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Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)

Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)

Titel: Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
Autoren: Peter Wagner , Walter von Lucadou
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kurz vorher einen neuen Kompass gekauft, den er nun in der Jackentasche spazieren trug. Wir gingen zuerst zu der Stelle, an der wir das »Klonk« gehört hatten – und an der vielleicht auch ein Zaun war.
    Während mein Sohn mir noch immer erklärte, dass er schwören könne, dort einen Strohmattenzaun gesehen zu haben, fluchte mein Mann laut auf. Er schüttelte den neuen Kompass.
    »Das Ding geht nicht! Die Nadel hat sich verhakt!«, sagte er.
    Mein Sohn und ich versuchten der Reihe nach das Gleiche. Wir schüttelten den Kompass, wir klopften das Gehäuse sogar gegen einen Baumstamm – immer in der Absicht, die Nadel aus ihrer Erstarrung zu lösen.
    Vergeblich.
    Mein Mann fand sich damit ab, dass der neue Kompass wohl schon kaputt war, und wir setzten unseren Spaziergang fort.
    Später am Abend, wir waren wieder zu Hause, sah ich den Kompass auf der Kommode liegen. Ich nahm ihn und wollte noch ein letztes Mal versuchen, die Blockade zu lösen. Da sah ich, dass er ordnungsgemäß funktionierte.
    Ich ging ins Wohnzimmer und fragte meinen Mann:
    »Der Kompass geht ja wieder. Wie hast du das hinbekommen?«
    »Ich habe ihn nur aus der Tasche genommen – und da ging er wieder.«
    Herr von Lucadou, wie erklären Sie sich unsere Erlebnisse? Stimmt es, dass sie mit der untergegangenen Stadt zu tun haben?
    Im Kopf des Briefes ist die Telefonnummer der Frau notiert. Ich greife dieses Mal gleich zum Telefon.
    »Guten Tag, hier spricht Walter von Lucadou von der Parapsychologischen Beratungsstelle in Freiburg. Sie haben mir wegen der versunkenen Stadt geschrieben.«
    »Ach, das ist aber nett, dass Sie sich melden. Ich war mir ja nicht ganz sicher, ob Sie unseren Fall auch ernst nehmen würden – egal, wem ich von den Erlebnissen erzähle, ich werde eigentlich immer nur belächelt.«
    »Ich bin nicht dazu da, Sie zu belächeln«, antworte ich ihr. »Es gibt auch keinen Grund dafür. Was Sie berichten, gehört in gewisser Weise zum Erzähl- und Sagengut unserer Gesellschaft.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragt sie neugierig nach.
    »Von überall dort, wo Dörfer oder ganze Städte untergegangen sein sollen, werden solche Geschichten berichtet, wie Sie sie aufgeschrieben haben. Ich weiß es hier im Schwarzwald vom Titisee: Dort hört man angeblich in stillen Nächten die Glocke der Kirche, die in der im See versunkenen Ortschaft stand.«
    »Verstehe. Das erinnert mich an den Amboss, den wir gehört haben.«
    »Nun ja, den Sie vermeintlich gehört haben.«
    »Sie glauben also auch nicht, dass wir dieses ›Klonk‹ …«
    »Ich glaube Ihnen durchaus, dass Sie dieses metallische Hämmern gehört haben«, beeile ich mich zu antworten. »Schließlich bin ich nicht dazu da, Ihnen Ihre Erlebnisse auszureden. Die Frage ist nur, was diesen Klang ausgelöst hat.«
    »Was glauben Sie? Ist das ein Spuk?«, fragt sie nun neugierig.
    »Nicht wirklich. Ein Spuk hinterlässt normalerweise Spuren in der wirklichen Welt und ist noch um einiges rätselhafter. Ich würde hier eher von einer Erscheinung sprechen.«
    »Was ist eine Erscheinung?«, fragt sie zögernd.
    »In jeder Gesellschaft gibt es überlieferte Geschichten«, beginne ich, »es gibt Erzählstrukturen, Sagen und Legenden zum Beispiel, die die Menschen im Lauf ihres Lebens hören. Haben Sie Märchen gelesen?«
    »Na sicher, die Gebrüder Grimm: Aschenputtel, Frau Holle …«
    »Genau solche Erzählungen setzen sich in unserem Unterbewusstsein fest. Sie formen unseren Zugang zur Welt. Märchen, Sagen und Legenden prägen noch heute zum Beispiel unsere Vorstellung vom Wald. Immer noch hat der Wald eine unheimliche Aura, etwas Mystisches an sich. Wenn Sie mit Ihrer Familie in den Wald gehen und wissen, dass sich unter der Erde angeblich eine untergegangene Stadt befindet, dann gehen Sie mit Erwartungen in den Wald.«
    »Deswegen bin ich auch mit meiner Familie dorthin gegangen …«
    »Weil Sie es überprüfen wollten?«, frage ich schnell dazwischen und lächele.
    »Sozusagen«, antwortet sie. Ich nicke und fahre fort: »In jedem anderen Waldstück wäre Ihnen wahrscheinlich nichts komisch vorgekommen. Über den Ruinen aber kann sich die Wirklichkeit verändern. Ich glaube, dass Sie ganz ohne Absicht diese Erlebnisse realisiert haben.«
    »Aber wie?«
    »Ich kann es nicht zu hundert Prozent erklären. Aber ich kann Ihnen meine Annahme schildern. Ich will nicht ausschließen, dass es im Wald plötzlich ganz still war – so still, dass die Vögel nicht mehr gezwitschert haben.
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