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Die Gefangenen des Korallenriffs

Die Gefangenen des Korallenriffs

Titel: Die Gefangenen des Korallenriffs
Autoren: Jurij Kusnezow
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Ankerwinde am Heck des »Arsak« verband. Sollte die Kraft der Mannschaft nicht ausreichen, ihn aus der Gefahrenzone herauszuziehen, würde der Katamaran in Aktion treten.
    Sor winkte den Zurückbleibenden fröhlich zu und sprang ins Wasser. Charlie aber ließ die Leine in dem Maße nach, wie der Schwimmer sich entfernte. Sie hatten Signale abgesprochen: ein Ruck von Sor am Seil – keine besonderen Vorkommnisse, ein zweimaliges Ziehen bedeutete: ich habe etwas entdeckt und suche weiter, ein dreimaliges Ziehen: Gefahr im Verzug, holt mich umgehend zurück!
    Sor schwamm schnell und hatte die unsichtbare Barriere schon bald erreicht. Doch entgegen allen Erwartungen leistete sie diesmal keinerlei Widerstand. Er tauchte ungehindert ein, was vom Ufer aus den Anschein hatte, er würde sich urplötzlich in Luft auflösen. Nur das Stück Leine war noch zu sehen, das nun ins Nichts führte.
    Die Ungewißheit war so quälend, daß Charlie sich nicht mehr beherrschen konnte und kurz an dem Seil zog. Sor gab umgehend Antwort, indem er einmal kräftig ruckte: Alles okay! Inzwischen hatte Charlie schon einige Meter Leine zugegeben, die langsam aber stetig im Nichts verschwand. Eine Zeitlang blieb das Tau ruhig, dann spürte Charlie plötzlich einen Doppelruck: Ich habe etwas entdeckt und suche weiter. Das Seil geriet wieder in Bewegung. Zuerst schnell, dann immer langsamer, bis es schließlich abermals reglos im Wasser hing. So ging das einige Male, irgendetwas mußte da vorn geschehen.
    Dann jedoch, Charlie hatte sich die Leine um die Hand gewickelt, um auch das kleinste Signal von Sor aufzufangen, deutete dem Seemann ein kurz aufeinanderfolgendes dreimaliges Rucken, das an einen SOS-Ruf erinnerte, eine jähe Gefahr an. Er begann sofort, den Strick einzuholen, rief lautstark nach den Freunden. Nun hatte die gesamte Besatzung zu tun: Charlie und Kau-Ruck zogen aus Leibeskräften am Rettungsseil, das jetzt gespannt war wie eine Saite, dabei aber heftig hin und her schlug. Als hätten sie einen riesigen Fisch am Haken, der sich um nichts in der Welt fangen lassen wollte. Kostja wickelte währenddessen das Seil auf, soweit sie es dem Meer zu entreißen vermochten. Chris aber stand auf dem Deck des »Arsak« an der Winde, wo Charlie das zusätzliche Tau befestigt hatte. Er war auf dem Sprung, sie jederzeit in Betrieb zu setzen, um den Matrosen herauszuholen.
    Doch Charlie und Kau-Ruck kämpften noch immer mit der Sicherheitsleine. Die aber gab nun unvermittelt nach, und die beiden fielen rücklings in den Sand.
    Sie wird doch um Himmels willen nicht gerissen sein?! dachten die Männer und schauten entsetzt auf das Seil in ihren Händen.

    Aber gleich darauf atmeten sie erleichtert auf. Urplötzlich steckte Sor nämlich den Kopf aus dem Wasser. Er schwamm mit kräftigen Zügen an Land und ließ sich dort erschöpft in den Sand fallen. Erst da bemerkten die anderen, die ihn sofort umringten, welche Anstrengungen ihn der Kampf mit dieser unsichtbaren Barriere gekostet hatte. Sie bemühten sich um ihn, wollten ihm schnell helfen. Der eine befreite Sor von seinem Sicherheitsgurt, dessen Haken sich unter dem Druck gewaltig verbogen hatte, ein anderer reichte ihm einen Krug mit frischer Kokosmilch. Sie brannten darauf, Genaueres zu erfahren, doch keiner drängte ihn. Alle warteten, bis er halbwegs wieder bei Kräften war.
    Schließlich hatte der Matrose sich einigermaßen erholt.
    »Ich erzähle gleich der Reihe nach«, begann er, »nur eins vorneweg: Während es unseren ›Arsak‹ wie den Kater zur Sahne unwiderstehlich zum Atoll hinzog und er, am Ziel angelangt, nun nicht wieder zurück will, verhielt es sich bei mir genau umgekehrt. Mich zog es mit Macht zu der unsichtbaren Barriere und durch sie hindurch, am Ende aber wollte sie mich nicht mehr zurück zum Atoll lassen. Was ich auch anstellte, ob ich es geradeaus, von rechts, von links oder mit Drunterwegtauchen versuchte – nichts half. Wärt da nicht ihr mit dem Seil gewesen, ich hätte es nie geschafft. Gewiß, ich hätte bis zur nächsten Küste schwimmen können. Bloß daß mir dazu die Kraft fehlte und in einiger Entfernung schon sehnsüchtig die Sanitäter der Meere mit den schwarzen Flossen auf mich warteten, ihr wißt schon, die Haie.«
    »Da können wir ja von Glück reden«, sagte Charlie Black zu Kostja, »daß wir unsre Nasen nicht rausgesteckt haben, bevor unsere Freunde hier auftauchten. Es wäre uns weiß Gott schlecht bekommen.«
    »Doch am eigenartigsten«, fuhr Sor
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