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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet
Autoren: Stefan Wolf
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zarte Frau vor sich her — durchs Portal und
die wenigen Stufen hinunter. Der Zweite — ebenfalls maskiert und beschleppt mit
einem Leinenbeutel voller Geld — folgte ihnen. Er ging rückwärts, sicherte ab
nach hinten, fuchtelte mit seiner Pistole.
    Der Bankraub war gelaufen,
rasend schnell. Den Angestellten hatte es den Atem verschlagen. Auch Irma
Heinze, der Kripo-Kommissarin. Sie wurde zur Geisel, ehe sie sich versah, war’s
noch: Das Druckmittel, mit dem die Pistoleros alles lenkten.
    Ich glaub’s nicht, dachte Irma.
Ausgerechnet ich! Diese Blamage! Das gefundene Fressen für die Presse. Ich seh
schon die Schlagzeile: Kommissarin am Bankraub beteiligt — als Geisel.
    Irma hatte keine Chance gehabt
zu irgendeiner Reaktion. Sie hatte eine Überweisung am Schalter machen wollen —
da waren die beiden Verbrecher schon hinter ihr gewesen.
    Es ging auf 16 Uhr. Sommerzeit.
Die Juni-Sonne stand immer noch hoch. In der Bank betätigte jemand die
Alarmanlage. Die Sirene heulte los.
    Irma sah den Streifenwagen
sofort. Er hielt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Fahrer saß noch
am Lenkrad. Sein Kollege war ausgestiegen, hatte die Waffe gezogen und stützte
beide Arme aufs Autodach. Er zielte herüber.
    Verdammt! Mach keinen Unsinn,
Kollege!, dachte Irma. Sie kannte die beiden nicht, und auch die sahen sie
sicherlich zum ersten Mal.
    „Weg mit der Waffe!“, brüllte
der zweite Bankräuber, der wie eine Stahlfeder gebaut war.
    Er stand in dritter Position —
hinter Irma, dem Schutzschild, und seinem Komplizen.

    Dicht an Irmas linkem Ohr
brüllte der andere: „Sonst habt ihr die Frau auf dem Gewissen. Ich mache sie
alle. Leg die Pistole auf den Wagen. Los!“
    Der Polizist gehorchte. Auf dem
Wagendach wirkte seine Dienstwaffe sehr klein und unpassend. Der Mann trat
einen Schritt zurück und wusste offensichtlich nicht, was zu tun sei — außer
Nichtstun.
    Der Fahrer am Lenkrad hatte
beide Hände erhoben — in Gesichtshöhe, damit die Pistoleros sahen, dass er
nichts vorhatte.
    Irma stolperte. Butterweich die
Knie. Cool bleiben!, befahl sie sich. Nerven behalten!
    Der Fluchtwagen, ein Renault,
parkte wenige Schritte entfernt. Der Motor lief.
    Stahlfeder riss die rechte
Vordertür auf. Der andere — der wuchtiger gebaut war, aber schlank — stieß Irma
hinein. Stahlfeder glitt in den Fond und übernahm die Bedrohung, hielt Irma
seine Waffe an die Schläfe.
    „Wir haben die Geisel“, brüllte
der Wuchtige über die Straße, als gäbe es da irgendwelche Zweifel. „Wir nehmen
sie mit. Keine Verfolgung! Sonst ist die Frau tot.“
    Er lief um den Wagen herum,
stieg ein und fuhr los.
    Irmas rechte Hand schob sich
zur Schultertasche. Sie war bauchig, eher groß und eigentlich nicht mehr
modern. Aber Irma liebte diese Tasche wegen ihrer praktischen Möglichkeiten.
    Die Dienstwaffe ziehen?
Unmöglich. Stahlfeder wäre schneller gewesen. Er konnte zwar nicht sehen, was
ihre rechte Hand tat. Aber er war hellwach, nervös und drückte die
Pistolenmündung immer noch gegen ihre Schläfe. Es tat weh. Und wie leicht löst
sich unbeabsichtigt ein Schuss!
    Irma bewegte sich kaum, während
der Wagen stadtauswärts raste. Zwei Finger zogen die schmale Brieftasche
hervor. Irma schob sie in den Spalt zwischen Sitz und Chassis.
    „Mann, Bert!“, keuchte
Stahlfeder. „Das war knapp. Ohne die Hübsche hätten wir jetzt ein Feuergefecht
mit den Bullen.“
    „Kannst dich ja bei ihr
bedanken!“, knurrte der Wuchtige.
    „Danke, Puppe, dass du uns so
wunderbar beschützt hast — vor der bösen Polizei.“ Stahlfeder lachte. „Bert,
wir müssen die Masken abnehmen. Die Leute drehen sich nach uns um.“
    „Ungern vor der Hübschen.
Aber...“
    Er sprach nicht weiter. Ein
Streifenwagen kam ihnen entgegen, gemächlich. Er war noch jenseits der
Kreuzung. Und die beiden Beamten hatten offenbar noch keine Sprechfunk-Meldung
erhalten vom Banküberfall, wussten also nichts von einem grauen Renault mit
drei Insassen und dem Kennzeichen...
    Bert Zierhaus fuhr weiter in
vorschriftsmäßigem Tempo. Das war die einzige Möglichkeit, denn Abbiegen ging
nicht mehr. Er und Hajo Kerber hatten sich die Strumpfmasken vom Kopf gerissen,
rechtzeitig.
    Irma fühlte den Druck von
Stahlfeders Waffe an ihrer Hüfte.
    „Ganz ruhig, Puppe! Wenn hier
geschossen wird — dich trifft die erste Kugel.“
    Sie fuhren am Streifenwagen
vorbei. Die Beamten blickten nach vorn. Der Fahrer trug Sonnenbrille, der
andere wirkte schläfrig. Irma schielte
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