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Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Die Gilde von Shandar: Die Spionin

Titel: Die Gilde von Shandar: Die Spionin
Autoren: Mark Robson
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durch Flaschenzüge zur Decke an der rechten Seite des Saals und über die Decke zu einem weiteren Flaschenzug genau in der Saalmitte. Die Metallkonstruktion wirkte sehr schwer. Sofort wusste Femke, was sie tun musste, und rannte zur Wand rechts der Tür.
    »Das Seil, Reynik! Kapp das Seil!«, schrie sie im Laufen.
    Reynik begriff sofort und rannte die paar Schritte zur nächsten Wache. Bevor der Mann wusste, wie ihm geschah, hatte Reynik seinen Dolch ergriffen und aus der Scheide gezogen.
    »Hey!«, protestierte der Gardist. »Was soll denn das werden?«
    »Ich leih mir kurz dein Messer aus!«, rief Reynik zurück, der bereits zu der Wandhalterung unterwegs war.
    Ein paar Schritte davon entfernt sprang Femke hoch und versuchte, das Seil zu greifen. Es war ein guter Sprung und sie bekam es zu fassen, ihr Körper schwang nach und knallte heftig an die Wand. Dennoch hielt sie sich fest und begann, nach oben zu klettern, immer eine Hand über der anderen.
    Reynik rannte durch den Gerichtssaal, ohne auf den Tumult um ihn her zu achten. Innerhalb weniger Sekunden sägte er mit seiner neu erworbenen Klinge an dem Seil. Femke spürte, wie die einzelnen Stränge nachgaben, als Reynik beherzt daran herumsäbelte.
    »Bin gleich so weit!«, warnte er. Femke hörte auf zu klettern und konzentrierte sich darauf, sich festzuhalten. Als die letzten Stränge rissen, stürzte der schwere Kandelaber nach unten und zog Femke mit einem so kräftigen Ruck über das Flaschenzugsystem nach oben, dass es ihr fast die Arme abriss. Femkes leichtes Gewicht bremste den Fall des Kandelabers kaum. Immer schneller raste er nach unten, während Femke über die Köpfe der erstaunten Höflinge hinweg zur Decke hinaufsegelte.
    Keine Sekunde zu früh ließ Femke das Seil los. Der Schwung beförderte sie über die letzte Sitzreihe hinweg, doch die Landung war unsanft. Sie knallte hart gegen die Wand, sodass ihr kurz die Luft wegblieb. Shalidar verschwand bereits durch eines der Fenster, sie durfte also keine Zeit verlieren. Mit einer Disziplin, die nur wenige Menschen besitzen, zwang Femke ihre sich schwer hebende Brust, sich zu beruhigen, und brachte ihren gequälten Körper dazu, ihm zu folgen.
    Im Gerichtssaal brach wegen der spektakulären Wendung der Dinge ein Tumult aus, doch Femke ignorierte es. Sie konzentrierte sich darauf, Shalidar aufzuhalten. Während sie flink durch das Fenster schlüpfte, um ihn zu verfolgen, murmelte sie dauernd leise: »Er darf nicht entkommen, er darf nicht entkommen!«
    Doch Shalidar war nicht dumm. Er hatte zu lange als Killer überlebt, um sich nicht immer einen Fluchtweg offenzuhalten. Egal wie wütend er auch auf Femke war, konnte er sich doch beherrschen, um sich nicht durch seinen Zorn ablenken zu lassen. Shalidar konzentrierte sich auf die Flucht und drängte seinen Zorn mit eiskalter Professionalität zurück.
    Er rannte über das leicht abfallende Dach zu der Ecke, die dem Boden am nächsten war. Doch zum ersten Mal war das Glück nicht auf seiner Seite. Eine Patrouille der königlichen Garde, die im Schlosspark Streife lief, sah ihn, als er sich dem Dachrand näherte, und rief ihn an.
    »Hey! Du da auf dem Dach! Bleib, wo du bist! Keine Bewegung oder wir müssen schießen!«, warnte einer von ihnen laut.
    Shalidar drehte sich um und rannte das Dach wieder hinauf, sich duckend und Haken schlagend, um den Bogenschützen kein Ziel zu bieten. Die Patrouille feuerte mehrere Bolzen aus ihren Armbrüsten auf ihn ab, verfehlte ihn jedoch.
    Da erst bemerkte Shalidar, dass sich ihm vom Gerichtssaal her Femke näherte. Es war nicht der geeignete Ort, sich mit ihr zu befassen. Die Schützen konnten Glück haben, und er wollte ihr nicht die Genugtuung geben zu sehen, wie er getötet oder gefangen genommen wurde. Nein. Da gab es bessere Mittel und Wege. Er musste sich im Bruchteil einer Sekunde entscheiden und wählte dann die Flucht auf höher gelegenes Gebiet. Shalidar wusste nicht, ob Femke Probleme mit großen Höhen hatte, aber wenn er sie über die Dächer auf höhere Flächen führte, entkam er zumindest den Armbrustschützen. Und dann konnte er sich Femkes mit einem beherzten Stoß für immer entledigen.
    Femke sah, dass Shalidar sie bemerkt hatte, und verdoppelte ihre Anstrengungen, die Lücke zwischen ihnen zu schließen. Dann schossen plötzlich Armbrustbolzen um sie herum durch die Luft. Instinktiv veränderte sie ihren Laufrhythmus, um der königlichen Garde kein Ziel zu bieten, und duckte sich beim Laufen.
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