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Die Geschichte vom neidischen Dorle

Titel: Die Geschichte vom neidischen Dorle
Autoren: Hans Günter Krack
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Nun sollte unter Heinos Leitung der große Kran gebaut werden. Heino lief mit einer Zeichnung herum wie ein Ingenieur. Fehlte nur noch, daß er sich einen weißen Kittel anzog. Viele Jungen hatten ihre Metallbaukästen mitgebracht, wie es besprochen war. Den schönsten und größten besaß Rudi. Er hatte ihn kürzlich zum Geburtstag geschenkt gekommen. Die Jungen sollten das Gerüst des Krans errichten, und die Mädchen durften einige Einzelteile zusammensetzen.
    Dorle hockte auf der Einfassung des Sandkastens. Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel. Die Rollerbahn war bald fertig. Zur Eröffnung sollte ein großes Rollerrennen stattfinden. Dorle freute sich schon darauf.
    Auf den zahlreichen Bänken saßen Frauen. Manche strickten. Andere hielten ihre Babys im Arm und hatten Kinderwagen vor sich stehen.
    Ärgerlich nagte Dorle an der Unterlippe. Warum gaben sie ihr keine Arbeit?
    Ein schöner Metallbaukasten war das, den Rudi hatte. Eigentlich war es anständig von ihm, daß er ihn zur Ergänzung anderer Baukästen hergab. Sonst hätten die Kinder den Turmdrehkran nicht bauen können. Es gab verschiedene Arten solcher Baukästen. Einer war größer als der andere. Man konnte sich immer schönere Sachen damit bauen, wenn man sich jedes Jahr einen solchen Kasten schenken ließ.
    So einen Metallbaukasten müßte sie sich auch wünschen. Die Eltern wußten doch, daß sie gern bastelte. In ihrem Spielsachenschrank standen aber nur ein paar ärmliche Kästen aus Holz. Die waren sehr alt. Die meisten Stäbchen darin waren zerbrochen, und sie konnte nicht einmal eine ganz gewöhnliche Schaukel bauen. Sie hatte ganz vergessen, wie eindringlich ihr am Abend des „Bauchschmerzentages“ von der Mutter vor Augen gehalten worden war, welch eine häßliche Eigenschaft die Mißgunst sei. Und sie dachte auch nicht mehr daran, daß sie den Eltern versprochen hatte, nicht mehr neidisch zu sein.
    Dorle warf einen wütenden Blick auf Rudi. Der kniete neben Heino im Sand und achtete nicht auf sie. Immer hatten andere das, was sie haben wollte.
    überall saßen und knieten Kinder, über die sie sich ärgern mußte, weil ihnen etwas Neues gehörte.
    Es reizte aber Dorle trotzdem sehr, mit den blanken Metallleisten zu hantieren und die kleinen Schräubchen einzusetzen. Sie hatte geschickte Finger und wollte es denen schon beweisen. Dumme Bande! Sie einfach sitzenzulassen, als wäre sie überhaupt nicht da.

Ich will mitmachen
    Entschlossen ging Dorle geradewegs auf Heino zu, der das Kranführerhaus zusammensetzte. „Du“, sagte sie und tippte ihn auf die Schulter.
    Heino richtete sich auf und sah sie an. Er legte das halbfertige Häuschen vor sich hin und fragte: „Was willst du, Dorle?“ Alle Kinder sahen jetzt nach ihnen. Traudes Gesicht war gespannt. Dorle blickte schnell wieder weg, denn Traude trug ihr neues Kleid. Das zog sie überhaupt nicht mehr aus! Damit ging sie wohl ins Bett?
    Einige von diesen Kindern konnte sie eben nicht mehr leiden. Traude nicht mehr und Monika, Marga und Rudi, Angelika und Brita. Heino natürlich auch nicht! Aber Heino bestimmte beim Bau des Kranes. Darum fragte sie ihn: „Was soll ich tun? Ich will auch mitmachen.“
    Heino sah sie überlegend an. „Du brauchst gar nichts zu tun“, erklärte er dann laut. „Du kannst weiter neidisch sein . . .“ Er beugte sich wieder nieder. Einen roten Kopf hatte er zwar bekommen, aber sonst war er ganz ruhig.
    Vor Dorle drehte sich alles. Die grüne Wiese und die Betonmischmaschine und die Kastanienbäume am Rande des Platzes. Die wollten nicht mehr mit ihr spielen! Soviel begriff sie. Aber — warum denn nicht? Hatte sie denn richtig verstanden? „Warum soll ich denn nicht mehr mit euch spielen?“ fragte sie kläglich.
    Traude tat die frühere Freundin arg leid. Heino hätte das nicht so hart sagen dürfen. Sie hatte sich schon vorgenommen, Dorle von dem Beschluß der Kinder zu unterrichten. Auch andere meinten, das wäre richtig. Sicher würde das Dorle nicht kaltlassen.
    Doch ehe Traude etwas sagen konnte, rief Monika: „Hast es ja gehört! Weil du immer neidisch bist!“
    „Ein Neidhammel!“ sagte jemand leise.
    „Ja“, fuhr Heino fort. „Weil du neidisch bist — darum. Ich hab’

    dir’s schon einmal erklärt. Damals — als du den Peter umgefahren hast. Wenn du nicht mehr neidisch bist — dann werden wir wieder mit dir spielen. So! Jetzt weißt du’s!“ Er drückte seinen Zeigefinger an die Stupsnase und fügte hinzu: „Mußt doch
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