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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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kannst du dich schneller fortbewegen als durch einen Wald.«
    »Horeb ist eine Wüste.«
    »Na schön … dann eben durch Sanddünen. Es geht mir darum …«
    »Ich habe schon verstanden, um was es dir geht.«
    Rudy hieb mit der Faust gegen die Kanzelwand. Dem Schlag folgte ein unheilverkündendes Dröhnen. »Hast du das wirklich? Ich werde dich nicht allein lassen, Jeremiel. Nur darum geht es mir. Du darfst dich nicht selbst als Opfer anbieten …«
    »Ich opfere mich nicht. Und du wirst gehen! Und wenn das der letzte Befehl ist, dem du gehorchst! Du gehst nach …«
    »Ach, verdammt!« Rudy schloß die Augen und richtete das Gesicht in einer Geste der Verzweiflung zur Decke. Schweiß glänzte auf seiner olivfarbenen Haut und benetzte die Spitzen der Haare, die an seiner Stirn klebten. Vor dem Hintergrund der weißen Wand sah er wie der gepeinigte Heiland aus.
    Jeremiel ließ das Kinn auf die Brust sinken und stieß einen erschöpften Seufzer aus. »Ich werde dich rufen, wenn ich dich brauche.«
    »Sicher. Natürlich wirst du das tun. Wenn du kannst. Und was ist, wenn ich und alle deine Streitkräfte irgendwo bei Giclas oder Pitbon eingeschlossen sind und vielleicht monatelang nicht zu dir durchkommen können?«
    Jeremiel machte eine wegwerfende Handbewegung. »Dann werde ich mich so gut wie möglich durchschlagen. Es gibt immer einen Ort, an dem man sich verstecken kann. Ich werde …«
    »Du wirst was?« fragte Rudy. »Dich in irgendeiner Höhle verkriechen und zu Gott beten, daß dich niemand erkennt, wenn du herauskommen mußt, um dir Vorräte zu besorgen? Ein schnelles Schiff stehlen und Hals über Kopf zum Lysomia-System fliegen, wo du Freunde hast, und dir dann ständig Sorgen machen, die Magistraten könnten dich finden, wodurch du jedermann dort in Gefahr bringst?«
    »Ich werde mir schon etwas einfallen lassen.«
    Rudy beugte sich vor, stützte sich auf Jeremiels Armlehnen und blickte ihm direkt in die Augen. Jeremiel begegnete dieser Herausforderung mit Gleichmut. Er fühlte sich eher als Beobachter denn als Teilnehmer ihrer Auseinandersetzung. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann wurde Rudys Blick sanfter, und der Ausdruck in seinen Augen wechselte von Ärger zu ernster Besorgnis. Er richtete sich auf, ging zu einem der Fenster und schaute zu den Sternen hinaus. Kayan tauchte vor ihnen auf, eine großartige, üppig blaugrüne, mit Wolkenstreifen besetzte Welt. »Ich kämpfe auf verlorenem Posten, nicht wahr?«
    »Aber du machst das sehr gut.«
    Rudy wandte sich um und lächelte matt. Er deutete streng mit dem Finger auf Jeremiel, doch seine Stimme klang sanft, fast liebevoll. »Wenn du dich umbringen läßt, zwingst du mich, den halben Sektor in die Luft zu jagen, um den Schuldigen zu finden. Erinnere dich bitte daran, ja?«
    »Mach’ ich.«
    Für einen Augenblick schauten sich die beiden in einer Art wortloser, freundschaftlicher Kommunikation an; dann durchquerte Rudy schnell den Raum, packte Jeremiel grob am Arm und zog ihn aus dem Sitz. Er betrachtete ihn grimmig und umarmte ihn dann so fest, daß er Jeremiel dabei die Luft aus den Lungen preßte.
    »Nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst, um dich selbst zu heilen. Dann ruf mich, und ich werde angestürmt kommen.«
    Jeremiel drückte den Freund an sich. »Nur ein paar Monate, Rudy. Mehr brauche ich nicht.«

 
KAPITEL
1
     
     
    Die Apartmenthäuser standen leer. Ihre Türen schwangen im heißen Wind, der durch die schmutzigen Straßen fegte. Verlassene Besitztümer wachten halb verborgen hinter den leeren Fensterrahmen. Wer wollte, konnte sie an sich nehmen, denn die Besitzer waren schon lange verschwunden. Dieser abgelegene Teil der Hauptstadt von Seir lag in Trümmern. Schwarze Rauchwolken stiegen zum stillen blauen Himmel empor.
    Rachel Eloel lief die Izhar Street entlang und umklammerte dabei fest die Hand ihrer achtjährigen Tochter. Das lange schwarze Haar wehte hinter ihr her.
    »Mommy, ich habe Angst.«
    »Weine nicht, Sybil«, flüsterte Rachel mit zitternder Stimme. »Um Gottes willen, bitte, weine nicht.«
    »Sind sie hinter uns her? Diese bösen Männer?«
    »Ja, Liebes. Du mußt ganz still sein.«
    Hin und wieder tauchte die Sonne zwischen den Dächern ausgebrannter Häuser auf und erhellte ihren Weg mit einer falschen Pracht, die keine Hoffnung versprach. Alte, von verdorrtem Gras bedeckte Vorgärten führten zu Häusern, in denen einst Freunde gelebt hatten. Rachel kannte die Namen so gut, daß sie sie unbewußt flüsterte, als sie
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