.“
    „Hohoh“, meinte Klößchen hinter
Tim. „Einlaß verschaffen wir uns, wenn wir wollen.“
    „Schnauze, Dicker!“ knurrte Jo
und preßte den Schutzhelm an sich.
    Klößchen holte tief Luft. Aber
zum Schimpfen kam er nicht mehr.
    „Wer ist da, Johannes?“ rief
eine Frauenstimme aus dem Haus. Sie klang frisch, volltönend, angenehm. Von
Gaby wußten die Jungs: Bettina von Unken führte das auf ihre gute Atemtechnik
zurück. Sie hatte in ihrer Jugend Gesangsunterricht genossen — sie sagte immer:
genossen — und dann so weiter geatmet. Bis heute.
    Jo ließ beharrlich die Zähne
aufeinander, stumm.
    „Wir sind’s, Oma Unken“, rief
Tim:
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