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Die geheime Treppe

Die geheime Treppe

Titel: Die geheime Treppe
Autoren: Marco Sonnleitner
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kletterte er weiter.
    Er hatte sich tatsächlich schon öfter im Freeclimbing versucht und daher einige Erfahrung in dieser Sportart. Zwar war er noch nie bei einem derart schaurigen Wetter geklettert, aber gerade diese Herausforderung stellte für ihn einen besonderen Reiz dar. Zumal sich seine Vermutung bestätigte: Auch aus der Nähe besehen bot die Wand nicht allzu viele Schwierigkeiten.
    Das Häuschen stand etwa dreißig Meter über dem Wasser, und die erste Hälfte legte Peter in weniger als zwanzig Minuten zurück. Bewundernd blickten Justus und Bob nach oben. Es sah wirklich spielerisch aus, wie sich ihr Freund die Klippe hinaufhangelte.
    »Als wäre da eine Leiter«, murmelte der Erste Detektiv.
    Doch dann wurde die Sache kniffliger. Ein Stück fast senkrechter und nahezu glatter Wand hielt Peter auf, und wenn er auf diesem Weg nach oben kommen wollte, musste er einen Sprung wagen. Etwa zwei Meter entfernt und einen halben Meter unter ihm lag ein Plateau, von dem aus er weiterklettern konnte. Peter zögerte, und auch Justus und Bob erkannten bei genauerem Hinsehen, warum.
    »Nein!« Bob stellten sich die Nackenhärchen auf. »Just, der will da rüberspringen! Das ist Wahnsinn! Der Fels ist vom Regen glatt wie Schmierseife.«
    Justus formte die Hände zu einem Trichter und legte den Kopf in den Nacken. »Peter!«, rief er, so laut er konnte. »Komm zurück! Hörst du? Komm runter! Sofort!«
    Peter hörte irgendetwas, verstand aber nichts. Doch er konnte sich ungefähr denken, was seine Freunde dort unten schrien. Unwillig winkte er ab und konzentrierte sich.
    »Peter! Nein!«
    Der Zweite Detektiv atmete ruhig und gleichmäßig und ging ein wenig in die Knie.
    »Nein!«
    Er schätzte die Entfernung ab. Dann pendelte er dreimal mit den Armen vor und zurück und stieß sich ab.
    »Peter!«
    Wie ein Schatten flog er an der Wand entlang und federte mit den Knien den Sprung auf dem Plateau ab. Geschafft! Peter fand sofort sein Gleichgewicht und musste sich nicht einmal mit den Händen abstützen. Ganz langsam richtete er sich auf und winkte zu seinen Freunden hinunter.
    »Ich reiß ihm den Kopf ab, wenn er wieder unten ist!« Justus war stinksauer. »Wie konnte er nur so leichtsinnig sein!«
    »Ist ja noch einmal gut gegangen«, versuchte Bob seinen Freund zu besänftigen.
    »Ja, diesmal! Aber das war absolut dämlich! Er hätte –« Justus erstarb das Wort auf den Lippen, und im gleichen Augenblick hallte ein panischer Schrei aus der Wand.
    »O Gott!«
    Ein Stück des Plateaus war abgebrochen! Das Stück, auf dem Peter gelandet war! Während der Felsbrocken in die Tiefe stürzte, versuchte Peter, schnell auf den anderen Teil zu springen. Zu spät!
    »Peter!«
    »Pass auf!«
    Justus und Bob gefror das Blut in den Adern.
    Peter glitt ab. Wild mit den Armen rudernd, suchte er nach einem Halt. Doch der verwitterte Kalkstein gab immer wieder nach. Dutzende von Steinen und Brocken lösten sich und hüpften prasselnd die Wand hinab. Peter strampelte mit den Beinen. Irgendwo musste er Halt finden, irgendwo!
    Plötzlich ertasteten die Finger seiner rechten Hand eine Spalte. Sofort krallte er sich darin fest. Und der Fels hielt! Zentimeter für Zentimeter zog sich Peter wieder hinauf. Dann fand er auch einen Vorsprung, an dem er sich abstützen konnte, und eine Minute später stand er sicher auf dem restlichen Teil des Plateaus. Leichenblass blickte er in die Tiefe. Noch einmal Glück gehabt!
    Justus und Bob sahen sich sprachlos an. Das Entsetzen stand beiden ins Gesicht geschrieben und wich nur langsam einer grenzenlosen Erleichterung.
    »Jetzt muss er nur noch heil runterkommen«, sagte Justus mit belegter Stimme.
    Doch als beide in die Wand blickten, war Peter schon wieder auf dem Weg nach oben. Justus wollte erneut etwas hinaufschreien, doch Bob schüttelte den Kopf.
    »Lass gut sein. Der hört dich nicht.«
    »Was für ein Dickkopf!«, schimpfte Justus. Aber es klang eher wie: Hoffentlich geht das gut!
    Es ging gut. Ohne weitere Zwischenfälle langte Peter am Klippenkamm unterhalb der Mauer an. Doch er war etwas nach rechts abgekommen. Die Ecke des Häuschens konnte er noch erreichen, aber bis unter das Fenster würde er es nicht schaffen. Diesmal, und das sah auch Peter ein, war der Weg dorthin wirklich zu gefährlich. Offenbar hatte man die Wand dort mit Beton ausgegossen, um ihr zusätzlich Halt zu geben. Doch dadurch war sie völlig glatt und unbegehbar geworden.
    Also musste er von der anderen Seite der Mauer an
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