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Die Gebeine von Zora

Die Gebeine von Zora

Titel: Die Gebeine von Zora
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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aus, wenn ich ein wenig spiele?« Er hielt eine Flöte hoch.
    »Nein; spiel ruhig. Das lullt mich in Schlaf.«
    »Bien!« Marot machte es sich bequem und flötete eine melancholische Weise.
     
    Die Morgendämmerung ließ bereits den grünlichen Krishna-Himmel blasser werden, als Reith, der gerade Wache hielt, jäh hochschrak. Sein Gehör hatte ein leises Geräusch aufgefangen, das mit ziemlicher Sicherheit nicht von einem Tier herrührte. Er beugte sich zu Marot hinüber und rüttelte ihn wach.
    »Wach auf, Aristide!« flüsterte er. »Ich glaube, ich höre Koloftuma auf dem Dammweg!«
    »Hein? Que diable … Ach, du bist’s, Fergus! Was …«
    »Still! Unsere geschwänzten Freunde müssen die ganze Nacht durchmarschiert sein, um uns einzuholen. Horch mal!«
    Das Murmeln gutturaler Stimmen kam näher. Jetzt hörte Reith auch das Geräusch nackter Füße auf dem Dammweg.
    »Was sollen wir tun?« wisperte Marot.
    »Ruhig bleiben und hoffen, dass die Ayas uns nicht verraten.«
    »Ich dachte, die Koloftuma würden nachts nicht marschieren….«
    »Das dachte ich auch; ich habe mich geirrt. Jetzt kriechen wir langsam vor, bis wir den Weg überblicken können. Halt dich hinter mir!«
    Sie robbten zum Rand des Hügels. Gleich darauf kamen etwa zwanzig Koloftuma in Sicht; sie schnatterten und murmelten miteinander. Sie waren genauso bewaffnet wie die Gruppe vom Vortag, aber Reith war nicht sicher, ob es dieselben waren. Sie waren bereits auf der Höhe des Hügels.
    »Verdammt!« zischte Reith. »Jetzt sind sie zwischen uns und unserem Ziel, und in diesem verfluchten Sumpf können wir keinen Bogen um sie schlagen und sie überholen!«
    »Warum haben wir uns nicht vorher auf den Weg gemacht?«
    »Weil ich blöd bin. He, guck dir das an!«
    Er zeigte auf Marots linkes Bein. Ein Blutegel hatte seinen Kopf durch eine der Ösen in Marots Stiefel gezwängt und sich durch Zunge und Strumpf bis aufs Fleisch hindurchgenagt. Er war mittlerweile auf Tennisballgröße angeschwollen und prall mit Blut gefüllt.
    »Pouah!« ächzte Marot und fasste nach dem Parasiten.
    »Nicht abreißen!« warnte Marot. »Warte hier!«
    Vorsichtig kroch Reith zu dem jetzt fast erloschenen Feuer zurück. Er zog einen Span heraus, dessen Ende noch glühte, und kehrte damit zu Marot zurück, der dasaß und angewidert auf den Egel an seinem Bein starrte. Reith hielt den glühenden Span an den Parasiten, der sofort zu Boden fiel, wo Marot ihn zu einem blutigen Fleck zertrat.
    Die Koloftuma waren inzwischen außer Sichtweite, aber noch waren ihre Stimmen zu hören. Reith sagte: »Das beste; wir gehen zurück auf den Weg und sprengen in vollem Galopp mit viel Gebrüll und schwertschwenkend direkt auf sie zu. Ich tippe, dass wir damit noch mal durchkommen.«
    »Aber was ist, wenn eins der verdammten Viecher über einen von ihnen stolpert und hinfällt?«
    »Ziemlich unwahrscheinlich bei sechs Beinen.«
    »Aber nur einmal angenommen …«
    »Verdammt, hast du vielleicht einen besseren Vorschlag? Willst du lieber umkehren und nach Novo zurück?«
    »Nein, aber …«
    »Also, dann sattle deinen Aya!«
    Eine Viertelstunde später ließ donnerndes Hufgetrommel die Koloftuma erschrocken herum wirbeln. Angesichts der zwei wild brüllenden Terraner, die mit entblößten Klingen auf sie zu gejagt kamen, sprangen die geschwänzten Krishnaner vom Dammweg und schlugen sich entsetzt schreiend in die Büsche. Die drei Ayas galoppierten an ihnen vorüber, ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen. Diesmal machten die Koloftuma nicht einmal den Versuch, sie zu verfolgen.

 
II.
Die Zitadelle
     
    Dreckstarrend kamen Reith und sein Gefährte in Mishe an, einer großen, ausgedehnten Stadt, die von einer graubraunen Mauer umgeben war. Am Stadttor, über dem die Köpfe enthaupteter Missetäter prangten, standen zwei Wächter mit spitzen Helmen und Kettenhemden. Nachdem sie die Papiere der beiden Erdenmenschen sorgfältig überprüft hatten, winkten sie sie durch. »Wo steigen wir ab?« fragte Marot.
    »Wir gehen erst einmal in einen Gasthof, den ich kenne, und machen uns ein bisschen sauber. Später kann ich uns dann vielleicht ein Zimmer in der Zitadelle organisieren.«
    Reith führte seinen Gefährten zu dem Gasthof, der als solcher an einem krishnanischen Tierschädel über der Eingangstür zu erkennen war. Zwei Stunden später stiegen die beiden Terraner frisch gebadet, rasiert und gewandet den Pflastersteig zur Zitadelle hinan. Sie thronte, ein imposantes Zeugnis der
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