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Die Geschichte vom neidischen Dorle

Titel: Die Geschichte vom neidischen Dorle
Autoren: Hans Günter Krack
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war es gewesen, wenn sie Verstecken spielten oder ihre Kreisel um die Wette über die Straße trieben.
    Wenn sie sich aber anmerken ließ, daß sie gerne zu den Kindern aus der Schule wollte, meinte Walter: „Was hast du denn von denen? Die ärgern dich ja doch nur! Aber wenn du keine Lust mehr hast, mit mir zu spielen, mußt du eben gehen.“ Wenn er so redete, sah er sie aus seinen schmalen, grauen Augen ganz drohend an.
    Walter bemühte sich, recht viel Schlechtes über die Kinder aus seiner Klasse zu erzählen. Uber Heino und über Monika, über Rudi und sogar über Traude Neumann. Aber das gefiel Dorle gar nicht.
    Ab und zu erfand sie eine Ausrede und lief zum Spielplatz. Dort setzte sie sich mit mürrischem Gesicht auf eine Bank oder auf die Einfassung eines Sandkastens. Immer hoffte sie, die Kinder wären anderen Sinnes geworden. Doch es fand sich niemand, der sie zum Mitspielen eingeladen hätte. Und das schmerzte Dorle immer mehr!
    Der Kran war ohne ihre Hilfe fertig geworden. Es war ein prachtvoller Kran. Fast so hoch, wie Brigitte Magerle groß war. Alle Kinder waren stolz auf ihr Werk und freuten sich, denn ihr Kran sollte auf einer Ausstellung gezeigt werden. Nur Dorle konnte sich nicht freuen. Sie fühlte sich allein. Auch im Hort ließ man sie links liegen. Und sogar beim Pioniernachmittag. Helga und Fräulein Fröhlich aber hatten getan, als merkten sie nichts davon.
    Wenn das Wetter schön war und die Kinder auf dem Schulhof mit dem Ball spielten, wurde er Dorle nur selten 

    zugeworfen. Beim Haschen schlug niemand Dorle ab, und sie wurde auch nicht aufgefordert, am Rollerrennen teilzunehmen. Das große Rennen wurde zur Eröffnung der Rollerbahn veranstaltet. Viele Lehrerinnen und Lehrer aus der 12. Oberschule waren gekommen. Am Anfang der Rollerbahn war ein Transparent angebracht. „Start“ stand in blauen Buchstaben darauf. Am Ende der Bahn war ebenso ein Transparent mit der Aufschrift „Ziel“ aufgespannt.
    Auf einem Tisch am Start waren die Siegerpreise aufgebaut. Zwei Roller mit dicken Gummireifen, Fußbälle, Bücher und Drehbleistifte. Um einen anderen Tisch, an dem man sich in die Startliste eintragen lassen konnte, drängten sich die Kinder Kopf an Kopf. Ein tolles Gewimmel herrschte auf dem Spielplatz. Viele Zuschauer warteten an den Rändern der Bahn auf das erste Rennen.
    Dorle wollte auch mitfahren, aber sie wagte sich nicht recht an den Tisch heran. Richtig Angst hatte sie vor den Kindern aus ihrer Klasse. Immer wurde sie verdrängt, geschubst und  Die Kinder wurden nach ihrem Alter eingeteilt und bekamen Startnummern, die sie sich auf dem Rücken befestigen mußten. Diese Arbeiten wurden von mehreren Pionierleitern und Pionierleiterinnen erledigt. Auch Dorles Gruppenleiterin Helga gehörte dazu. Ein Pionierorchester spielte flotte Weisen.
    Als Dorle endlich vor dem Mann stand, der die Eintragungen in die Startliste vornahm, kam Helmut und schob sie grob zur Seite. „Mach dich weg“, sagte er. „Hau ab, du Neidhammel!“
    Der Mann am Tisch sah einen Augenblick auf. Doch als Dorle hoffte, er würde ihr zu Hilfe kommen, beugte er sich schon wieder über seine Listen.
    Dorle drehte sich langsam um und ging zu ihrem Roller, den sie an einen Baum gelehnt hatte. Nur mit großer Mühe konnte sie die Tränen zurückhalten. Ach, wie sehr hatte sie sich auf das Rollerrennen gefreut! Voll Verzweiflung fuhr sie durch viele, viele Straßen und ging schließlich zu Walter.

Wird es besser?
    Zum Pfingstfest hatten viele Kinder neue Kleider, Röcke und Blusen bekommen. Dorle trug neue schwarze Lackschuhe. Schmuck sahen diese Schuhe mit den breiten Sohlen aus. Doch die anderen bewunderten ihre Schuhe nicht einmal. Das hatten sie sich wohl ausgemacht, um sie zu ärgern. Nur Traude meinte ganz nebenbei: „Oh, du hast neue Schuhe!“
    „Ja“, entgegnete Dorle stolz. „So schöne hast du nicht.“ „Nein“, gab Traude schnippisch zurück. „Aber ich bin trotzdem nicht neidisch.“ Diese Antwort ärgerte Dorle sehr.
    Ihre Miene war nicht freundlich. Der Neid auf die Sachen anderer Kinder bohrte heftig in ihr. Immer wieder erinnerte sie sich an die Ermahnungen der Mutter und an die Worte der Lehrerin. Aber was half das Erinnern? So schnell ließ sich der

    Neid nicht totschlagen. Er war keine Stubenfliege, die man mit der Klatsche erjagen konnte.
    Die Mutter fragte Dorle ab und zu verwundert, wo denn ihre Freundinnen und Freunde blieben. Dorle mochte den wahren Grund freilich nicht sagen. Sie
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