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Die Gefangenen des Korallenriffs

Die Gefangenen des Korallenriffs

Titel: Die Gefangenen des Korallenriffs
Autoren: Jurij Kusnezow
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aus Elfenbein. Im Innern aber befand sich eine goldene Gottesstatue.«
    Mo hatte das alles in einem Singsang berichtet, als wäre es auswendig gelernt. Und No fügte schwärmerisch hinzu:
    »Du kannst dir nicht vorstellen, was für einen Spaß es machte, hinter den Antilopen im Tal herzujagen, auf den Felsen herumzuklettern, die ganz unterschiedlich gefärbt waren, an den Ufern der Kanäle zwischen roten Lilien Rast zu machen und den Flug der Schwalben zu beobachten.«
    Beide verstummten, als wären sie in Gedanken wieder zu Hause, als würden ihre Herzen, ungeachtet der vergangenen Jahrtausende und der unermeßlichen Entfernungen, noch immer dort weilen.
    »No und ich«, sagte Mo in plötzlich nüchternem Tonfall, wodurch er wohl das Ende der Geschichte ankündigte, »spielten innerhalb der Schutzmauern, als es passierte.«
    No nickte zur Bestätigung und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Handschuhe.
    Sag doch gleich, daß ihr euch prügeln wolltet, dachte Kostja spöttisch.
    »Ich hatte gerade den entscheidenden Schlag mit der Rechten geführt«, ergänzte No, »als die Erde unter mir plötzlich erzitterte und ich das Gleichgewicht verlor. Wahrscheinlich hat mich seine Linke erwischt, dachte ich…«
    »Genauso war es«, entgegnete Mo ärgerlich, weil der Freund nach all den Jahrtausenden noch immer daran zu zweifeln schien.
    »Na, ich weiß nicht«, sagte No. »Jedenfalls lagen wir beide Sekunden später auf dem Boden, wurden aber gleich darauf weit in den Himmel geschleudert, so daß wir von oben unsere ganze schöne Insel überblicken konnten. Sie zerbarst vor unseren Augen in tausend Stücke…«
    »Was danach mit uns geschah, wissen wir nicht«, fuhr Mo fort. »Wir haben nur von den Irenern gehört, daß unsere Insel für immer im Wasser versunken sein soll. Wenn das stimmt, müssen wir bis in alle Ewigkeit auf diesem Planeten bleiben. Der Himmel«, Mo deutete vage über sich, »nimmt uns offenbar nicht zurück.«
    »Aus diesem Grund haben Mo und ich beschlossen, uns so gut es geht im Elming einzurichten. Hier gibt es wenigstens einige Gegenstände, die uns an die Heimat erinnern. Wer weiß, vielleicht sehen wir sie ja doch noch mal wieder.« No strich liebevoll über das Bruchstück der Säule, auf dem sie saßen.
    Da klammern sie sich ja an etwas, dachte Kostja verblüfft, und das nach viertausend Jahren!
    »Und ihr lebt ganz allein hier?« fragte er.
    »Wieso denn allein!« No lächelte geheimnisvoll.
    Wie zur Bestätigung seiner Worte ertönte hinter ihnen plötzlich ein ohrenbetäubendes Brüllen, das allmählich in ein dumpfes Grollen überging:
    »G-r-r-r-a-u-u-u!«
    Kostja drehte sich erschrocken um und sprang dann blitzschnell über das Stück Säule.
    Von hinten kam in seiner ganzen urweltlichen Pracht und Schönheit ein riesiger Höhlenlöwe auf sie zu!
    Sein gewaltiger Rachen, in dem der Kopf eines Menschen ohne weiteres Platz gehabt hätte, die dichte Mähne und die mächtigen Tatzen flößten mehr als Respekt ein.
    Erstaunt sah Kostja zu, wie die beiden Atlanter ohne Umschweife auf den Löwen zurannten und ihm lässig die Mähne kraulten. No schwang sich sogar rittlings auf seinen Rücken.
    »Noch nicht einmal die Irener können sich erklären, wie dieses nette Urtier zu ihnen auf den Planeten gelangt ist«, erklärte No.
    Kostja näherte sich vorsichtig dem großen Tier, das auf den Namen Grau hörte und ihm wohlerzogen die Tatze hinhielt. Der Junge drückte sie ein wenig ängstlich, kam sich zugleich aber vor wie im siebenten Himmel. Wem unter seinesgleichen war es schon vergönnt, die Bekanntschaft eines richtigen Höhlenlöwen zu machen!
    Kostja war so begeistert, daß er ganz seine Freunde im Elming vergaß, die gewiß schon am vereinbarten Treffpunkt auf ihn warteten. Als sie ihm endlich wieder einfielen, bot er an, sie seinen neuen Bekannten vorzustellen. Der Löwe und die Jungen aus Atlantis stimmten erfreut zu. Es war immer eine angenehme Abwechslung, wenn jemand Neues im Elming auftauchte.

EIN GLÜCKLICHER ZUFALL
    Viktor Stepanowitsch und Kusmitsch waren inzwischen ebenfalls auf interessante Dinge gestoßen. Sie waren gemeinsam auf Erkundung gegangen, denn auf diese Art hatten sie bei ihren geologischen Expeditionen schon viele Jahre die Taiga durchstreift. Es war ihnen längst zur Gewohnheit geworden, wie Alpinisten am Seil beieinanderzubleiben. Sie liefen im »Gänsemarsch« – Kusmitsch voran, der Geologe in seiner Spur – um Kräfte zu sparen.
    Das gewaltige Durcheinander im
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