Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefangenen des Korallenriffs

Die Gefangenen des Korallenriffs

Titel: Die Gefangenen des Korallenriffs
Autoren: Jurij Kusnezow
Vom Netzwerk:
gelangt, zu dieser chaotischen Ansammlung aller möglichen Gegenstände. Wie bereits vermutet, war der elektrische Schutz vorübergehend außer Kraft gesetzt.
    Im ersten Moment dachten Kostja und die anderen: bloß ab nach Hause! Doch da sie sich nun innerhalb des Sperrgürtels befanden und jederzeit den Tunnel benutzen konnten, beschlossen sie, sich vorher noch etwas umzuschauen. Sie hatten ja das Elminggebiet bisher nur ganz kurz gesehen.
    Der Eindruck von früher allerdings bestätigte sich schnell. Der Elming war eine Art großer städtischer Müllkippe. Hier lag aufgetürmt, was sich im Laufe der Jahre, in denen die Erde mit Hilfe der Synchrotunnel erforscht worden war, auf der Irena angefunden hatte.
    Zunächst blieben die vier zusammen, doch bald zerstreuten sie sich, weil jeden etwas anderes interessierte. Bevor sie sich trennten, vereinbarten sie aber einen Treffpunkt, an dem sich alle wieder einfinden sollten.
    Der Krake Prim blieb gleich dort. Er empfand, wie wohl alle Meeresbewohner, eine instinktive Abneigung gegen das Festland.

DIE ATLANTER UND DER LÖWE
    Kostja tastete sich vorsichtig zum Zentrum des Elmings vor. Wer weiß, was für Gefahren in diesem Labyrinth lauern, dachte er. Hier kann sich sogar ein Geist verirren.
    Plötzlich standen, wie aus dem Erdboden gestampft, zwei andere »Gespenster« vor ihm, zwei Jungen, die höchst seltsam anmuteten. Ihre kriegerische Haltung mit den geballten Fäusten verhieß nichts Gutes.
    Die Jungen waren etwa gleich groß und in Kostjas Alter. Ihre Kleidung bestand lediglich aus einem Lendenschurz und so etwas wie Boxhandschuhen, wobei auf jeden nur ein Handschuh entfiel. Sie waren braungebrannt, doch spielte ihre Hautfarbe kräftig ins Rötliche wie bei den amerikanischen Indianern. Ihr halblanges, brünettes Haar reichte bis auf die Schultern. Die beiden sahen Kostja aus großen, leicht schrägstehenden Augen herausfordernd an.
    Kostja war zunächst verblüfft, dann nahm auch er eine kampflustige Pose ein. Gleich darauf sagte er sich aber, daß die Übermacht eindeutig auf der anderen Seite lag, und streckte friedfertig seine Arme aus. Er hielt die Handflächen nach oben, denn bei den Indianern war das ja ein Zeichen dafür, daß man keine feindlichen Absichten hegte.
    Diese Geste zeitigte ihre Wirkung. Die Fäuste der Jungen entspannten sich, und ihre ganze Haltung wurde lockerer.
    Kostja bemerkte es mit Genugtuung und sagte, ohne große Hoffnung, verstanden zu werden:

    »Ich heiße Kostja Talkin und komme von der Erde.«
    »Wir stammen ebenfalls von der Erde und heißen Mo und No«, erwiderte einer der vermeintlichen Indianer, offenbar der Wortführer. Er war ein bißchen größer als sein Gefährte.
    »Wir sind Atlanter!« fügte stolz der zweite hinzu. Kostja wollte schon losprusten, dachte aber an die Boxhandschuhe und verkniff sich noch rechtzeitig das Lachen. In seiner Vorstellung waren Atlanter große kräftige Männer mit Bärten, die an den Riesen Atlas erinnerten und auf deren Schultern vom Einsturz bedrohte Paläste ruhten.
    Doch dann fiel ihm ein, daß die Jungs jene sagenumwobene Insel meinten, die vor Urzeiten im Meer versunken war und bis zum heutigen Tag erfolglos irgendwo im Atlantischen Ozean gesucht wurde.
    Kostja betrachtete die beiden nun mit allergrößtem Respekt. Angeblich vor drei- bis viertausend Jahren mit ihrem Eiland untergegangen, fanden sie sich plötzlich auf der Irena ein.
    »Wie hat es denn euch hierher verschlagen?« fragte er.
    No, der Ältere, lud ihn mit einer Handbewegung ein, auf einem Balken Platz zu nehmen, der sich bei genauerem Hinschau­en jedoch als Bruchstück einer Säule erwies.
    »Unsere Heimat war die Insel Atlantis«, begann Mo, der Kleinere. »Sie war das schönste Stück Land unterm Himmelszelt, das es je gegeben hat.«

    Na, na, nun übertreibt mal nicht, dachte Kostja.
    »Atla, die Hauptstadt, war durch eine Steinmauer geschützt, deren metallene Zinnen wie Feuer in der Sonne funkelten«, erzählte Mo weiter. »Sie nahm ihren Anfang am Meer, führte um die ganze Stadt herum und endete wieder am Ozean, direkt neben dem Hafen. An den mehrstöckigen, mit Stuck verzierten Häusern, den gepflasterten Straßen, den türkisfarbenen Kanälen quer durch die Stadt konnten sich alle Atlanter erfreuen. Doch das eigentliche Wunder war der Kaiserpalast mit dem Poseidontempel, den man zu Ehren des Meeresgottes errichtet hatte. Die Außenwände des Tempels bestanden aus Silber, seine Eckpfeiler aus Gold und die Decke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher