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Die Gesichtslosen

Die Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen
Autoren: Amma Darko
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«Also sollen wir jetzt…»
    Plötzlich klopfte es an der Tür. Es war der Bürowächter. «Da draußen unter dem Baum steht ein Mädchen und fragt nach Fofo.»
    «Warum bringst du sie nicht herein?» fragte Dina vorwurfsvoll.
    «Das hab ich ja versucht, sie will aber nicht.»
    Dina ging mit Fofo zusammen hinaus. Die anderen traten auf die Veranda und beobachteten die Szene.
    Fofo erkannte ihre Freundin schon von weitem und lief auf sie zu. Auch Odarley lief ihr entgegen. Sie umarmten sich, betrachteten einander, umarmten sich wieder und erkundigten sich gegenseitig nach ihrem Befinden.
    «Willst du sie nicht hereinbitten?» schlug Dina vor.
    Odarley schüttelte heftig den Kopf.
    «Das sind nette Leute, Odarley.»
    «Ich kann nicht lange bleiben. Vielleicht ein andermal.»
    «Wie hast du hierher gefunden?» wollte Fofo wissen.
    «Naa Yomo. Sie hat mich geschickt. Einer ihrer Söhne, ich meine den, der in der Bank in Sunyani arbeitet, hat mich bis zur Kreuzung mitgenommen. Von da aus bin ich zu Fuß gegangen. Sie haben mir auch Geld für die Rückfahrt gegeben. Aber ich hätte auch alleine hierher gefunden. Alle reden über dich und diese Organisation.»
    «Willst du wirklich nicht reinkommen?» fragte Dina noch einmal.
    Odarley schüttelte den Kopf.
    Dina entschuldigte sich und ging zurück ins Büro.
    Odarley ergriff Fofos Hand und flüsterte ihr ins Ohr. «Es ist etwas passiert. Onko ist tot.»
    Fofo machte große Augen.
    «Der liebe Gott hat ihn doch noch bestraft!» flüsterte Odarley weiter.
    «Weil er gestorben ist?»
    «Nein, wie er gestorben ist», fuhr Odarley fort. «Er hat sich umgebracht. Selbstmord. Er hat sich an einem Baum aufgehängt.»
    Er hatte es nicht weit von seiner Werkstatt entfernt getan. Er trug hellblaue Shorts, die Farbe des Himmels. «Wollte er Gott damit noch in letzter Minute versöhnen?» hatte jemand gefragt.
    Er hatte keinen Abschiedsbrief hinterlassen.
    Die Polizei war gekommen und hatte die Leiche untersucht, anschließend seine Werkstatt. Danach informierten sie Naa Yomo als ältestes Mitglied der Familie.
    Onkos Angestellter wußte mehr, als er der Polizei sagen wollte. Er war unsicher, was sie damit anfangen würde. Aber er konnte es sich nicht leisten, die Information vor Naa Yomo geheimzuhalten. Schließlich konnte es passieren, daß demnächst doch einige Rituale für Onkos Geist abgehalten werden mußten, damit dieser zur Ruhe kam. Es heißt, daß der Geist der Selbstmörder immer ruhe- und ziellos umherwandert. Es heißt, daß der liebe Gott diesen Geistern kategorisch den Zutritt in sein Königreich verweigert. Und wenn sie sich dann auf den Weg nach unten machen, dann, so heißt es, nimmt der Teufel sie auch nicht mehr, denn wenn sie bereits da oben abgelehnt worden waren, kann er sie auch nicht mehr gebrauchen. Man verlange hohe Bestechungsgelder von ihnen, so heißt es auch oft. Und da viele dieser Toten ohne jedes Beiwerk begraben werden, können deren Geister diese Gelder gar nicht auftreiben. Deshalb finden sie nirgendwo Zutritt und deshalb bleibt ihnen nichts anderes übrig, als herumzuschweben und die Lebenden zu beunruhigen und zu stören.
    «Unsere Geschäfte gingen nach der Geschichte mit Baby T drastisch zurück!» erklärte der Angestellte Naa Yomo.
    Naa Yomo zeigte keinerlei Mitleid mit Onko, nicht einmal mit dessen Geist. «Das hat er auch verdient!» schimpfte sie. «Es gibt jede Menge Schweißer hier in der Gegend, die genauso gut sind. Warum soll man jemanden unterstützen, der so viel Unheil angerichtet hat? Er hätte sein Unglück auf diese Weise nur weiter verbreitet. Ich hoffe, er hatte genug Verstand und hat vor dem letzten Atemzug um Vergebung gebetet.»
    «Das hoffe ich auch», murmelte der Angestellte. «Den lieben Gott hätte er gebraucht, nicht den Medizinmann.»
    «Er hat einen Medizinmann konsultiert und gefragt, ob er sich aufhängen soll oder nicht?» Naa Yomo spuckte die Worte förmlich aus.
    «Aber nein, Naa Yomo. Nein! Er hat beim Medizinmann Rat gesucht, wie er sein Geschäft wieder zum Laufen bringen könnte.»
    «Dann war er ja noch dümmer, als ich gedacht habe. Er hätte sich beim Medizinmann Rat holen sollen, wie er die Götter besänftigen könnte. Dann hätten sich die Dinge von alleine wieder zum Guten gewendet.»
    Naa Yomo stimmte mit Onkos Mitarbeiter darin überein, daß das Informationen waren, mit der die Polizei nichts anfangen konnte. Hätten sie ermitteln sollen, ob der Medizinmann ihm den Selbstmord verschrieben hatte?
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