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Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)

Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)

Titel: Die Geister, die mich riefen: Deutschlands bekanntester Spukforscher erzählt (German Edition)
Autoren: Peter Wagner , Walter von Lucadou
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Methode, einem Spuk, dem rätselhaftesten paranormalen Phänomen, beizukommen, ist, die unheimlichen Ereignisse zu notieren. Erfahrungsgemäß hilft die Niederschrift, die präzise Dokumentation dabei, den Spuk zum Verschwinden zu bringen. Außerdem will ich im Fall des Mannes wissen, ob noch etwas vorgefallen ist. Vieles spricht dafür, dass zumindest der Spuk mittlerweile verschwunden ist, wenn er fleißig weiter seine Erlebnisse aufgeschrieben hat.
    Ich will schon zum Telefonhörer greifen, als mein Blick an einem dicken Kuvert hängen bleibt, auf dem mit schwungvoller Schrift die Adresse der Beratungsstelle geschrieben steht. Ich sehe auf die Uhr: gleich halb zehn. Dann betrachte ich den riesigen Stapel Briefe und sehe aus den Augenwinkeln den Anrufbeantworter blinken. Okay, denke ich und seufze: Diesen Brief öffne ich noch.
     
    Es geht um eine verschwundene Stadt bei uns in der Nähe. Der Sage nach soll im Jahre 1348 die Pest zahlreiche Bewohner hinweggerafft haben. 1398 kamen erst die Pommern, dann 1430 die Hussiten mit Mord und Totschlag. Von dem Städtchen blieben wohl nur ein paar Steine übrig, die von den umliegenden Dörfern nach und nach für ihre Bauten abgetragen wurden. Seitdem erzählt man sich, dass manche Wanderer oder Pilzsammler Opfer plötzlicher Visionen werden: So höre und sehe man das bunte Treiben auf einem mittelalterlichen Marktplatz, man höre das Läuten von Kirchenglocken, und im Winter sehe man sogar seltsame Spuren im Schnee.
    In der Zwischenzeit stellt mir meine Kollegin eine Tasse Tee auf den Tisch und begibt sich in ihr Arbeitszimmer. Abwesend sage ich: »Danke.« Ich rühre die Tasse nicht sofort an, so sehr beschäftigt mich das Schreiben. Nur ein Teil der Briefe, die ich bekomme, ist so differenziert, so gut formuliert. Diese Erzählungen sind für mich die interessantesten. Je besser der Zeuge einer unheimlichen Erscheinung das Ereignis beschreiben kann, desto besser kann ich den Fall einordnen. Ich lese weiter – in der linken Hand die Teetasse, in der rechten Hand den Brief:
     
    Mich faszinierten die Erzählungen so sehr, dass ich mit meinem Mann und meinem Sohn einen Ausflug in den besagten Wald machte – ohne den beiden aber etwas von dem angeblichen Spuk zu erzählen. Ich wollte nicht, dass sie voreingenommen auf jedes Geräusch horchten oder gar versuchten, mich in die Irre zu führen. Als wir also durch diesen Wald stromerten, sagte mein Sohn, damals circa zehn Jahre alt: »Das ist ja komisch! Hier zwitschern gar keine Vögel!«
    Auch mir war vorher schon aufgefallen, dass etwas nicht stimmte, ich kam aber nicht darauf, was es war. Etwa zwei Minuten später hörten wir alle ein ziemlich lautes metallisches Geräusch:
    »Klonk.«
    Es ließ sich am ehesten mit dem Geräusch eines Schmiedehammers auf einem Amboss vergleichen. Als dieses Geräusch ertönte, waren wir drei jeweils etwa vier Meter voneinander entfernt. Jeder trottete für sich durch das dichte Laub am Boden. Bei diesem »Klonk« schauten wir alle in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Ich kann mich noch ganz genau erinnern, dass ich dachte: Das muss da hinter dem Zaun gewesen sein!
    Nur: Da war kein Zaun.
    Und selbst als ich die Augen für einen Augenblick schloss, um einen klaren Blick zu bekommen, half es nichts: Ich öffnete die Augen und sah nichts. Nur Wald. Keinen Zaun. War ich denn verrückt geworden? Warum sagte mir mein Gefühl, dass dort vorne ein Zaun sein musste – ein Zaun aus Strohmatten? (Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Hoffentlich können Sie sich trotzdem vorstellen, was ich meine!)
    Ich behielt meine Verwirrung für mich. Wir setzten unseren Spaziergang fort und vergaßen das Geräusch wieder.
    Einige Tage später unterhielt ich mich mit meinem Sohn noch mal über unseren Ausflug und über die fehlenden Vögel. Zu meiner Überraschung sagte er plötzlich:
    »Da hinter dem Zaun muss aber einer auf Eisen gehauen haben!«
    Einen Moment lang war ich verblüfft. Dann antwortete ich ihm: »Da war aber kein Zaun!«
    Mein Sohn aber blieb beharrlich und sagte:
    »Natürlich war da ein Zaun! So einer aus Stroh!«
    Mir wurde heiß. Dann erinnerte ich mich, dass ich nichts gesehen hatte, dass ich aber glaubte, etwas gesehen zu haben.
    »Da war nichts«, sagte ich. »Wir können gerne noch mal hinfahren und uns davon überzeugen.« Das taten wir dann auch. Allerdings erst mehrere Monate später. Vorher schafften wir es nicht.
    Es war schon Winter. Mein Mann hatte sich
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