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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt
Autoren: Terry Pratchett
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Erzkanzler. Die meiste Zeit über schritt er umher und schrie die Leute an. Aber wenn er seine Gehirnzellen einmal Aufstellung beziehen ließ, so zeigten sie sofort auf den nächsten schwachen Punkt.
    »Nun … in dem sehr unwahrscheinlichen Fall, daß ein ernster Unfall passiert … Die Explosion würde nicht nur die Universität zerstören, Herr.«
    »Was müßte damit rechnen, vernichtet zu werden?«
    »Äh … alles, Herr.«
    »Du meinst, alles, was sich in der Nähe der Universität befindet?«
    »Alles in einem Radius von fünfzigtausend Meilen, Herr. Nach HEX’ Berechnungen geschähe es innerhalb eines Sekundenbruchteils. Wir hätten nicht einmal Gelegenheit, etwas davon zu bemerken.«
    »Und die Chancen dafür stehen …?«
    »Etwa eins zu fünfzig, Herr.«
    Die Zauberer entspannten sich.
    »Das ist ziemlich sicher. Bei einer solchen Wahrscheinlichkeit würde ich nicht einmal auf ein Pferd setzen«, sagte der Oberste Hirte. An der Innenseite seines Schlafzimmerfensters hatte sich eine ein Zentimeter dicke Eisschicht gebildet. So etwas sorgte dafür, daß man Risiken aus einem ganz neuen Blickwinkel sah.

ZWEI
    Squashplatz-Wissenschaft
    Ein Squashplatz kann benutzt werden, um Dinge viel schneller als ein kleiner Gummiball laufen zu lassen …
    Am 2. Dezember 1942 trat auf einem Squashplatz im Keller von Stagg Field an der Universität von Chicago eine neue Ära der Technik ins Dasein. Es war eine Technik, aus dem Krieg geboren, doch eine ihrer Folgen war es, daß die Aussicht eines Krieges so schrecklich wurde, daß Krieg im weltweiten Maßstab langsam und zögernd immer unwahrscheinlicher wurde.* [ * Oder doch weniger radioaktiv. Wir können nur das Beste hoffen. ] In Stagg Field brachte der in Rom geborene Physiker Enrico Fermi mit seinem Team von Wissenschaftlern die erste sich selbst aufrechterhaltende nukleare Kettenreaktion zustande. Daraus entstanden die Atombombe und später die friedliche Nutzung von Kernenergie. Doch es gab eine viel wesentlichere Folge: die Morgenröte der Großen Wissenschaft und ein neuer Stil technischer Veränderung.
    Niemand spielte im Keller von Stagg Field Squash, als sich der Reaktor dort befand – doch viele Leute, die auf dem Squashplatz arbeiteten, hatten dieselbe Einstellung wie Ponder Stibbons … größtenteils unersättliche Neugier, aber auch Zeiten nagenden Zweifels mit einem Anflug von Entsetzen. Neugier brachte alles in Gang, und am Ende stand das Entsetzen.
    Nach einer langen Folge von physikalischen Entdeckungen im Zusammenhang mit dem Phänomen der Radioaktivität fand Fermi 1934 heraus, daß interessante Dinge geschehen, wenn man Substanzen mit ›langsamen Neutronen‹ beschießt – mit subatomaren Teilchen, die von radioaktivem Beryllium ausgesandt und durch Paraffin geleitet wurden, um sie zu verlangsamen. Wie Fermi entdeckte, waren langsame Neutronen genau das Richtige, um andere Elemente zu überreden, ihrerseits radioaktive Teilchen auszusenden. Das sah interessant aus, also lenkte er Ströme von langsamen Neutronen auf alles, was ihm in den Sinn kam, und schließlich probierte er es mit dem damals kaum bekannten Element Uran, das seinerzeit hauptsächlich als Quelle von gelben Pigmenten diente. In einem Vorgang, der wie Alchimie wirkte, verwandelte sich das Uran in etwas anderes, wenn die langsamen Neutronen hineinprasselten – doch Fermi konnte nicht herausbekommen, was es war.
    Vier Jahre später wiederholten drei Deutsche – Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann – Fermis Experimente, und als die besseren Chemiker fanden sie heraus, was mit dem Uran passiert war. Auf rätselhafte Weise hatte es sich in Barium, Krypton und eine kleine Menge anderer Substanz verwandelt. Meitner erkannte, daß dieser Vorgang der ›Kernspaltung‹ auf bemerkenswerte Weise Energie freisetzte. Jeder wußte, daß die Chemie Stoffe in andere Arten von Stoffen umwandeln kann, doch nun wurde ein Teil der Materie des Urans in Energie umgewandelt, etwas, was noch nie jemand beobachtet hatte. Wie es sich ergab, hatte Albert Einstein aufgrund theoretischer Überlegungen gerade diese Möglichkeit mit seiner berühmten Formel vorhergesagt – einer Gleichung, die der Orang-Utan-Bibliothekar der Unsichtbaren Universität* [ * Er war das Opfer eines magischen Unglücksfalls, der ihm ziemlich gut gefiel. Aber das wissen Sie ja. ] in folgende Form bringen würde: »Ugh«.* [ * Es heißt, jede Formel halbiere die Verkaufszahlen eines populärwissenschaftlichen
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