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Die Gebeine von Zora

Die Gebeine von Zora

Titel: Die Gebeine von Zora
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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I.
Der Damm
     
    Die Hufe der vier Ayas trommelten über das Pflaster des Dammes, der über den großen Koloft-Sumpf auf Krishna führte. Die vordersten zwei der hornbewehrten sechsbeinigen Reittiere trugen je einen Erdenmenschen; die anderen zwei, mit den vorderen durch Stricke verbunden, waren mit in Segeltuch eingeschlagenem Gerät bepackt.
    Der jüngere der beiden Reiter, der hagere karottenköpfige Fergus Reith, spähte vom Rücken seines fuchsroten Reittiers argwöhnisch in die üppig wuchernde, in allen Farben des Regenbogens leuchtende Vegetation, die zu beiden Seiten den Dammweg säumte. Plötzlich schwirrte ihm ein Pfeil dicht am Kopf vorbei.
    »Doktor Marot!« brüllte Reith und riss sein Schwert aus der Scheide. »Reiten Sie, was das Zeug hält! Byant-hao!«
    Ein Schwarm nackter, behaarter, geschwänzter Krishnaner brach aus dem buntschillernden Unterholz zu beiden Seiten des Dammes hervor. Sie schwangen steinerne Äxte; ein paar auch Stahlschwerter und Äxte mit Stahlschneiden, die sie durch Handel oder Diebstahl erworben hatten.
    Weitere Pfeile kamen herangeschwirrt; einer traf den Aya, der von dem anderen Terraner an einem Strick geführt wurde. Das Tier bockte und zerrte an seinem Strick. Der Reiter des kastanienbraunen Ayas, ein großer schwarzhaariger Mann mittleren Alters mit einer Neigung zur Fettleibigkeit, stemmte sich in seine Steigbügel und versuchte, seinen bockenden Pack-Aya weiterzuziehen. Aber schon war ein Koloftu heran, schwang seine rostige Klinge und hieb den Strick durch.
    Reiths Aya stob vorwärts; der Pack-Aya galoppierte hinter ihm her. Aristide Marot, der durch den Zwischenfall etwas an Boden verloren hatte, sprengte ihnen, die Hände um das Sattelhorn gekrallt, in wildem Galopp nach.
    Schreiend und armeschwenkend stürmten geschwänzte Krishnaner vor Reith auf den Dammweg, ihm den Weg zu verlegen. Sein Aya schnaubte, warf den Kopf hoch und wollte stehen bleiben. Reith stieß ihm wuchtig die Hacken in die Weichen und spornte ihn erneut zum Galopp an. Als das Tier durch die Gruppe der Geschwänzten brach, hieb Reith nach dem erstbesten Koloftu zu seiner Rechten. Der behaarte Sumpfbewohner sprang mit affenartiger Gewandtheit zurück; ein anderer, der sich nicht schnell genug hatte retten können, wälzte sich schreiend auf dem Pflaster, niedergetrampelt von den sechs wirbelnden Hufen des Aya.
    Reith drehte sich im Sattel um. Marot hatte dicht zu seinem Pack-Aya aufgeschlossen; sein eigenes Lasttier jedoch wand sich zuckend und keilend auf dem Dammweg, umringt von wilden Krishnanern, die wild darauf einhackten und zustachen. Blaugrünes Blut sprudelte aus seinen Wunden und floss über das Pflaster des Dammwegs.
    »Verdammt!« brüllte Reith. »Da geht es hin, unser Zelt und unser Kochgeschirr! Legen Sie einen Zahn zu, Doktor Marot!«
    »Einen Zahn?« keuchte Marot, der bei jedem Galoppsprung hochflog und wie ein nasser Sack auf den Rücken seines Ayas plumpste. »Ach so, eine Redewen …« Er brach ab, krallte sich an den Sattel und spornte sein Tier zu noch schärferer Gangart an.
    Die Krishnaner stürmten jetzt mit verblüffender Geschwindigkeit hinter ihnen her. Obgleich die Ayas in vollem Galopp dahinjagten, vermochten sie sich nicht entscheidend von den Verfolgern abzusetzen. Strauchelte eines der Tiere oder fiel einer der Reiter aus dem Sattel, dann war es um sie geschehen.
    Ein Speer schepperte hinter ihnen über das Pflaster. Pfeile sausten ihnen um die Ohren. Einer bohrte sich in den hölzernen Hinterzwiesel von Marots Sattel. Marot schrie auf; erst danach merkte er, dass er unverletzt geblieben war. Reith drehte sich erneut um. Mit Erleichterung registrierte er, dass sein Gefährte noch bei ihm war und dass die Krishnaner langsam aber sicher zurückfielen.
    Die beiden Reiter setzten ihren Galopp fort, bis die Verfolger zu winzigen Punkten schrumpften und schließlich außer Sichtweite waren. Reith hob den Arm und zügelte seinen schweißbedeckten Aya zum Schritt. Marot kam an seine Seite geritten. Er hatte den Pfeil aus dem Hinterzwiesel gezogen und hielt ihn hoch.
    »Eine Spitze aus geschliffenem Feuerstein«, sagte er. »Ein feines Souvenir.« Sein Englisch war flüssig und fehlerfrei, aber mit einem starken französischen Akzent. »Ein Zentimeter höher, und ich hätte den Pfeil im Fesse stecken gehabt und müsste jetzt im Stehen essen.«
    »Seien Sie froh, dass Sie ihn nicht in die Nieren gekriegt haben!« erwiderte Reith mit leicht gereiztem Unterton in der Stimme.
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