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Die Geschichte vom neidischen Dorle

Titel: Die Geschichte vom neidischen Dorle
Autoren: Hans Günter Krack
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konnte ja nicht wissen, daß Mutti alles schon von Fräulein Fröhlich erfahren hatte.
    Mit dem boshaften Walter zu spielen machte Dorle immer weniger Freude. Und gerade weil die Klassenkameradinnen sie mieden, tat es Dorle besonders weh, wenn sie sah, wie die anderen vergnügt auf der Straße herumtobten.
    Die Sonne schien immer wärmer. Die Bäume hatten schon geblüht. Die Wiesen waren frischgrün und lockten zum Ausruhen. Blumen blühten überall. Auch die Grünanlage vor der 12. Oberschule strahlte in wahrer Pracht. Die jungen Bäume zeigten viele kleine Blätter an ihren dünnen Ästen. Die Pioniere aus den oberen Klassen paßten mehr denn je auf, daß niemand über den Rasen lief oder zwischen die neu angepflanzten Sträucher.
    Schön war die warme Jahreszeit für alle. Bald konnte man baden gehen. Wie sich die Kinder darauf freuten! Die Badeanstalt am Rande der Stadt war schon geöffnet.

Traurigkeit
    Dorle wurde von Tag zu Tag betrübter. Sie war traurig, weil sie nicht mit den anderen Kindern spielen konnte.

    Aber — sie konnte doch! Wer war es denn, der sie zurückhielt? Sie selbst aber brachte es nicht mehr fertig, einfach hinzugehen und mitzumachen bei einem Spiel. Sie wußte zu gut, daß die Kinder sie nicht haben wollten!
    Schlimm war das, sehr schlimm! Wie sollte sie den Kindern erklären, daß ihr jetzt das Alleinsein viel ärger vorkam als die Unruhe, wenn sie etwas nicht besaß? Was kümmerte sie Traudes neues Kleid? Was Margas Ball? Was Rudis Baukasten? Das alles war nicht mehr wichtig. Oder vielmehr: Es wäre nicht so wichtig gewesen, wenn man sie zum Mitspielen eingeladen hätte. Ob sie noch mal mit Fräulein Fröhlich sprach? Ob sie ihr sagte, daß sie ganz bestimmt nicht mehr neidisch sein wollte? Und wenn sie wirklich einmal auf etwas neidisch war, dann brauchte sie sich’s ja nicht anmerken zu lassen. Wen sah sie denn noch böse an? Ein bißchen noch, o ja, ein wenig noch schlich der Neid manchmal in ihr hoch. Besonders, wenn Walter über die neuen Sachen anderer redete und spöttisch daran herummäkelte. Aber dann fiel ihr immer wieder ein, wie schlimm es war, von allen gemieden zu werden. Sie konnte Walter schon gar nicht mehr leiden! Verdarb sie es mit ihm, dann hatte sie niemanden mehr, zu dem sie gehen konnte.
    Allein war sie! Schrecklich allein! Wenn sie abends im Bett lag, mußte sie manchmal weinen. Sie tat sich selbst leid.

Ins Schwimmbad
    In der Schule machten sich die Kinder der Klasse 2 a aus, daß sie sich am Nachmittag im Schwimmbad treffen wollten. Sie erzählten es Fräulein Fröhlich, und die Lehrerin sagte, sie käme auch hin. Dorle aber wartete vergebens auf eine Einladung. „Wir gehen allein ins Bad“, flüsterte Walter ihr zu. „Kommst du mit, Dorle?“
    Sie überlegte eine Weile. „Wird das Wasser nicht noch zu kalt sein?“ fragte sie zögernd. Traude schaute zu ihr hinüber. Sie stand mit Heino und Monika zusammen.
    „Na, wennschon“, entgegnete Walter sorglos. „Du brauchst ja nicht reinzugehen. Die Sonne brennt jedenfalls ganz fürchterlich.“
    „Gut — ich komme mit. Aber bloß mit dir. Die anderen — die können mir gestohlen bleiben.“ Doch das sagte Dorle nur, damit Walter nichts von ihrer Niedergeschlagenheit merken sollte.
    „Ich komme dich abholen“, sagte Walter, als sie den Schülerhort verließen.
    „Ach ja!“ Das war Dorle sehr lieb. So konnte doch ihre Mutti sehen, daß sie nicht allein war. In Wirklichkeit war es ja ein schwacher Trost. Wenn es Walter einfiel, konnte er ihr einfach den Rücken kehren.
    Zu Hause kramte Dorle die Badesachen aus dem Schrank und erzählte der Mutter, daß Walter sie abholen wollte.
    Kritisch musterte Dorle ihren Badeanzug. Die Mutter hatte ihn ihr im vorigen Jahr gekauft. Hoffentlich war er nicht zu klein geworden?
    „Ich probiere ihn einmal an!“ rief Dorle eifrig und streifte schon die Bluse über den Kopf. Dann ließ sie den Rock auf den Fußboden fallen und zog schnell den Schlüpfer und das Hemdchen aus.
    Ja, der rote Badeanzug mit den kleinen Fischchen darauf saß wie angegossen. Nichts dagegen zu sagen! Sie bewunderte sich im Spiegel, reckte und streckte sich, daß sie fast eine Blumenvase umstieß. Vergnügt machte sie einige Schwimmbewegungen. Im vergangenen Jahr hatte sie Schwimmen gelernt. Nicht etwa bei einem Schwimmeister, sondern fast allein. Die Bewegungen hatte sich Dorle von älteren Kindern abgeguckt. Sie war sehr stolz auf ihre Kunst. In ihrer Klasse gab es viele Kinder, die noch
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