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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten
Autoren: Andrea Schacht
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dem Leben trachten. Es wird ein ziemlich fettes Huhn sein, das ich zu rupfen habe.«
    Piet langte in seinen Gürtel, und eine Messerschneide wirbelte blinkend vor dem Feuer auf. Ein paarmal warf er den Dolch auf und ab, und Magister Hagan drückte seine Bewunderung für diese meister­liche Leistung aus, die der Einarmige damit demonstrierte.
    »Speyer, Limburg, Köln – keine schlechten Städte. Könnte sich für uns lohnen«, sagte Piet schließlich und steckte das Messer wieder in die Scheide.
    »Müssen ihm die hübschen Locken scheren und ihn auf halbe Ration setzen, sonst erkennt man ihn«, sinnierte die Zwergin.
    »Ist recht, schneidet mir die Haare ab, aber barbieren braucht ihr mich in den nächsten Wochen nicht.«
    Am nächsten Tag brach die Gruppe Vaganten nach Norden auf, um ein Mitglied reicher, das sich aber auf den ersten Meilen unter einigen Säcken auf dem Karren versteckt hielt.

4. Brennnesselsuppe mit Bärlauch
    Ostern war vorüber, die Fastenzeit zu Ende, und es herrschte geschäftiges Treiben im Wirtshaus »Zur Bischofsmütze«. Auf dem Mauspfad, der vielbefahrenen Handelsstraße von Frankfurt herauf, zogen Frachtkarren, Lastträger und Packtiere von Süden nach Norden und umgekehrt, brachten Waren aus den Hansestädten oder den süd­lichen Landen nach Köln und die hiesigen Erzeugnisse zu den anderen Marktstädten. Viele Reisende machten in Brück Halt. Die Aufregung um den Tod des Heringshändlers hatte sich bald gelegt, einige Tage danach auch die um Pfarrer Elias. Man ging inzwischen allerseits davon aus, dass der Drugwarenhändler Overrath den Herringsstetz niedergeschlagen und erdrosselt hatte. Mög­licherweise hatte er auch den Geist­lichen auf dem Gewissen, aber der Amtmann ging davon aus, dass der jähzornige Heringshändler wohl den armen Mann im Zorn niedergeschlagen hatte. Der war unselig mit dem Kopf auf den Taufstein geschlagen und umgekommen.
    Der Drugwarenhändler war über alle Berge – sollte er nochmals im Gasthaus einkehren, würde man ihn festnehmen und befragen. Aber Laure vermutete, dass sie ihn, sollte er wirklich der Mörder gewesen sein, nie wieder zu sehen bekommen würde.
    Das Leben ging weiter.
    Das Grün spross nun eifrig, der Küchengarten bot allerlei Würzkräuter und junges Gemüse, und auch am Feldrain wuchs et­liches, das die Gerichte und Suppen schmackhaft machte. Jan und Paitze hatten beim Gänsehüten Körbe voll junger Brennnesseln gepflückt. Laure hatte Elseken geholfen, die Blätter in Brühe abzukochen und anschließend kleinzuwiegen. Ein paar Tränen hatte sie vergossen, als sie dazu junge Zwiebeln, Bärlauch und Knoblauch hackte, aber in Butter angedünstet, mit Mehl bestäubt und mit dem Brennnesselsud und Milch aufgekocht ergab das eine Suppe, die wegen ihrer Schärfe beliebt war. Um die Mittagszeit musste Laure immer wieder die Holznäpfe befüllen und an die Tische bringen.
    Sie tat das nicht ungern. Meist waren die Gäste freundlich, wenn sie mit einem Lächeln Suppe und Brot vor sie hinstellte, die Schankmaiden anwies, die Becher und Krüge zu füllen, sich daran erinnerte, wer lieber Bier, Most oder Apfelwein trank, Käse nicht mochte oder gerne etwas Süßes naschte. Sie hatte ein gutes Gedächtnis für Gesichter, Namen und kleine Eigenarten, erinnerte sich an Anekdoten, die man ihr erzählt hatte, und daran, wer womit handelte.
    Elseken nahm ihr auch das übel, aber an den meisten Tagen verschloss Laure ihre Ohren vor den säuer­lichen Bemerkungen über leichtfertige Tändeleien mit den Gästen.
    Sie tändelte nicht, sie war lediglich freundlich.
    Zu allen, soweit es ihr möglich war. Aber heute waren Alard und Curt wieder aufgetaucht und hatten zwei Dirnen mitgebracht. Gott ja, auch die hatten Hunger, aber als sie begannen, den Männern in der Wirtsstube freche Angebote zu machen, wurde Laure ungehalten. Sie wollte nicht, dass ihr Gasthof in den Ruf kam, ein Hurenhaus zu sein. Sicher, es ließ sich nicht ganz vermeiden, dass in den Schlafkammern dann und wann Unzucht getrieben wurde, aber in dem Schankraum duldete sie es nicht.
    Sie versuchte, mit ruhiger Stimme die beiden Frauen zur Ordnung zu rufen, doch Alard grunzte sie nur an: »Lasst die Dirnen in Ruh, Weib. Wir wollen doch Euer Essen bezahlen. Und sie schaffen uns die Münzen dafür an.«
    Mit Alard aber mochte Laure nicht disputieren, darum strebte sie, von unterdrückter Wut kochend, in die Werkstatt, wo Goswin ein Rad auf eine Achse schob.
    »Ich hab dir schon ein paarmal
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