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Die Goldgräber-Bande

Die Goldgräber-Bande

Titel: Die Goldgräber-Bande
Autoren: Stefan Wolf
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indischen Tee.“
    „Heute nachmittag?“ fragte Tim.
    „Ihr kommt doch zur Blauen
Stunde. Das habe ich mit Gaby vereinbart. Ihr alle vier. So gegen fünf Uhr,
nicht wahr?“
    „Davon wußten wir noch nichts“,
sagte Tim. „Aber es läßt sich einrichten.“
    Das Wohnzimmer hatte ein
Fenster nach Südosten. Von dort schien die Sonne herein. Ihr Licht umhüllte den
alten Schreibsekretär, der in einer Ecke stand und ein Leckerbissen war für die
Holzwürmer.
    Oma Unken öffnete ein Fach.
„Bevor wir aufbrechen, zeige ich euch meinen Schmuck. Nanu! Wo ist er denn?“
    Sie blickte in ein Fach, zog
dann ein anderes auf, ein drittes. Sie wurde kreidebleich.

    „Wo... wo... Ich hab’ doch den
Beutel hierher gelegt.“
    Du meine Güte! dachte Tim. Ist
sie verwirrt? Ein plötzlicher Gedächtnisverlust... Oder?
    Er trat neben sie. „Wie sieht
der Beutel aus?“
    „Dunkelrot. Dunkelrotes
Wildleder. Mit einer Kordel zum Schließen. Er ist ziemlich groß. So etwa.“ Sie
deutete Kokosnuß-Größe an mit zitternden Händen. „Alles ist drin: Ringe,
Armbänder, Halsketten, das Collier, Ohrgehänge, Broschen. Aber ich weiß doch
genau, daß ich ihn hierher...“
    „Immerhin könnte man“, fiel Tim
ihr ins Wort, „den Beutel unter die Jacke stopfen, nicht wahr? Unter eine
schwarze Motorradjacke, ja?“
    Oma Unken griff haltsuchend um
sich. Sofort wurde sie gestützt von den Jungs und zu einem Sessel geführt.
    Entsetzt blickte sie umher.
„Also... doch! Johannes. Aber woher wußte er... Ich dachte doch, er schliefe,
als ich drüben am Tresor war.“
    „Willi, du bleibst hier“, sagte
Tim. „Ich sehe mal, ob noch was zu retten ist.“
    Er stürmte hinaus, flankte über
den Zaun, saß schon im Rennradsattel und blickte die lange Straße entlang in
beide Richtungen. Was nun?
    Er hatte kein Motorrad gehört,
seit er hier war. Allerdings auch nicht darauf geachtet. Daß Jo in seiner
Krad-Kluft nicht spazieren latschte, war klar. Er würde, wie üblich, hinten auf
Ossis knallroter Harikari hocken und mit ihm durch die Stadt brausen. Wo hatten
sie sich verabredet? Hier? An der nächsten Ecke? Vor oder in einer Kneipe?
    Wumm — war das Bild vor Tims
Augen da! Sprang aus der Erinnerung hervor wie der Teufel aus der Kiste. Tim
hatte die Eckkneipe im Vorbeifahren gesehen, vorhin, als sie herkamen, vorn an
der Kreuzung Maisrainer/Beskiden-Straße. Name? Nicht mitgekriegt. Aber daß ein
Dutzend schwerer Motorräder vor der Pinte parkte — das hatte er registriert.
Dort? Durchaus möglich.
    Es waren etwa 600 Meter. Tim
überholte zwei langsam fahrende Autos.
    Wenn das ein Rowdy-Club ist,
überlegte er, stehe ich allein ziemlich dumm da. Motorrad-Rowdys im Dutzend —
dagegen war die Keilerei mit Ossi Gymnastik zum Aufwärmen. Mal sehen!
    Er hielt an der Ecke. Die
Motorräder waren noch da — und unter ihnen eine rote Harikari, deren
Nummernschild auf... 33 endete. Na, also!
    Tim stellte sein Rad an den
Bretterzaun, der zu der Kneipe gehörte. Sie hieß EINKEHR. Der Zaun schirmte
einen Hof ab, aber das Tor an der Einfahrt war kaputt, hing schief in den
Angeln. Gestapelte Bierkästen mit leeren Flaschen. Ein Container für andere
Flaschen. Mülltonnen. Eine Hintertür stand offen. Pfannen und Geschirr
klapperten. Irgendwer in der Küche bereitete sich vor auf die Mittagsgäste.
Sicherlich gab’s Bratwurst und Pommes, Schnitzel und Pommes oder Spiegelei und
Pommes. Es roch nach Bratfett und siedendem Öl. Links neben der Tür waren zwei
kleine Fenster — ein paar Meter entfernt. Auch die standen offen. Fliegen
flogen aus und ein. Die Toiletten?
    Tim marschierte über den Hof,
blickte ins Küchenfenster, wo zwei Frauen emsig werkelten, ging an der
Hintertür vorbei und blieb stehen unter einem der Fenster.
    Es lag über Kopfhöhe.
Desinfektionsmittel-Geruch.
    Tim sprang, erwischte die
innere Kante der Fensterbank und zog sich hoch.
    Wasser plätscherte. Unmittelbar
unter dem Fenster befand sich ein Waschbecken. Vornüber gebeugt stand dort ein
Typ, keine Armlänge von Tim entfernt. Offenbar war ihm übel, dem Typ. Jedenfalls
spuckte er ins Becken, fing Wasser auf mit hohlen Händen und klatschte es sich
ins Gesicht.
    Schon wollte Tim sich
zurückfallen lassen, als er Einzelheiten wahrnahm, die bis jetzt verhüllt waren
vom Halbdunkel dieser Herrentoilette.
    Dunkle Lederjacke. Ein Kopf
voller Locken, die so künstlich aussahen, daß man die Brennschere roch.
Krummrücken!
    Unmöglich! dachte Tim. Soviel
Massel hat der Mensch
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