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Die Gilde der Diebe

Titel: Die Gilde der Diebe
Autoren: Tom Becker
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und der Magier schleuderte Jonathan eine Handvoll Pulver ins Gesicht. Jonathans Augen brannten wie Feuer. Kurzzeitig erblindet schwang er seinen Ellbogen und spürte, wie er das Gesicht des Magiers traf. Mountebank heulte auf und hielt sich die Nase.
    Der Gnom schaukelte bedenklich unter ihnen und rutschte näher an die Grube mit den Pfählen heran. Mit tränenden Augen sah sich Jonathan nach einem Ausweg um. Die einzige andere verbleibende Figur näherte sich ihnen schlingernd. Er hatte nur einen Versuch, um sie zu erreichen, und er musste sicherstellen, dass der Magier abgelenkt war. Ihm kam nur eine Idee in den Sinn. Der älteste Trick der Welt.
    Jonathan blickte über Mountebanks Schulter und rief mit weit aufgerissenen Augen, so laut er konnte: »Carnegie!«.
    Der Kopf des Magiers wirbelte herum, nur um festzustellen, dass der Wermensch nirgendwo zu sehen war. Jonathan nutzte die Gunst der Stunde, drückte sich von dem Gnom ab und vollführte einen Bocksprung in Richtung der vorbeifliegenden Figur.
    » Das nenne ich mal Irreführung!«, rief er, während er sich auf seiner Figur entfernte.
    Mountebank stöhnte, als der Gnom von seiner Halterung abbrach und in die Grube flog. Der Magier hing in der Luft, ruderte mit den Armen und versuchte verzweifelt, sich irgendwo festzuhalten. Er hätte es beinahe geschafft. Seine Finger streiften aber nur die Decke, und mit einem letzten hallenden Aufschrei stürzte er in die Grube.
    Jonathan kämpfte gegen die Übelkeit an. Da nur noch ein Reiter übrig war, schaltete die Maschine einen Gang runter, und die Drehbewegung verlangsamte sich. Die Plattform glitt heraus, bedeckte wieder die Grube und Mountebank der Mächtige verschwandendgültig in seinem grausamen Grab. Danach kam das Schreckens-Karussell zum Stehen.
    Jonathan kletterte von seiner Figur runter und lief mit wackligen Beinen zur Mitte des Karussells. Er hob die Kiste auf und schleppte sie vom Fahrgeschäft runter. Als er den sicheren Boden betrat, gaben seine Beine nach, und er brach auf dem Rasen zusammen. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung am Eingang des Zirkuszelts wahr. Carnegie rannte auf ihn zu. Der Wermensch beugte sich über ihn und betrachtete ihn behutsam.
    »Das war so ziemlich das Irrste, was ich je gesehen habe. Du bist verrückt.« Er kniete sich hin. »Ist alles in Ordnung, Junge?«
    Jonathan blickte auf.
    »Weiß nicht. Ich lebe, glaube ich.«
    »Mountebank?«
    »Der ist tot.«
    »Bist du dir sicher?«
    Jonathan nickte. Der Wermensch klopfte ihm auf die Schulter.
    »Komm, lass uns die Kiste in das große Zirkuszelt bringen. Nachdem du dein Leben aufs Spiel gesetzt hast, um an den Stein zu kommen, möchte ich nicht riskieren, dass uns Vendetta bei der Übergabe aufs Kreuz legt.«
    Carnegie nahm die Kiste in die eine haarige Hand und hievte Jonathan mit der anderen Hand hoch. Sie schafften es gerade noch, die Kiste sicher zu verstauen. Als Jonathan aus dem Zelt kam, sah er in der Fernezwei Scheinwerfer über den Jahrmarkt holpern, und das Geräusch eines stotternden Motors drang an seine Ohren. So kündigte sich das einzige Auto in Darkside an. So kündigte sich Vendetta an.

27
    Das Auto näherte sich und Jonathan mobilisierte seine letzten Kräfte. Die Fahrt auf dem Schreckens-Karussell und der Kampf mit Mountebank hatten ihm nahezu alles abverlangt, aber er wusste, dass sie noch lange nicht außer Gefahr waren.
    Das Fahrzeug fuhr vor dem großen Zirkuszelt vor. Hinter dem Steuer erkannte Jonathan Vendetta. Er trug einen langen Ledermantel und eine altmodische Rennfahrerbrille. Marianne fläzte lässig neben ihm. Ihr knallgelbes Haar flatterte im Wind. Auf den ersten Blick sahen sie aus wie ein wohlhabendes viktorianisches Ehepaar bei einer Landpartie. Doch im Schein der Fackeln sah Jonathan, dass Marianne in jeder Hand eine Pistole hielt und Vendettas Wangen blutverschmiert waren.
    Auf dem Rücksitz saßen Mariannes Leibwächter, der stumme Riese Humble und der untersetzte, hyperaktive Skeet. Bei Carnegies Anblick griffen sie hinter sich und zogen zwei Gewehre hervor, die sie auf den Wermenschen richteten.
    Zwischen Humble und Skeet saß ein weiterer Passagier im Wagen. Es war Miss Elwood. Sie sah ausgemergeltaus, mit dunklen Ringen unter den Augen, aber sie lebte.
    Jonathan stieß einen erleichterten Freudenschrei aus und rannte auf sie zu.
    »Miss Elwood!«, rief er. »Geht es Ihnen gut?«
    Sie nickte kurz mit angespanntem Gesichtsausdruck. Vendetta stellte den Motor aus und machte eine
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