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Die Geschichte vom neidischen Dorle

Titel: Die Geschichte vom neidischen Dorle
Autoren: Hans Günter Krack
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Fräulein Fröhlich lachte aufmunternd, als wollte sie sagen: Na, haben wir es endlich geschafft?
    „Du brauchst doch nicht zu weinen, Dorle“, sagte jetzt auch Heino „Steh auf — und komm mit zu uns!“
    „Du darfst bloß nicht mehr ...",  begann Traude und zog die Freundin hoch.
    Dorle ließ sie gar nicht ausreden. Sie schrie ganz laut: „Nein! Nein! Ich will nicht mehr neidisch sein! Ganz bestimmt nicht mehr. Glaubt mir’s bitte! Ich will wieder mit euch spielen. Laßt mich nicht mehr allein. Das ist schlimmer als alles andere!“
    Da brüllten die Kinder los vor lauter Begeisterung. Ja, sie hoben Dorle sogar hoch und wippten sie ein paarmal in die Luft, daß ihr Hören und Sehen verging.
    Als sie glücklich wieder auf dem Erdboden stand, legte die Lehrerin ihren Arm um Dorles Schultern, zog sie ganz fest an sich und flüsterte: „Alles in Ordnung?“ Dorle nickte heftig. Ihr Gesicht war so rot, als hätte sie einen Sonnenbrand.
    Ehe Dorle es sich versah, stand sie schon in dem Kreis und warf Margas neuen Ball Traude zu. Ach, sie war ja so glücklich! Es störte sie auch nicht, daß Walter mit einem bitterbösen Gesicht vorbeilief. Er vergaß vor Staunen, an seinem Eis zu lecken.
    Nein, es war wirklich nicht schlimm, daß sie dieses und jenes nicht hatte. Viel schrecklicher war das Alleinsein in der letzten Zeit gewesen.
    Und jetzt? Alle lachten ihr zu und schienen genauso zufrieden zu sein wie sie selbst. Das war der lustigste und schönste Nachmittag, den Dorle seit langen, langen Wochen verlebte.
    Auf dem Heimweg ging Dorle inmitten der anderen Kinder, Gemeinsam kletterten sie in die Straßenbahn. Sie sangen und lachten, daß die Fahrgäste schmunzelnd auf die fröhliche Schar blickten. Als Dorle aussteigen mußte, folgten ihr viele Kinder und brachten sie bis in ihre Straße.
    Aus dem Wohnzimmerfenster sah Dorles Mutter. Sie wunderte sich so, daß sie vor Staunen den Mund gar nicht zubrachte. Fräulein Fröhlich hob die Hand und winkte Frau Klöhner lustig zu. Dorles Mutti winkte zurück, wobei sie beinahe einen Blumentopf vom Fenstersims geworfen hätte.
    „Jetzt ist alles wieder gut“, verkündete Heino, als er Dorle zum Abschied die Hand gab. Dorle war selig. Und dabei stand Traude in ihrem Herzchenkleid genau vor ihr. Doch das konnte sie gar nicht mehr aufregen. Es kümmerte sie nicht einmal, daß Peter auf seinem gummibereiften Roller herangebraust kam und wie wild „Neidhammel“ schrie.
    Doch dann war er plötzlich still, weil sich Monika zu ihm niederbeugte und ihm erzählte, daß Dorle kein Neidhammel mehr sei. „Sie hat gemerkt, daß es viel schlimmer ist, wenn man allein sein muß und keiner etwas von einem wissen will“, erklärte sie. Peter nickte ernsthaft, und bohrte mit dem Zeigefinger in der Nase. Dann drängelte er sich zwischen den Kindern hindurch, bis er vor Dorle stand. „Willst du mal fahren?“ fragte er und schob ihr den Roller hin. Und da fiel Dorle etwas ein.
    Zögernd brachte sie hervor: „Ich muß euch noch etwas sagen . . .“ Und nun gestand sie ein, daß sie damals Peters Lampenscheibe bezahlen wollte. Sie hätte das Geld dann aber vernascht. Dorle schilderte, wie sehr sie die Bauchschmerzen geplagt hatten. Da mußten alle lachen, daß sich die Leute auf der Straße verwundert umdrehten.
    „Na, und jetzt fahr los!“ rief Traude, der vor Lachen schon  die Tränen über die Wangen purzelten. Dorle ließ sich nicht noch einmal auffordern.
    So schnell sie nur konnte, fuhr sie auf dem Gummibereiften bis zur Ecke, wendete und kehrte zu den Kindern zurück. Sie dankte Peter, und dann hakte sie sich bei Traude unter.
    Arm in Arm gingen die beiden Freundinnen quer über die Straße und verschwanden hinter der Haustür.
    - Ende -
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