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Die Geschichte vom neidischen Dorle

Titel: Die Geschichte vom neidischen Dorle
Autoren: Hans Günter Krack
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nicht schwimmen konnten. Denen wollte sie es aber zeigen. Vielleicht kamen dann alle angerannt und sagten: Du kannst aber prima schwimmen. Zeig es uns auch.
    Ja, was sollte sie dann machen? Sollte sie es ihnen zeigen? Ob sie sie dafür auch wieder zum Mitspielen aufforderten? Das wäre ja eine herrliche Gelegenheit.
    „Bleib nur nicht so lange im Wasser. Es wird noch recht kalt sein“, mahnte die Mutter. Dorle zog sich wieder an. Den Badeanzug ließ sie gleich unter dem Kleid. Richtig aufgeregt war sie. Als es an der Tür klingelte, sprang Dorle hastig auf und öffnete. Aber es war nur Frau Neumann, Traudes Mutter. Sie brachte das ausgeliehene Mehl zurück. Dorle hätte gern gefragt, ob Traude schon lange im Bad sei, aber sie wagte es nicht.
    Ungeduldig lief Dorle im Zimmer auf und ab, trat ans Fenster und sah auf die Straße. Da kam Walter. Er hatte seine neue Aktenmappe unter den Arm geklemmt. Darin war sicher sein Badezeug. Eine schöne Mappe.
    Dorle öffnete Walter die Tür. Ihre Mutti gab ihr eine Mark mit. Für die Straßenbahn, für den Eintritt und für Eis.
    „Nun geht schon, ihr tüchtigen Schwimmer“, sagte die Mutter. „Walter kann ja gar nicht schwimmen, Mutti“, erklärte Dorle. „Aber ich werde es ihm zeigen!“
    Sie fuhren ein Stück mit der Straßenbahn. Viele Kinder standen in dem Wagen. Alle wollten zum Freibad. Sie hatten zusammengerollte Decken, Bademäntel, Gummitiere und Sandeimer mit. Gisela saß mit ihrer kleinen Schwester gleich neben der Tür. Sie beachtete Dorle überhaupt nicht. 

    Das stimmte Dorle wieder traurig. Aber dann fiel ihr ein, daß sich ältere Mädchen immer so großtun. Die Traurigkeit verflog.
    Das Schwimmbad lag in einem großen Park. In langgestreckten Hallen waren die Garderoben untergebracht. Ein großer roter Sprungturm überragte die breitästigen Bäume. An der hohen Fahnenstange flatterte die Fahne der Republik. Zehn Meter war der Sprungturm hoch. Unter dem Zehnmeterbrett befand sich eine große Uhr, die halb fünf anzeigte.
    Es gab zwei Schwimmbecken. Eins für Kinder und Nichtschwimmer, das andere für Schwimmer. Das Becken für Schwimmer war fünfzig Meter lang und fünfundzwanzig Meter breit. Dort, wo der Sprungturm stand, war es sehr tief. Eben sauste ein braungebrannter Junge vom Fünfmeterbrett kopfüber in das glitzernde Wasser. Hoch spritzte es auf! Ein paar Jungen, die am Rande des Bassins standen, klatschten laut Beifall.
    Hinter dem Sprungturm waren die Duschräume.
    Männer, Frauen und Kinder gingen dort ein und aus. Trocken gingen sie hinein, und naß kamen sie heraus. An einer kleinen Tafel neben dem Sprungturm war die Wassertemperatur angeschrieben: 18 Grad. „Das geht ja“, sagte Dorle wichtigtuerisch zu Walter. Bei sich meinte sie aber, es könnte ruhig etwas wärmer sein.
    Sie liefen am Rande des großen Beckens entlang. Das Becken war von einer breiten, mit Wasser gefüllten Rinne umgeben. Darin konnte man sich die Füße säubern, bevor man ins Wasser sprang. In das Becken führten schmale Treppen mit geschwungenen Geländern. Links und rechts des Bassins grünten Rasenstreifen, auf denen Bänke standen. Auf ihnen saßen viele Menschen. Manche hatten die Arme hinter die Lehne gelegt und ließen sich von der Sonne braun brennen. Andere trugen Sonnenbrillen, und wieder andere hatten ein Ahornblatt auf der Nase. Sie wollten nicht, daß sich ihr Gesichtserker schälte.
    Hinter diesen Rasenstreifen zog sich ein sandbestreuter Weg hin. Auf ihm gelangte man zur großen Spielwiese. Einzelne Baumgruppen standen auf ihr. Eichen und breitblättrige Ahorne. Sie spendeten all den Menschen Schatten, die genug von der Sonne hatten und keinen Sonnenstich bekommen wollten.
    Am Ende der Spielwiese lag das zweite Wasserbecken. Das war rund. Ringsherum breitete sich ein richtiger Sandstrand aus. Es war das Becken für die Kinder; denn es ging ganz sanft tiefer. Man verlor auch in der Mitte nicht den Grund, wenn man so groß war wie Dorle und Walter.
    Im Sande rund um das Becken spielten viele Kinder. Mütter saßen da. Hier und dort stand ein Kinderwagen, kleine Nackedeis plantschten kreischend am Rande des Beckens.

Die Wasserschlacht
    Im Wasser tummelte sich mit viel Geschrei eine wilde Kinderschar. Das waren Mädel und Jungen aus der Klasse 2 a. Mitten unter ihnen sah Dorle ihre Lehrerin. Sie wurde von allen Seiten bespritzt und lachte dabei, daß ihre weißen Zähne blitzten. Sie hatte eine grüne Badekappe auf dem Kopf und einen grünen Badeanzug an.
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