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Die Gefangenen des Korallenriffs

Die Gefangenen des Korallenriffs

Titel: Die Gefangenen des Korallenriffs
Autoren: Jurij Kusnezow
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zusammenziehen!«

    Stufe E-2 bedeutete das Einschalten eines zweiten elektrischen Schutzschildes. Auf diese Weise konnte kein Elm mehr durch den Tunnel auf die Irena gelangen oder umgekehrt, von der Irena zurück ins Elmenland. Auch ein Verlassen des Zentrums wurde unmöglich.
    Kostja spürte, daß ihm das Wasser gleich bis zum Hals stehen würde.
    »Bloß weg hier«, flüsterte er. »Ich möchte ganz schnell wieder zu Ol und Vi!«
    Sein Wunsch war so stark, daß sich seine elektromagnetischen Wellen wie zu einem Blitz bündelten: In Sekundenschnelle sauste er durch alle siebenundzwanzig Stockwerke, wobei er auf seinem Weg eine kaum wahrnehmbare Brandspur zurückließ. Noch bevor der Schutzschild E-2 in Kraft trat, gelang es ihm, das Zentrum wieder zu verlassen.

AM ELMING
    Nachdem Kostja verschwunden war, schaltete Vi den Fernseher wieder ein und zog die Vorhänge zu. Der Ansager kündigte die nächste Folge vom »Gespensterschloß« an.
    Alle schauten gebannt auf den Bildschirm, nur die Strohpuppe Scheuch, die vorher Kostja beherbergt hatte, lag teilnahmslos am Boden.
    Die düsteren Gemäuer eines Schlosses, das aus riesigen behauenen Findlingen zusammengefügt war, boten sich den Blicken der Zuschauer. Ganz oben auf der Schloßmauer zeichnete sich zwischen den Zinnen schwach eine weiße Gestalt in langem Hemd ab. Es flatterte im Wind, der in Böen heranbrauste.
    Die Gestalt wurde größer, kam näher und nahm schon bald den ganzen Bildschirm ein. Erneut zerrte eine heftige Sturmbö an dem ausgeblichenen Gewand und bauschte es auf. Darunter aber war nichts als schauerliche Leere. Der unerträglich grelle Schein eines Blitzes ließ für Sekunden einen durchsichtigen Schädel erkennen.
    Ein Strahl schoß gleißend aus den leeren Augenhöhlen, blendete für Sekunden die Zuschauer. Die Grabesstille wurde von einem verspäteten Donnerhall unterbrochen.
    Plötzlich erlosch der Bildschirm. Gleichsam als Reflex jenes Strahls sirrte eine phosphoreszierende Leuchtspur durchs Zimmer, und mitten im Raum wuchs auf einmal eine verschwommene Gestalt aus dem Nichts. Sie schwankte sacht hin und her, als wollte sie ihre Standfestigkeit prüfen. Dann schritt sie auf die noch halb geblendeten und vom Donnerkrachen tauben Zuschauer zu.
    Alle erstarrten zur Salzsäule, und der Drache Kusmitsch versuchte, sich mit einer plumpen Bewegung seines Flügels zu bekreuzigen.
    Auf einmal sagte eine in dieser angespannten Stille besonders hell klingende Stimme:
    »Da bin ich wieder! Aber weshalb ist es bei euch finster wie im Schuppen meines Großvaters?«
    Kostja war zurückgekehrt und wieder in die Hülle des Scheuchs geschlüpft.
    »Mal im Ernst«, sagte er, »bei meiner Flucht aus dem Zentrum wär ich beinahe verglüht. Wie ein Meteorit, wenn er in die Erdatmosphäre eintaucht. Ich bin, mit dem Kopf voran, durch die Decken und Böden aller siebenundzwanzig Stockwerke gesaust. Diese Leistung könnte man direkt ins Guinnessbuch der Rekorde eintragen, falls es bei den Elmen so etwas gibt.«
    Kostjas Bericht machte Ol sehr nachdenklich. Die Geschichte schien eine böse Wendung zu nehmen. Die Massaren waren aufgescheucht, was für die Gäste von der Erde eine ernste Gefahr bedeutete. Womöglich würde man sie nicht wieder auf ihren Heimatplaneten zurück lassen.
    »Vielleicht kannst du erst mal unser Licht wieder in Ordnung bringen, Ol«, sagte Vi zu ihrem Mann.
    »Das Licht, natürlich, das Licht!« Ol schlug sich vor die Stirn. »Wenn Kostja mit seinem Kraftakt schon bei uns die Sicherungen durchknallt, was muß er da erst im Zentrum angerichtet haben! Wahrscheinlich ist dort jetzt die ganze Stromversorgung lahmgelegt!«
    »Genau, das ist eure Chance!« rief Vi. »Es ist die letzte Gelegenheit für euch, von hier wegzukommen! Mit aller Wahrscheinlichkeit ist auch die Schutzbarriere am Tunnelausgang außer Kraft gesetzt. Ihr müßt auf der Stelle dorthin zurück, vielleicht ist es noch nicht zu spät!«
    Sie hatte kaum zu Ende gesprochen, da waren ihre Gäste auch schon wie vom Erdboden verschluckt. Ol und Vi aber hatten für Sekunden den Eindruck, ihr Haus sei in einen Meteoritenschwarm geraten oder würde von mehreren bunten Leuchtkugeln durchquert. Es roch auch gleich ein bißchen brandig.
    »Was meinst du«, fragte Ol nach einer Weile und schnupperte beunruhigt, »ob sie’s geschafft haben?«
    »Ich denke schon«, erwiderte seine Frau, »sonst wären sie längst wieder hier.«
    Die vier aber waren tatsächlich ungehindert in den Elming
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