Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
umspielte seine Lippen. Er war mehr als sechs Fuß groß und hatte blondes Haar und müde blaue Augen. Seine grüne, die Figur betonende Uniform war mit rötlichen Flecken gesprenkelt.
    »Sieh an, sieh an. Du bist nicht gerade das, was ich erwartet habe.« Er wandte sich ab und rief über die Schulter: »He, Charlie, komm her und schau dir an, was ich gefunden habe.«
    Rachel versteifte ihre zitternden Knie und zwang sich zu einer aufrechten und trotzigen Haltung, als ein stämmiger Sergeant mit dunklem Haar und Knollennase um die Ecke bog und wie angewurzelt stehenblieb. »Heiliger Vater! Das ist sie, nicht wahr?«
    »Teufel, ja«, erwiderte der Blonde, »ich denke schon. Du bist Eloel, stimmt’s?«
    Sie wappnete sich innerlich. Hatte der Mashiah die Männer hinter ihr hergeschickt? Wußte er, daß sie dem Holocaust im Tempel entkommen war?
    »Nein«, sagte sie.
    »Rede keinen Unfug. Ich kenne dich von den Fotos.« Der Marine berührte den Abzugshahn des Gewehrs.
    Rachel preßte ihre zitternden Kiefer zusammen. Sie besaßen Fotos? Dabei war doch die Rebellenpartei stets so vorsichtig gewesen. Hinter sich hörte sie Sybil schwach, kaum vernehmbar wehklagen. Panik durchflutete sie. Sie hatte miterlebt, was die Marines den Kindern der Alten Gläubigen antaten. Mit eigenen Augen hatte sie gesehen, wie ihre kleinen Körper in violetten Blitzen explodierten.
    »Schaut mal!« rief Rachel und machte ein paar Schritte vorwärts. »Ich weiß nicht, für wen ihr mich haltet, aber ich bin eine getreue Anhängerin des Mashiah. Was denkt ihr euch dabei, unschuldige Bürger zu jagen?«
    »Wenn du so unschuldig bist, warum versteckst du dich dann in dieser dreckigen Gasse?« fragte der Sergeant und warf einen Blick auf den sechs Fuß hoch aufgetürmten Müll.
    »Was würdet ihr denn tun, wenn fünfzig Männer mit Gewehren hinter euch her wären? Stehenbleiben, damit sie euch als Zielscheibe für ihre Schießübungen benutzen können?«
    Die beiden Männer starrten sie eine Weile an und dachten über ihre Geschichte nach, doch sie wußte, daß sie einen Fehler begangen hatte. Sie wußte das genauso sicher, wie sie wußte, daß Shadrachs noch warmer Körper tot im zerstörten Tempel lag. Auch wenn sie seine Ermordung nicht gesehen hatte, so hatte sie doch schwache Schreie vernommen, bevor sie sich Sybil schnappte, um wegzulaufen. Es war seine Stimme gewesen, ein heiseres Widerhallen, das sie für den Rest ihres Lebens verfolgen würde. Sie hatte eine schreckliche Wahl getroffen und das Leben ihres Kindes über das ihres Mannes gestellt. Warum war sie nicht zurückgegangen, um nachzuschauen? Vielleicht war er … Aber nein, sie durfte sich nicht erlauben, so etwas zu denken.
    »He, Charlie«, flüsterte der Blonde und leckte sich gierig über die Lippen, »gönnen wir uns doch ein bißchen Spaß, bevor wir sie einliefern, hm? Nur fünfzehn Minuten Vergnügen.«
    »Sei kein Idiot. Der Mashiah würde dich in Stücke schneiden.«
    »Verdammt, Charlie, er würde es doch gar nicht erfahren. Niemand wird es je herausfinden. Jedenfalls nicht, wenn du nichts verrätst …«
    »Verdammt noch mal, Joe, halt die Klappe! Ich bin kein Denunziant.«
    Die beiden Männer dämpften ihre Stimmen zu einem Flüstern. Rachel strengte sich an, sie zu verstehen. Versuchte dieser Charlie dem anderen die Sache auszureden? Irgend etwas an diesem leisen Austausch von Worten ließ Rachels Kehle eng werden. Angst stieg wie eine eiskalte, sich ausdehnende Blase in ihr empor und drohte, sie zu ersticken.
    »Wir müssen sie töten, wenn wir …«
    In dem langen Moment des Wartens, der folgte, betrachtete Rachel einen Strahl rotbraunen Lichts, der rechts neben ihr über die grauen Steine kroch. Zur Mittagszeit lohte die Sonne von Horeb wie Feuer. Fast ebenso langsam rückte Rachel zur Seite. Sie wünschte sich verzweifelt, dafür sorgen zu könne, daß ihre Tochter nicht mit ansehen mußte, was hier gleich geschehen würde. Still betete sie. Laß es sie nicht sehen, Gott. Bitte, ich tue auch alles, was du willst!
    Der Blonde lächelte, schielte zu Rachel hinüber und trat ein paar Schritte vor. »Komm her, meine Hübsche. Mach jetzt keine Schwierigkeiten. Ich brauche nicht lange. Und ich werde bösartig, wenn Frauen mir Ärger machen.«
    »Ich … ich werde keinen Ärger machen.«
    »Das ist eine gute Idee.« Er zeigte zu einem breiten Hauseingang hinüber, in dem eine dicke Matte lag. »Warum legen wir uns nicht dort drüben hin und machen es uns richtig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher