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Die Geisel von Zir

Titel: Die Geisel von Zir
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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seinen muslimischen Glaubensgenossen im Dorf zu Tode gefoltert worden sei), den Inhalt des wundersamen Buches zu entziffern und zu transkribieren und so der Nachwelt zu erhalten. Das Buch, fuhr der Missionar feurig fort, berichte davon, wie Gott die Herren des Lichts – in anderen Religionen ›Engel‹ genannt – auf alle bewohnbaren Planeten gesandt habe, daselbst die Samen von Lebewesen aller Art, Pflanzen, Getier, kurz, allem, was da kreucht und fleucht, zu setzen …
    Sylvester Pride drehte sich um und bemerkte so laut, dass auch alle es hören konnten: »Harhar! Erzählt der da einen Scheiß!«
    Kosambi verzog gequält das Gesicht, fuhr aber unbeirrt fort. Reith stimmte zwar insgeheim Prides Urteil über Kosambis Theologie zu, hätte es aber niemals übers Herz gebracht, die Gefühle des ernsten kleinen Mannes zu Verletzen.
     
    Am folgenden Morgen erreichte die Zaidun Gadri, das zwar größer als Qou war, aber ebenso wenig als Metropole anzusehen war. Reith sagte seinen Leuten: »Es gibt hier nicht viel zu sehen, außer dem Markt und einem Tempel. Die Waren, die hier feilgeboten werden, sind zumeist Haupterzeugnisse und Gebrauchsgüter für den Alltagsbedarf – kein Touristenkram. Die Leute hier haben sich noch nicht auf den Tourismus eingestellt; man muss ihnen Zeit geben. Und überhaupt empfehle ich euch, dass ihr euch zu diesem frühen Zeitpunkt der Reise noch nicht mit allzu viel Souvenirs beladet. Ihr werdet noch ausreichend Gelegenheit dazu haben.«
    Die Gruppe marschierte von der Anlegestelle zum nur wenige Blocks entfernt gelegenen Hauptplatz. Jedes Mal wenn sie anhielten, um irgend etwas zu begucken, waren sie sofort von neugierig gaffenden Krishnanern umringt. Diese ständig wachsenden Ansammlungen machten Reith immer nervöser. So gutherzig die Krishnaner von Natur aus auch sein mochten – irgendein banaler Anlass, ein falsch verstandener Blick oder ein falsches Wort vielleicht, und schon konnte es den größten Ärger geben.
    Vor dem Tempel, einem schmucklosen, massiven Bau aus rostrotem Sandstein, wechselte Khorsh, der Priester aus Dur, ein paar Worte mit dem Türsteher und sagte dann Reith, man könne eintreten und den Tempel besichtigen. Natürlich sei eine kleine freiwillige Spende in den Kollektenbeutel sehr gern gesehen.
    Im Innern des Tempels, am Kopfende, saß eine vergoldete Götzenstatue im Lotossitz auf einem Podest. Auf ihrer Oberfläche und auf der schwarzschimmernden Wand aus poliertem Onyx spiegelte sich das schwache Flackern der Lampen wider. Da das Götzenbild vier Beine besaß, bedeutete seine Sitzpose ein verschlungenes Gewirr aus Gliedmaßen, dessen Kompliziertheit noch von den acht Armen des Gottes unterstrichen wurde.
    »Es sieht ein wenig wie Shiva aus«, sagte Kosambi, der sich der Gruppe angeschlossen hatte. Reith war seit seiner Südamerikatour gegen solche unvermeidlichen Trittbrettfahrer abgehärtet, die sich ungebeten an Touristengruppen hängten.
    »Mich erinnert es eher an einen Tausendfüßler«, quakte der unsägliche Sylvester Pride in einer Lautstärke, dass es durch den ganzen Tempel hallte. »Was glaubt ihr, was der Bursche für einen Twist hinlegen könnte, mit den vielen Beinen! Guckt mal, so!« Ehe einer der anderen eingreifen konnte, begann Pride in seinen Shorts und mit grotesk auf - und abwippendem Spitzbauch herumzuhüpfen.
    »Hör auf, du verdammter Depp!« zischte Reith.
    »Was? Wer?« schnaufte Pride. »Was fällt dir ein, du Großmaul …«
    »Wenn er Sie nicht zur Räson bringt, dann tu ich’s!« sagte Mrs. Whitney Scott und stürmte mit erhobenem Spazierstock und wild entschlossener Miene auf ihn los.
    »Okay, okay, ist ja schon gut«, murmelte Pride. »Ich hab’s ja nicht böse gemeint.«
    Danach bummelten sie über den Markt, wo Pride sich abermals unangenehm in Szene setzte, indem er sich unbedingt einen Hut zulegen musste, der aussah wie ein rosafarbener irdischer Lampenschirm, und diesen dann auch noch gleich aufsetzen und tragen musste. Da sich eine nähere Besichtigung der Stadthalle, die von außen in ihrer Schmucklosigkeit eher den Eindruck eines Straßenbahndepots machte, nicht zu lohnen schien, machten sie sich wieder auf den Rückweg zur Landestelle.
    »He, Furchtloser!« hörte Reith plötzlich Turner neben sich. »Maurice und ich möchten noch einen trinken gehen. Da vorn kriegt man doch so was, nicht?« Er zeigte auf eine Taverne.
    »Ich möchte eigentlich lieber die Gruppe geschlossen zurückbringen …« sagte Reith.
    »Ach,
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