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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten
Autoren: Andrea Schacht
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willkommen.«
    »Diebische Hände. Ich will so ein Gesindel hier nicht haben.«
    »Sie bleibt. Ob sie eine Diebin ist, wird sich zeigen.«
    »Ob Diebin oder blöde, sie wird nichts nutzen. Was treibt dich nur dazu, solches Gelichter hier anzuschleppen?«
    »Christ­liche Nächstenliebe vielleicht?«
    »Ah was. Damit kannst du ein Kloster führen, kein Wirtshaus. Hol ein kräftiges Bauernmädchen, das zupacken kann.«
    »Wir werden sehen, ob sie nicht auch zupacken kann, Elseken.« Ungehalten klatschte Laure die Fische auf den Tisch in der Küche. »Sie bleibt vorerst hier und bekommt oben in der Gesindestube ein Bett.«
    »Das kannst du ihr selber richten, Frau Wirtin!«
    Laure, die schon fast aus der Tür war, drehte sich um: »Wenigstens wird sie hier nicht ständig herumkeifen! Dafür möchte ich schon jetzt Gott danken.« Damit verschloss sie ihre Ohren vor Elsekens giftigem Wortschwall und begab sich auf den Hof, wo die Fremde noch immer still auf einem Fass saß. Sie seufzte. Ja, vielleicht war es leichtsinnig gewesen, die Frau einfach mitzunehmen. Aber Elseken war wirklich ein missgünstiges Geschöpf.
    Paitze kam mit einem Korb gelber Rübchen aus dem ­Garten und musterte die Stumme.
    »Wer ist das, Mama?«
    »Eine neue Magd. Sie kann nicht sprechen, aber sie sucht Arbeit. Bring die Rübchen in die Küche und richte ihr oben ein Lager, Paitze. Ich will sehen, dass ich einen sauberen Kittel und eine Schürze für sie finde.«
    Ihre Tochter gehorchte ihr, und als sie aus der Küche zurückkam, hatte Laure der Frau erklärt, was sie vorhatte. Die nickte immer wieder und wies dann auf den Brunnen und ihre Haare.
    »Ja, waschen sollst du dich auch. Paitze wird sich darum kümmern. Sie ist ein verständiges Kind. Ich muss aber jetzt im Haus nach dem Rechten sehen.«
    Laure erklomm die Stiege zum ersten Geschoss, in dem sich die beiden Gästekammern befanden. Die größere mit vier breiten Betten diente den männ­lichen Gästen als Schlafraum, die kleinere mit zwei Betten stand für die selteneren weib­lichen bereit. Es gehörte zu den Annehmlichkeiten ihres Hauses, dass die Laken alle Woche gewechselt und das Bettstroh regelmäßig erneuert wurde. Laure sammelte ein Paar verlassener Schuhe auf, die jemand wohl bald vermissen würde, prüfte Decken und Polster, kontrollierte dann die Vorratskammern und den Keller, bemerkte, dass das Bierfass fast leer war, und gab Elseken, die für das Brauen zuständig war, den Hinweis, neues Bier anzusetzen. Dann begab sie sich ins Nebengebäude, wo sie und ihre Kinder ihre Wohnung hatten, und kramte aus einer Truhe einen ihrer Arbeitskittel hervor, ebenso eine frische Schürze und ein weißes Kopftuch. Sie achtete auch darauf, dass das Gesinde immer einen adretten Anblick bot, und hoffte, dass die Neue sich entsprechend verhalten würde.
    Paitze kam zu ihr und berichtete, das Lager sei gerichtet. Die Frau habe sich mit zwei Schaff Wasser hinter den Stall begeben, um sich zu waschen.
    »Dann bring ihr die Kleider.«
    »Mach ich. Warum kann sie nicht sprechen?«
    »Sie hat keine Zunge.« Das »mehr« unterschlug Laure.
    »Oh. Schrecklich. Dann kann sie ja auch gar nichts schmecken.«
    Daran hatte Laure noch gar nicht gedacht. Aber sie schob diese Erkenntnis resolut zur Seite – ihre Christenpflicht war es, den Armen zu helfen, nicht mit ihnen zu leiden.
    »Ich bring ihr auch meinen Kamm«, sagte Paitze und nahm das Bündel Kleider auf. »Sie hat schöne lange Haare.«
    Neue Reisende trafen ein. Laure musste ihnen ihre Schlafplätze zuweisen, den Geleitknechten Ställe und Remise zeigen, noch einmal mit Elseken über die Anzahl der Würste zanken und der Wäscherin den Lohn aus­zahlen. Schließlich sah sie die Fremde wieder. Sie saß wiederum auf dem Fass auf dem Hof, neben ihr standen Jan und Paitze. Als sie näher kam, hörte sie die Unterhaltung, die sie führten.
    »Also mit Mmm fängt dein Name an. Und dann? Ma?«
    Die Frau nickte.
    »Maria?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Magda?«
    Verneinung.
    »Marthe?«
    Jetzt lächelte sie und machte eine flatternde Bewegung mit der Hand.
    Paitze lächelte auch.
    »Also so ähnlich wie Marthe. Martha? Nein, nicht. Marthi? Uh – fast. Hach, ich hab’s! Martine!«
    Erfreut nickte die Frau, und Laure trat näher.
    »Martine also?«
    Wieder nickte sie, und ihre Augen glänzten. Sie hob ihre Hand und streichelte vorsichtig Paitzes Arm.
    »Ja, sie sind kluge Kinder. Und du siehst jetzt besser aus. Jan, begleite Martine in die Küche,
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