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Die Geisel von Zir

Titel: Die Geisel von Zir
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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in seinem Notizbuch. »Wir steigen in Haftids Gasthof ab, Shodsir sechsundvierzig. Wisst Ihr, wo diese Straße liegt?«
    »Shodsir ist keine Straße.«
    »O que? Was ist es denn?«
    »Aber mein Sohn, wurdest du denn nicht über das hiesige Adress-System unterrichtet? Shodsir ist ein Block, und sechsundvierzig bedeutet, dass es sich um das sechsundvierzigste Gebäude in diesem Block handelt.«
    »Das sechsundvierzigste von wo an gerechnet?«
    »Oh, nicht das sechsundvierzigste in geographischem Sinn, sondern das sechsundvierzigste in der Reihenfolge, in der die Häuser gebaut wurden.«
    Reith brauchte einen Moment, um sich in dieses verblüffende System hineinzudenken. »Nun, nehmen wir einmal an, ich verabrede mich mit jemand in einer ganz bestimmten Straße. Wie erkläre ich ihm dann, wie er dorthin gelangt?«
    »Die Straßen in Majbur haben keine Namen. Angenommen, du willst deinen Bekannten auf der Straße treffen, die den Shodsir im Norden begrenzt, dann sagst du ›Shodsir Nord‹. Es ist ganz einfach.«
    »Für Euch vielleicht. Aber wie finde ich nun den Shodsir Block?«
    »Jeder Droschkenkutscher oder Sänftenträger kann dich dorthin bringen.«
    »Bern. Wie finde ich diese Kutscher und Träger? Außerdem werden wir Gepäckträger brauchen.«
    Khorsh lächelte mild. »Keine Angst, mein Sohn. Die Götter werden es schon richten.«
    Als nächstes fragte Reith Khorsh nach den ortsüblichen Tarifen für Beförderung und Transport von Gepäck. »Ich hoffe, Ihr könnt für mich übersetzen. Ich habe zwar meine Gozashtando-Lektionen wiederholt, aber wenn alle auf einmal drauflosschwatzen, kann ich unmöglich folgen.«
    »Com gósto! Gestatte mir, mein Sohn, einen kleinen Hinweis. Ich empfehle dir, lieber Sänften als Kutschen zu nehmen. Während des Dashmok-Festes herrscht so starker Verkehr, dass du Sänften praktischer finden wirst.«
    »Ach ja, dieses Fest. Wir haben unseren Ankunftstermin eigens darauf abgestimmt, weil wir uns das große Ballett nicht entgehenlassen wollten. Ja, Mister Kosambi?«
    Der dicke Inder war unbemerkt herangeschlichen und hatte dem Gespräch zugehört. »Wenn Sie schon diese heidnischen Orgien besuchen wollen, Mister Reith, werden Sie Ihre Leute doch sicherlich auch einmal in die Kirche der Herren des Lichts führen wollen. Sie sollten ihnen nicht nur die Vergangenheit dieses rückständigen Planeten vor Augen führen, sondern auch seine Zukunft, die meiner festen Überzeugung nach eine hellere sein wird. Im Vergleich mit dem Tempel des Dashmok ist unser Gotteshaus sicher sehr bescheiden, aber dafür ist es eine Stätte der wahren Erleuchtung.«
    »Vielen Dank für den Hinweis«, sagte Reith. »Wann findet denn so ein Gottesdienst oder eine Messe oder Versammlung, oder wie immer Sie es nennen, statt?«
    »Übermorgen Mittag. Sie und Ihre Touristen sind herzlich eingeladen.«
    »Danke. Ich will versuchen, es in unseren Zeitplan einzubauen.«
    Nach einer kurzen Wartezeit legte ein kleines Küstenboot mit roten Segeln vom Kai ab. Unter dem Wutgeheul von anderen wartenden Schiffen manövrierte Kapitän Ozum die Zaidun auf den freigewordenen Liegeplatz. Gleich darauf sah Reith, was Khorsh mit seiner Bemerkung gemeint hatte, die Götter würden sich schon um den Transport kümmern. Kaum hatten diejenigen, die an den Kais herumlungerten, gemerkt, dass die Zaidun Passagiere an Bord hatte, als sie auch schon aufgeregt schnatternd angewetzt kamen und sich um den Liegeplatz drängten. Einige priesen lauthals ihre Fähigkeiten als Gepäck- oder Sänftenträger, andere boten ihre Dienste als Führer an, wieder andere wedelten mit Souvenirs.
    Reith brachte seine Schäfchen in Reih und Glied und gab Anweisungen. »Bleibt zusammen, und nehmt euer kleines Handgepäck mit. Wir nehmen Sänften.«
    »Hä?« rief Pride. »Was ist das denn?«
    »Tragsessel.«
    Ein paar Besatzungsmitglieder ließen die Laufplanke herunter. Zwei Matrosen der Zaidun bezogen unten mit Befestigungshölzern Stellung, um unerwünschte Gäste am Betreten des Schiffes zu hindern.
    Mit klopfendem Herzen trat Reith auf die Planke und rief auf Gozashtando: »Ich brauche zwölf Gepäckträger.«
    Aus der drängenden, wild durcheinander schnatternden Meute wählte Reith ein Dutzend aus und ließ sie einzeln an Bord kommen. Er ließ sie in einer Reihe an Deck Aufstellung nehmen und erklärte ihnen, dass sie zu Haftids Gasthof im Shodsir wollten. Als er den Eindruck hatte, dass alle kapiert hatten, ging er ans Ufer und suchte sich
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