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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet
Autoren: Stefan Wolf
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Messertyp war,
der Kalensky hatte umbringen wollen. Und sie war nicht nur irgendwer, sondern
eine Polizistin, die man mit Waffengewalt entführt hatte.
    Sie können mich nicht
freilassen, dachte Irma. Nie mehr.
     
    *
     
    Der Streifenwagen vor Kommissar
Glockners BMW fuhr mit Blaulicht und Sirene. Das fegte zwar die spät
nachmittäglichen Straßen nicht frei, doch die meisten motorisierten
Verkehrsteilnehmer hielten an, machten Platz, rückten zur Seite.
    Nur die Blinden und Tauben,
dachte Tim, fahren weiter als wäre nichts. Nicht viele, aber doch einige. Das
sind die über Neunzigjährigen, die eigentlich den Führerschein abgeben sollten
— besonders, wenn sie auf ‘ner Harley Davidson sitzen — und die Sturen, die von
der Polizei nichts halten. Egal, wir kommen voran. Aber zu spät kommen wir auf
jeden Fall. Denn die beiden Pistoleros sind ja nicht blöd.
    Glockners Gesicht war zur Maske
verhärtet. Er hatte wortlos genickt, als TKKG ihn ums Dabeisein bedrängten.
Jetzt quetschten sich Tim und seine Freunde in den Fond und es war schon ein
Glück, dass Gabys Hund Oskar nicht mit war. Er hätte kaum Platz gehabt.
    Vorn, neben Gabys Vater, saß
Christopher Spechthammer, Spechti genannt. Er war Kripo-Assistent, 28 Jahre alt
und kam frisch von der Uni, wo er anfangs Meeresbiologie studiert hatte, dann
Astronomie. Für eine Karriere bei der Kripo erwies sich beides als nicht sehr
hilfreich. Aber er war ein netter Kerl, intelligent und anstellig. TKKG hatten
einen guten Draht zu ihm — und er war, wie alle Kripo-Assis im Präsidium,
hingerissen von Gaby, hielt aber seine Begeisterung im Zaum. Tim wusste von
seiner heimlichen Leidenschaft, die darin bestand, sich Deutschlands schönsten
Fitness-Body anzutrainieren. Dafür schwitzte Spechti in seiner Freizeit im Gym,
ernährte sich nach Plan und träumte von einem Nebenjob als männliches Model.
Seine Freundin hieß Trauthilde und liebte — wie sie Gaby erzählt hatte — vor
allem seinen Charakter und seine schmelzige Stimme. Von dem Irrsinn im
Fitness-Studio hielt sie nichts. Sie war vollschlank und eher klein, Spechti
dagegen maß 192 Zentimeter bei einem Gewicht von nur 76 Kilo. Er strebte 90
Kilo an. Muskelmasse, natürlich. Erreichen, dachte Tim, wird er das nie. Ist
nicht der Typ. Aber er hat seinen Traum.
    „Eine gefährliche Zeugin“,
sagte Glockner in diesem Moment. „Irma ist eine gefährliche Zeugin.“
    „Durch meine Schuld“ sagte
Gaby. „Wahrscheinlich hat mein Gerede sie verraten. Aber das konnte ich nicht
wissen. Und eine gefährliche Zeugin bin ich ja auch, wie ihr alle meint.“
    Der Kommissar nickte der Windschutzscheibe
zu. „Das meinen wir, Gaby. Aber eine gefährliche Zeugin bist du nur für den
Messertyp. Die Pistoleros sind Profis. Im Fluchtwagen — einem Renault, der
vermutlich gestohlen ist — konnten sie die Masken nicht aufbehalten. Nicht auf
den Straßen rund um den Tatort, die Bank. Also kennt Irma nun ihre Gesichter.“
Er atmete tief. „Hoffentlich tun sie ihr nichts an.“
    „Mord an einer Polizistin — so
dumm sind Profis nicht“, sagte Spechti mit seiner schmelzigen Stimme. „In
meinem Profiler-Lehrgang habe ich gelernt, mich in den oder die Täter hinein zu
denken.“ Das war an die Adresse von TKKG gerichtet und er drehte auch gleich
den Kopf über die Schulter. „Wisst ihr, was ich meine?“

    „Ein Profiler ist ein Bul...
ein Polizist“, erwiderte Gaby, „der von einem gesuchten Täter ein
psychologisches Profil erstellt — damit man besser nach ihm fahnden kann.
Meistens nützt es nichts. Und erklärt hast du uns das schon dreimal.“
    „Hm.“ Spechti strich sich an
beiden Schläfen entlang, wo sein eleganter Kurzhaarschnitt endete. „Trotzdem
versetze ich mich mal in die Pistoleros. An ihrer Stelle würde ich Irma
mitnehmen, kalt stellen und damit Zeit gewinnen, erst mal. Dann können sie was
für ihre Sicherheit tun — und Irma später freilassen.“
    „Was sollen sie für ihre
Sicherheit tun?“, fragte Tim. „Sich ihre Gesichter operativ verändern lassen?
Sich mit neuen Pässen ausrüsten? Sich in ein fernes Land absetzen, wo
Straftäter nicht ausgeliefert werden? Ist zwar alles möglich, aber doch sehr
theoretisch. Womit ich kein Unglück herbei reden will.“
    „Gleich wissen wir mehr“,
erwiderte Gabys Vater. „Etwas mehr.“
    Der Streifenwagen hatte
Blaulicht und Sirene abgestellt und rollte durch die menschenleere
Kleinkiesel-Straße im Stadtteil Riederberg. TKKG kannten Irmas Adresse,
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