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Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Titel: Die Gilde von Shandar: Die Spionin
Autoren: Mark Robson
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sich in eine Position zu bringen, aus der er sie über den Rand aufs Dach ziehen konnte, ohne dass sie beide das Gleichgewicht verloren. Ihr Körper wurde zerkratzt, als er sie über den Rand zog, aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Sie lebte. Nur das zählte.
    Er musste sich nicht umdrehen, um festzustellen, dass Shalidar längst weg war. Es war vorbei. Er konnte nur hoffen, dass die königliche Garde den Mörder gefasst hatte, aber er wusste auch, dass er da sehr viel erhoffte. So saß er erschöpft auf dem Dach und hielt Femke fest.
    Plötzlich hustete sie und kam halbwegs wieder zur Besinnung. Ein grausamer Schmerz zerriss ihr die Seite und brachte einen neuen Blutschwall in ihren Mund. Es wäre eine Schande, jetzt zu sterben, sagte sie sich, als sie spürte, dass sie wieder im Abgrund versinken wollte. Ich würde dem Kaiser gerne die ganze Geschichte erzählen.
    »Mach dir keine Sorgen, Femke«, hörte sie Reynik leise in ihr Ohr sagen. »Du wirst wieder gesund. Lieg still. Gleich kommen Ärzte. Bleib ja hier, hörst du? Du kannst mich jetzt nicht allein lassen. Wie soll ich das allein dem Kaiser erklären? Ich bin ein Soldat, um Himmels willen. Du bist diejenige, die die Antworten hat.«
    Femke richtete sich leicht auf.
    »Klar bin ich das – ich bin schließlich eine Frau«, krächzte sie.
    Reynik lachte.
    »Das bist du, Femke. Komm schon. Konzentrier dich darauf, am Leben zu bleiben. Verlass mich nicht, Femke. Bleib hier. Das Reich braucht dich. Ich brauche dich. Bleib hier.«
    »Shalidar?«, flüsterte sie.
    »Weg«, erwiderte er leise.
    »Verdammt!«, stöhnte sie.
    Reynik spürte, wie Femkes Kopf schwer wurde, und erkannte, dass sie wieder das Bewusstsein verloren hatte. Doch ihr Atem ging gleichmäßig und angesichts ihrer Verletzungen war es vielleicht besser so. Solange sie bewusstlos war, spürte sie wenigstens nicht die Schmerzen. Er legte ihren Kopf an seine Brust und wiegte sie vorsichtig in den Armen.
    Schuld- und Glücksgefühle überwältigten ihn gleichzeitig. Schuldgefühle, weil er sich insgeheim ein klein wenig gefreut hatte, dass Femke jetzt keine romantische Beziehung mehr hatte. Er hatte sich zu ihr hingezogen gefühlt, seit sie Shandrim verlassen hatten, doch zuerst hatte er sie für wesentlich älter gehalten als sich selbst und durch ihren Status für ihn unerreichbar. Jetzt wusste er, dass sie höchstens zwei Jahre älter war, was kein so großer Altersunterschied war. Und außerdem war sie keine Botschafterin, sondern eine Spionin.
    Die Wahrheit war ihm erst nach der Ankunft von Lord Danar klar geworden, daher hatte er aus Rücksicht auf den Lord, der ein wesentlich geeigneterer Verehrer schien, seine Gefühle unterdrückt. Reynik war nie gut darin gewesen, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Vielleicht bekam er jetzt die Gelegenheit, Femke zu sagen, was er fühlte.
    Das Geräusch von Schritten hinter ihm ließ ihn lächeln. Die königliche Garde kam. Sie würden Femke in die Krankenstation bringen, und er war sicher, dass sie wieder gesund werden würde. Die diplomatischen Beziehungen würden entwirrt werden. Es war vorbei – zumindest vorerst.
    Eine Furcht blieb bestehen. Reynik wusste, dass er sich den Auftragsmörder heute zum Feind gemacht hatte. Shalidar war niemand, der vergessen und vergeben konnte.
    »Nun, Shalidar«, murmelte Reynik leise. »Das bin ich auch nicht.«

 
    cbt – C. Bertelsmann Taschenbuch
Der Taschenbuchverlag für Jugendliche
Verlagsgruppe Random House
     
     
    Verlagsgruppe Random House
Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifizierte
Papier Super Snowbright liefert
Hellefoss AS, Hokksund, Norwegen.
     
     
    1. Auflage
Deutsche Erstausgabe November 2008
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
    © 2006 der Originalausgabe by Mark Robson
    Die englische Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel
»Imperial Spy« bei Simon & Schuster, London
© 2008 für die deutschsprachige Ausgabe
bei cbt/cbj Verlag in der Verlagsgruppe
Random House GmbH, München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Übersetzung: Tanja Ohlsen
Lektorat: Carola Henke
Umschlagabbildung: Geoff Taylor, © Simon + Schuster 2006
Umschlagkonzeption: HildenDesign, München
st · Herstellung: ReD
    eISBN : 978-3-641-02332-4
     
    www.cbt-jugendbuch.de
    www.randomhouse.de
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