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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot
Autoren: Oliver Buslau
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1. Kapitel
    Ich rannte die Treppe hinauf und fingerte nervös nach dem Wohnungsschlüssel. Mein Herz raste. Endlich bekam ich den Schlüssel ins Schloss, öffnete und wäre auf dem Weg ins Wohnzimmer beinahe über einen der Bierkästen gefallen, die im Flur herumstanden.
    Ich schob Zeitschriftenstapel und leere Chipstüten zur Seite. Verdammt, wo war das Ding? Auf dem Fernseher lag nur Staub, sonst nichts. Ich schaute hinter das Gerät, aber da waren nur zusammengeknäulte Kabel. Schließlich hob ich die Kissen vom Sofa, und da war sie. Die Fernbedienung steckte im Polster neben der Armlehne.
    Ich schaltete Pro7 ein. Auf dem Bildschirm war ein blondes Mädchen zu sehen, das sich mit einem schwarzen Kater unterhielt. Ich atmete tief durch. Ich hatte noch Zeit, es mir ein bisschen gemütlich zu machen.
    Ich befreite eine Tiefkühlpizza von Pappe und Plastik, legte die Eisscheibe auf einen Teller und ließ sie in der Mikrowelle kreisen. In der Zwischenzeit setzte ich mich vor die Glotze.
    Als es in der Küche »Pling« machte, ging ich die paar Schritte hinüber, nahm den Teller mit der dampfenden Pizza heraus und holte noch ein Bier aus dem Kühlschrank. Ich stellte die Flasche neben den Teller, ließ mich im Sofa nieder und schnitt ein Stück der heißen Pizza ab. Auf dem Bildschirm erschien der wohl bekannte blaue Himmel mit den weißen Wolken.
    Genau in dem Moment, da sich die Hauptfiguren als Höhepunkt des Vorspanns auf der Couch versammelten, klingelte nebenan das Telefon.
    Ich hörte an dem elektronischen Gedudel vorbei, aß noch ein Stück Pizza und spülte mit Bier nach. Der AB war an. Sollte der Störer, dem kein Feierabend heilig war, doch hinterlassen, was er los werden wollte.
    In Springfield streifte Homer mit seinem Sohn Bart durch die Nacht und wühlte in Mülltonnen. Leider mischte sich in das Vater-Sohn-Gespräch eine vertraute Stimme, und das in einer Lautstärke, dass die Mauern wackelten.
    »Remi, ich weiß, dass du da bist! Jetzt geh schon ran!«, brüllte es nebenan.
    Verdammt, das Ding war laut gestellt. Weghören unmöglich.
    Ich fluchte, hievte mich hoch, öffnete die Durchgangstür zum Büro und stoppte Juttas Störung.
    »Da bin ich ja schon. Kann man nicht mal abends seine Ruhe haben?«
    »Hallo, Remi - wieso abends? Es ist gerade mal sieben.«
    »Und du weißt ganz genau, dass ich um diese Zeit ganz gern mal fernsehe. Das heißt, wenn ich dazu komme.«
    »Du kommst doch eigentlich jeden Tag dazu, wie ich deine Auftragslage kenne …«
    »Danke, aber meine Auftragslage ist im Moment ausnahmsweise sehr gut«, fuhr ich dazwischen, wobei ich natürlich ein bisschen übertrieb. Ein Job war gerade zu Ende gegangen, und ein neuer war nicht in Sicht.
    »Soll das heißen, du hast richtig viel zu tun?«, fragte Jutta. »Das wäre ja mal was ganz Neues.«
    »Sieh es, wie du willst.« Ich ging mit dem Mobilteil am Ohr zurück ins Wohnzimmer und setzte mich wieder aufs Sofa. Homer war jetzt in Moe’s Bar und saß mit seinen Kumpels beim Bier.
    »Was ist das denn für ein Getöse im Hintergrund?«, fragte Jutta. »Das hört sich ja an, als wärst du in den Hauptbahnhof gezogen.«
    Ich drückte den Ton weg. »Ich gucke die Simpsons, wenn’s recht ist. Außerdem esse ich was. Wunder dich also nicht über Schmatzgeräusche.«
    »Stopfst du etwa wieder diese fiese Auftaupizza in dich hinein?«
    »Erraten.«
    »In der Mikrowelle statt im Backofen heiß gemacht? Dass sie so richtig labberig ist? Igitt.«
    »So mag ich sie nun mal am liebsten«, sagte ich ungerührt. »Außerdem hast du mir die Mikrowelle selbst zum Geburtstag geschenkt.«
    Ich klemmte den Hörer zwischen Kopf und Schulter und säbelte ein weiteres Stück ab. Homers Alkoholiker-Freund Barney torkelte in Frauenklamotten herum. Ohne Ton. Ich verpasste alles.
    »Zeichentrickfilme sind für Kinder«, behauptete Jutta völlig realitätsfern. »Du solltest dich mit was Ernsthafterem beschäftigen.«
    »Ich wette, du sagst mir jetzt gleich, was du mit ›was Ernsthafterem‹ meinst.«
    »Allerdings. Ich habe wahrscheinlich einen Auftrag für dich.«
    Ich kaute gemütlich und beobachtete, wie Barney plötzlich wieder in Hemd und Hose in einem Hubschrauber saß, an den Hebeln herumhantierte und das Ding fast zum Absturz brachte.
    »Keine Lust. Ein schwieriger Fall liegt hinter mir. Jetzt nehme ich mir ein paar Tage frei.«
    »Ach nee! Und was machst du, wenn die paar Tage rum sind? Wieder mal hier raufkommen und versuchen, mich anzupumpen?«
    »Kaum.
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