Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gilde der Diebe

Titel: Die Gilde der Diebe
Autoren: Tom Becker
Vom Netzwerk:
eines Hochsicherheitsraumes im Keller lag. Er klammerte sich an den hier, Sir.«
    Er zeigte seinem Vorgesetzten ein Foto von einem glitzernden Stein, einem eisblauen Saphir.
    »Unsere Experten sind der Meinung, dass der Stein ein paar Millionen wert ist.«
    Kommissar Carmichael hob eine Augenbraue und wandte sich an den Jungen. »Nicht schlecht für einen Burschen in deinem Alter. Hast wohl versucht, bei einem Mädchen Eindruck zu schinden, oder?«
    Kevin schnaubte verächtlich. Insgeheim war Wilson erleichtert, dass das Erscheinen des eigenwilligen Kommissars den Jungen zu beeindrucken schien.
    »Der Verdächtige weigert sich, zu kooperieren, Sir«, warf er beflissen ein. »Wir haben bisher nur seinen Namen aus ihm herausbekommen.«
    Der Kommissar blickte den Jungen lange gedankenverloren an. Dann beugte er sich vor und sagte leise: »Ich wette, du hast ihnen nicht deinen richtigen Namen gesagt. Habe ich recht, Jonathan?«
    Der Junge blickte auf. Entsetzen machte sich auf seinem Gesicht breit. Carmichael lachte heiser und schüttelte den Kopf. »Obwohl du ein kluger Junge bist, scheinst du uns für ziemlich dumm zu halten. Hast duwirklich gedacht, wir glauben dir einfach so? Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass wir dein Foto durch die Datenbank laufen lassen könnten? Was denkst du, wo wir uns befinden, Junge? Im neunzehnten Jahrhundert?«
    Die Mundwinkel des Kommissars waren zwar immer noch zu einem Lächeln verzogen, aber seine Augen blickten todernst. Er sah den Jungen herausfordernd an. Jonathan hielt schweigend seinem Blick stand.
    Wilson verstand nichts.
    »Sir?«, fragte er zaghaft.
    Der Klang seiner Stimme löste die Anspannung im Raum. Carmichael wandte sich ihm wieder zu. Ein amüsiertes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    »Dies ist ein ganz besonderer Tag, Inspektor. Wir verhören einen Geist.«
    »Ich … ich verstehe nicht, Sir.«
    Carmichael lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    »Dieser Junge ist Jonathan Starling. Er wurde vor einem Jahr in der Londoner Innenstadt entführt. Trotz einer groß angelegten Suchaktion hat man ihn nie gefunden. Aus heiterem Himmel wurde der Fall eingestellt, und, Wilson, niemand – kein Familienangehöriger, kein Freund – hat jemals nach ihm gefragt oder sich beschwert. Es war, als hätten … sie ihn einfach alle vergessen. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, taucht er wieder auf! Der einzige Verdächtige bei einem Millionenraub.« Er lächelte Jonathan wieder an. »Welche Geschichte du uns auch immer auftischen willst, Junge, ich kann es kaum erwarten, sie zu hören.«
    Jonathan lehnte sich zurück und verschränkte demonstrativ die Arme.
    »Hör mir mal zu, Jonathan«, sagte Wilson in dem Bemühen, gedanklich zu folgen. »Du kannst unmöglich alleine in diesen Keller eingebrochen sein. Dieses Anwesen gleicht einer Festung. Jemand war bei dir – Erwachsene, Verbrecher. Wen auch immer du zu decken versuchst, du solltest dir überlegen, ob sie es wert sind. Sie sind abgehauen und haben dich in dem Schlamassel sitzen lassen. Wo sind sie jetzt?«
    »Ich weiß es nicht.« Jonathan meldete sich zum ersten Mal mit energischer Stimme zu Wort. »Aber ich werde es herausfinden.«
    Wilson schnaubte entnervt. Der Junge schien fest entschlossen zu sein, ihnen nicht zu helfen.
    »Mach weiter so und du landest direkt im Jugendgefängnis. Warum erzählst du uns nicht einfach, wie es gelaufen ist?«
    »Was soll das bringen?«, fauchte Jonathan zurück. »Sie würden mir sowieso nicht glauben.«
    »Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, was wir in diesem Raum schon alles gehört haben. Solange es die Wahrheit ist, junger Mann, soll es uns recht sein.«
    »Wo bist du gewesen, Jonathan?«, fragte Kommissar Carmichael.
    »An einem anderen Ort«, erwiderte dieser trotzig.
    »Ging es dir dort gut?«
    »Mir ging es prächtig. Der Ärger fing erst an, als ich wieder hierherkam.«
    Jonathan hielt inne und war sich offensichtlich unschlüssig,wie er fortfahren sollte. Wilson warf ihm einen aufmunternden Blick zu.
    »Sprich weiter.«
    Jonathan seufzte und begann zu erzählen.

1
    Jonathan Starling suchte Ärger.
    Auf den ersten Blick hätten dies die meisten Leute nicht bemerkt. Jonathan gab eine unglückliche Figur ab, wie er durch ein Einkaufszentrum im Norden Londons schlurfte und seine offenen Schnürsenkel über den gekachelten Boden hinter sich her schleifte. Sein Körper war in eine Schuluniform gezwängt, die für seine schlaksige Gestalt mindestens zwei Nummern zu klein war,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher