Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
danach der Bankraub. Allerdings — auch die Klamotten, die Gaby
beschrieben hat, stimmen mit Berts Outfit überein.
    „Ich lebe allein“, sagte sie,
um auf Hajos Anbaggern einzugehen. „Meine Selbständigkeit geht mir über alles.“
    „Aber irgendein Typ kommt doch
gelegentlich vorbei?“ Hajo ließ nicht locker. „Und sei’s nur, um dir beim
Zählen der Beute zu helfen.“
    „Null Beziehung zurzeit. Feste
Verhältnisse machen mich nervös. Meine Nerven brauche ich für die Coups.“
    Bert, der Messertyp, schmatzte
mit den Lippen. „Jetzt weißt du’s, Hajo. Total emanzipiert (als Frau
gleichgestellt und unabhängig ) ist nur ‘ne Bankräuberin, haha.“
    „Nicht mal ‘ne
Bundestagsabgeordnete kann da mithalten“, feixte Hajo. „Irma, Herzblatt! Ich
gebe dir deine Kanone zurück. Allerdings ohne Munition.“
    Er nahm das Magazin aus ihrer
Pistole und legte die entladene Waffe in die Tasche zurück. Irma nahm sie
entgegen.
    „Ihr seid wohl sehr vorsichtig?
Befürchtet ihr, dass ich euch die Beute abnehme?“
    Beide lachten. Aber es klang
nicht gut in Irmas Ohren. Verständigten sich die beiden, ohne dass sie es
merkte? Würde funktionieren, was sie vorhatte? Mit ihrer Behauptung, eine Menge
Geld wäre bei ihr zu Hause gebunkert, hatte sie versucht, Begehrlichkeit zu
wecken. Eine Falle für die Pistoleros.
    Bert war unentwegt
stadtauswärts gefahren — durch unbelebte Viertel. Sie hatten kein weiteres
Polizeifahrzeug gesehen und keine Sirene gehört. Jetzt erreichten sie eine
stillgelegte ehemalige Fabrik in Prollstetten, also schon jenseits der
Stadtgrenze. Weit und breit keine Menschenseele. Die Sonne schien. Ein lauer
Wind bewegte zartgrüne Gräser und Blätter an Büschen, in denen noch die Kraft
des Frühsommers steckte.
    Bert fuhr durch ein Tor und
hielt hinter einer brüchigen Mauer, die ebenso brüchige Gebäude umfriedete.
Hier gab es nichts mehr, was irgendwer klauen würde/wollte. Selbst Heimwerker
auf unterster Ebene, die für jeden rostigen Draht Verwendung hatten, sahen sich
hier nicht mehr um.
    Der zweite Wagen parkte
versteckt in einem Winkel: ein dunkler VW, das Modell für sportliche
Aufsteiger.
    Hajo beugte sich vor. Irma
wollte sich umwenden. Aber die Pistolenmündung berührte ihren Nacken.
    „Deine Adresse, Schätzchen! Wo
wohnst du? Wir interessieren uns nämlich für das viele Geld unter deinem
Kopfkissen. Kapiert?“
    „Ihr... Dreckskerle!“
    Sie sagte es mit Inbrunst. Es
klang echt.
    Beide lachten.
    „Zier dich nicht!“, sagte Bert.
„Wir sind nämlich keine Kavaliere. Wir können saugrob werden.“
    Na, also!, dachte Irma. Meine
Falle funktioniert.
    Sie stiegen in den VW. Eine
halbe Stunde später erreichten sie Irmas Adresse im Stadtteil Riederberg: eine
stille Wohnstraße ohne Geschäfte. Kleine Häuser, kleine Gärten. Es gab
schmiedeeiserne Zäune und die Fahrbahn wurde nur auf einer Seite von einem
Gehsteig begleitet.
    Irma wohnte in einem Neubau.
Das Haus hatte drei Etagen-Wohnungen. Die beiden oberen waren noch nicht
vermietet. Irma schloss ihre Parterre-Wohnung auf. Alles roch nach frischer
Farbe. Zu Irmas alten Möbeln waren etliche neue hinzu gekommen — wie das so
ist, wenn man umzieht.
    Irma trat in die Diele. Hinter
ihr kam Hajo. Er hatte die Pistole weggesteckt. Hätte ja auch seltsam
ausgesehen für eventuelle Nachbarn am Fenster: Zwei wenig anheimelnde Typen —
davon einer mit ‘ner silbrigen Pistole in der Hand. Wozu auch? Die beiden
Ganoven hatten Irma fest im Griff. Zumindest glaubten sie das.
    Bert kam als Letzter. Er zog
die Tür hinter sich zu.
    Im Wohnraum legte Irma ihre
Handtasche auf die Couch.
    „Also?“ Hajos Grinsen war
kälter als eine Winternacht im Hochgebirge. „Wo ist die Knete? Her damit!“

    „Unterm Kopfkissen habe ich das
Geld natürlich nicht.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. „Das ist nur eine
Redensart. Ich hab’s versteckt. Und zwar hier.“ Sie deutete zur Schrankwand.
Die hatte etliche Fächer mit Klapptüren, auch offne — in denen standen Bücher,
aneinander gepresst, dass kein Blatt Papier mehr dazwischen passte.
    Hinter den gesammelten Werken
von Altmeister Goethe lag Irmas zweite Waffe: eine Lady-Pistole italienischer
Bauart. Kleinkaliber, also nichts, worüber sich ein Wasserbüffel, ein
Nilkrokodil oder ein sibirischer Tiger aufgeregt hätte. Immerhin — es war eine
Waffe. Mit ihr konnte Irma drohen — und notfalls die beiden auch kampfunfähig
schießen.
    Sie trat zur Schrankwand.
    In diesem Moment
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher