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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen
Autoren: Amma Darko
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habe.»
    «Ich verstehe. Wenn also Leute Sie um Rat fragen und Sie ein spezielles Huhn auf Ihre Liste setzen, dann empfehlen Sie diese Leute an Ihren Neffen weiter.»
    «Ja, genau.»
    «Und Onko bestellte natürlich ein solches Huhn, um sein Geschäft zu retten.»
    «Ja. Und diese Frau auch.»
    «Welche Frau?»
    «Die dicke Rote. Sie bestellte ein Huhn. Um den Geist des Mädchens zu besänftigen, der sie verfolgte.»
    «Maami Broni fühlte sich von Baby Ts Geist verfolgt? Hat sie auch gesagt, warum?»
    «Ja. Das Mädchen hat zum Zeitpunkt ihres Todes bei ihr gewohnt.»
    «Nur deshalb?»
    «Ja.»
    «Also hat sie auch ein Huhn bei Ihrem Neffen gekauft und es Ihnen gebracht?»
    «Nein. Sie hat es gekauft und dort, wo das Mädchen umgekommen ist, geschlachtet. Hinter einem blauen Rasta-Friseurkiosk in Agbogbloshie, habe ich gehört.»
    Sylv Pos Gedanken rasten. Wo könnte er diese neuen Informationen in seiner Sendung unterbringen?
    «Möchten Sie die Farm meines Neffen einmal besichtigen? Vielleicht in einer Ihrer Sendungen im Radio darüber berichten?»
    Sylv Po war beeindruckt von der Geschäftstüchtigkeit dieses Mannes. «Ich werde das meinem Chef vorschlagen», versprach er.
    Der Medizinmann freute sich. «Ich bin sicher, das wird sich lohnen. Es ist eine schöne Farm. Die Hühner sind teuer. Das verstehen Sie doch, oder? Wenn man bedenkt, daß sie so speziell gezüchtet sind. Aber sie sind jeden Cedi wert. Die dicke Frau hat sogar gleich zwei gekauft. Sehr teure, aber sie hat darauf bestanden, obwohl ich ihr nur eins verschrieben hatte.»
    Sylv Po zog die Augenbrauen hoch. «Warum hat sie das wohl getan?»
    Der Medizinmann zuckte mit den Schultern. «Vielleicht hoffte sie, mit dem doppelten Opfer dem Geist des Mädchens schneller zu entkommen. Das kommt öfter vor.»
    «Dann muß sie wirklich in heller Aufregung gewesen sein.»
    «Das war sie auch.»
    «Zwei Hühner?» wunderte sich Vickie auf dem Rückweg.
    Sylv Po lächelte. «Oh, immerhin bist du wieder bei Stimme», machte er sich lustig.
    Es waren wirklich Vickies erste Worte gewesen, seit sie den Schrein betreten hatten. «Etwas habe ich nicht verstanden», fuhr sie fort. «Er schien der Meinung zu sein, daß Baby T an der Stelle umgekommen ist, wo sie gefunden wurde. Was ist dann mit unserer Wegwerf-Theorie?»
    Sylv Po antwortete nicht. Auch er dachte gerade darüber nach.

KAPITEL 24
     
     
     
    Es ist schon verdammt schwer, auch nur zu versuchen zu verstehen, wie eine Frau mittleren Alters, die Mutter oder Großmutter sein könnte und vermutlich auch tatsächlich Mutter oder Großmutter ist, es mit ihrem Gewissen vereinbaren kann, daß ein Mädchen, das ihre Tochter oder Enkelin sein könnte, in die Prostitution geschickt wird. Und wie sie es sich zur Aufgabe machen kann, ein junges Mädchen in der Kunst auszubilden, ihren Körper zu verkaufen. Vielleicht hätte Maami Broni Baby T auch gar nicht unter ihre Fittiche genommen, wenn sie nicht von Poison erfahren hätte, was dieser wiederum von Kpakpo und Mama Abidjan gehört hatte.
    «Sie gibt sich den Männern bereits gratis hin. Sie hat sogar bereits einmal versucht, ihren Stiefvater zu verführen. Der arme Mann. Er mußte sich wehren, als habe er es mit dem Leibhaftigen zu tun.»
    Maami Bronis Schuldgefühle gingen augenblicklich gegen Null. Wenn Baby T Sex mochte und sie es bereits umsonst mit Männern trieb, die ihre Väter hätten sein können, dann konnte man sie doch auch in ein Geschäft stecken, von dem alle etwas hatten, oder?
    Genau wie die anderen Frauen im Sechszimmer-Bordell waren Maami Broni und Mama Abidjan alte «Häsinnen» aus dem Rotlichtmilieu der Elfenbeinküste. Es ist kein Geheimnis, daß dieses Geschäft unbarmherzig mit dem Alter umgeht und Falten nicht duldet. Eine Frau mittleren Alters konnte noch so sehr das handwerkliche Know-how, die Akrobatik und sämtliche Stilrichtungen des Akts selbst beherrschen – die meisten Männer verlangte es nach einem jugendlichen Körper. Also kehrten Frauen wie Maami Broni aus Abidjan an der Elfenbeinküste oder Agege in Nigeria, oder wo auch immer sie ihrem Gewerbe nachgegangen waren, zurück und errichteten ein Camp. Sie gingen auf Jagd nach Nachwuchs und setzten so ihr ganz privates «Technologietransfer»-Programm in die Tat um. Normalerweise stellte die reife Frau die jungen Mädchen zuerst als Hausmädchen ein. Und während diese ihrem Job nachgingen, wurde heimlich ihr «Trainings»-Lager aufgebaut. Das Mädchen wusch gerade irgendwo
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