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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut
Autoren: Jane Feather
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werden, Rufus?« fragte sie. »Sollen sie verwaist aufwachsen wie du? Sollen sie heimatlos und ohne Familie leben? Was bleibt ihnen, wenn du dein Leben einer sinnlosen Rache opferst?«
    Sie sah seine Augen, sah, wie die Dämonen zum Leben erwachten. Ohne Scheu trat sie nahe an ihn heran und hob ihr Gesicht, so dass sie ihm in die Augen sehen und den Kampf mit seinen Dämonen aufnehmen konnte.
    »Und was soll aus diesem Kind werden, Rufus?« Sie legte ihre Rechte auf ihren Leib. »Ich bin nicht bereit, mein Kind vaterlos zur Welt zu bringen.«
    Diese schlichte Feststellung lastete schwer zwischen ihnen. Cato trat einen Schritt zurück, als ginge ihn das nichts an.
    Rufus hörte Portias Worte zwar, doch schien er sie nicht recht zu begreifen. Er sah ihre Hand auf ihrem Leib liegen und dachte daran, wie seine Mutter so dagestanden und das vaterlose Kind beschützt hatte, das sie trug. Er dachte an seine neugeborene Schwester, bläulich, wächsern, blutig.
    »Mein Kind?« Sein Ton klang seltsam hohl, als übersteige das sein Begriffsvermögen.
    Portia hörte nur den Frageton heraus. »Wessen Kind denn?« raunzte sie ihn an. Sie spürte, wie ihre Kehle eng wurde. »Oder glaubst du, ich hätte es mit dem ganzen Decatur-Lager getrieben?«
    Es folgte eine Ewigkeit der Stille. Es hatte den Anschein, als hielten alle drei den Atem an.
    Dann flüsterte Rufus schließlich: »Ich verdiene viel, aber das nicht.«
    Portia wandte sich mit einer undeutbaren Geste ab.
    »Seit wann weißt du es?« fragte Rufus und legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. Damit wollte er sie bitten und nicht drängen, sich zu ihm umzudrehen.
    »Seit der Belagerung … knapp vorher schon, glaube ich. Aber ich war meiner Sache nicht sicher, da ich mich bei diesen Dingen nicht auskenne.« Schon wandte sie sich ihm halb zu, doch ihr Ton ließ noch Anspannung erkennen.
    »Warum hast du es mir nicht gesagt, Liebes?«
    »Erst war ich nicht sicher, und als ich sicher war, warst du nicht eben geneigt, mir zuzuhören«, erwiderte sie lakonisch und fragte sich, warum sie diese Bitterkeit nicht hinunterschlucken konnte; warum nun, da alles zwischen ihnen ins Lot zu kommen schien, der ganze Schmerz der letzten zwei Wochen sie so überwältigte, dass sie zurückschlagen musste. »Du hättest mir an jenem Abend nicht zugehört, oder?«
    »Nein.« In diesem einen Wort klang die Reue seines ganzen bisherigen Lebens, seiner Besessenheit. Er wünschte sich so dringend, sie festzuhalten, ihr das Leid von der Stirn zu streichen, die Verletztheit aus ihren Augen, wünschte sich, sie um Vergebung zu bitten, doch sie hielt sich von ihm fern, und Schmerz und Wut ragten wie ein unüberwindbarer Wall um sie auf.
    »Ich ging in die Festung, weil ich sprechen wollte … weil ich musste … mit …« Innehaltend fuhr Portia sich durchs Haar und strich es aus der Stirn. Ihre Wut verrauchte, der Schutzwall zerbröckelte.
    »Olivia?«
    Sie nickte.
    Rufus fehlten die Worte, um seinen Kummer auszudrücken, doch er merkte, dass er sie nun festhalten konnte. Er zog sie wieder an sich und legte seine Hand in ihren Nacken, eine vertraute Geste, die für sie gleichbedeutend mit Frieden und Geborgenheit war. »Verzeih mir«, flüsterte er, heiser vor Reue, weil er ihr in seiner Blindheit und Rachsucht so viel Schlimmes angetan hatte. »Ehe ich dir begegnete, wusste ich nicht, was es heißt zu lieben.«
    Cato hatte reglos dagestanden und zugehört. Vieles von dem, was sich zwischen den beiden zugetragen hatte, verstand er nicht, doch die Stärke der Gefühle, die die Tochter seines Bruders mit Rufus Decatur aneinanderband, war fast greifbar. Er steckte sein Schwert ein und durchbrach die Stille mit einer ruhigen Frage. »Verstehe ich recht, dass meine Nichte Euer Kind trägt, Decatur?«
    »Es sieht ganz so aus, Granville.« Leuchtendblaue Decatur-Augen blinzelten den Marquis of Granville über Portias rotem Haar leicht spöttisch an. »Es sieht so aus, als würde uns fürderhin nicht nur vergossenes Blut verbinden.«
    »Portia ist das Kind ihres Vaters.« Mit einer Mischung aus Zynismus und Erheiterung erwiderte Cato das Lächeln Rothburys. »Und sie scheint wie ihr Vater ihr Schicksal ohne Rücksicht auf die üblichen Sitten und Gepflogenheiten selbst in die Hand genommen zu haben. Ich würde Euch gern Glück wünschen, bezweifle aber, ob Ihr auf meine Gefühlsbekundungen Wert legt …« Achselzuckend suchte er nach Worten. »Mein Vater war kein angenehmer Mensch. Er glaubte an
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