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Glaub an die Macht der Liebe

Glaub an die Macht der Liebe

Titel: Glaub an die Macht der Liebe
Autoren: Sherryl Woods
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1. KAPITEL
    Nach einer endlos langen Vernissage an einem Freitagabend fragte Kathleen Dugan sich, ob sie nicht doch lieber Lehrerin werden sollte. Vielleicht war es befriedigender, Fünfjährigen das Malen mit Fingerfarben beizubringen, als irgendwelchen Leuten, die im Grunde langweiligen Durchschnitt bevorzugten, einen talentierten jungen Künstler vorzustellen.
    Außerdem hatte es natürlich nicht geholfen, dass Boris Ostronovich kaum die Sprache beherrschte und sich als launischer Künstler gab. Er hatte zwei Stunden finster vor sich hinbrütend in einer Ecke gehockt, ein Glas Wodka in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand. Die Zigarette hatte er lediglich nicht angezündet, weil Kathleen gedroht hatte, die Veranstaltung sofort abzubrechen, sollte er das tun.
    Der Abend war jedenfalls eine reine Katastrophe gewesen, doch daran gab Kathleen sich ganz allein die Schuld. Sie hatte nicht berücksichtigt, wie wichtig es war, dass sich der Künstler unter die Leute mischte und mit ihnen redete. Stattdessen hatte sie sich darauf verlassen, dass Boris’ Arbeiten sich von selbst verkaufen würden. Leider hatte sie festgestellt, dass die Leute ihre Portemonnaies stecken ließen, wenn sie nicht wenigstens einige Worte mit dem Künstler wechseln konnten.
    In wenigen Minuten würden die noch übrig gebliebenen Gäste fort sein, dann wollte sie sich zu Boris gesellen und sich ihrer wohlverdienten Trübsal hingeben. Vielleicht genehmigte sie sich auch ein oder zwei Gläser Wodka pur – vorausgesetzt, es war noch genug da.
    “Ist es nicht gut gelaufen, meine Liebe?”
    Kathleen drehte sich um. Vor ihr stand Destiny Carlton, die sie voller Mitgefühl betrachtete. Destiny war nicht nur selbst Künstlerin, sie gehörte auch zu den regelmäßigen Besuchern von Kathleens Galerie in Alexandria. In letzter Zeit hatte Kathleen mehrmals versucht, Destiny einige ihrer Werke abzukaufen, allerdings vergeblich.
    Im Moment sah Destiny sich als Förderin von Kunst und nicht als Malerin. Angeblich malte sie nur unbedeutende Sachen, wenn sie gelegentlich zum Pinsel griff. Ihrer Aussage nach hatte sie nichts Sehenswertes mehr geschaffen, seit sie vor über zwanzig Jahren ihr Atelier in Südfrankreich aufgegeben hatte.
    Kathleen war über die Absage zwar enttäuscht, betrachtete Destiny aber trotzdem als gute Freundin, die zu jeder Ausstellung erschien, selbst wenn sie nichts kaufte. Ihr Kunstverständnis und ihre Verbindungen hatten außerdem schon oft geholfen, was die Galerie betraf.
    “Es war grauenhaft”, gab Kathleen zu, was sie sonst niemandem eingestanden hätte.
    “Lassen Sie sich nicht entmutigen, das passiert eben gelegentlich. Nicht jeder erkennt ein Genie auf den ersten Blick.”
    Diese Bemerkung richtete Kathleen wieder ein wenig auf. “Dann finde also nicht nur ich Boris’ Arbeiten großartig?”
    “Nein, sicher nicht”, beteuerte Destiny voller Überzeugung. “Sie entsprechen eben nicht jedermanns Geschmack. Bestimmt wird er Bewunderer finden. Bevor der Kunstkritiker der Zeitung vorhin ging, habe ich mit ihm gesprochen. Ich denke, er wird einen ziemlich positiven Artikel schreiben. Warten Sie’s ab, in spätestens einer Woche werden Sie sich der Nachfrage nicht mehr erwehren können. Sobald Sammler eine Neuentdeckung wittern, wollen sie auf den fahrenden Zug aufspringen. Das gilt auch für diejenigen, die heute Abend nichts gekauft haben.”
    “Vielen Dank, dass Sie mir Mut machen”, sagte Kathleen mit einem Seufzer. “Ich dachte schon, ich hätte mich völlig verkalkuliert. Der heutige Abend war der Albtraum eines jeden Galeristen.”
    “Das war nur ein vorübergehender Tiefpunkt”, versicherte Destiny und warf einen Blick auf Boris. “Und wie nimmt er es auf?”
    “Schwer zu sagen, da er den ganzen Abend über kaum zwei Worte gesprochen hat”, entgegnete Kathleen. “Entweder hat er Heimweh, oder er kam schon übel gelaunt hier an. Ich tippe auf die zweite Möglichkeit. Erst heute habe ich erkannt, wie wichtig es ist, dass ein Künstler zumindest einen Funken von Charme versprüht.”
    “Letztlich wird es keine Rolle spielen”, tröstete Destiny zuversichtlich. “Sobald die Kritiker unseren Boris hier zum Kunstgenie erklären, werden sich alle Ihre heutigen Gäste vor ihren Freunden damit brüsten, dass sie den exzentrischen Künstler persönlich kennengelernt haben.”
    Kathleen umarmte Destiny dankbar. “Ich bin sehr froh, dass Sie mir Mut machen.”
    “Offen gestanden habe ich so lange
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