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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
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nicht. Guter Gott, willst du wirklich, daß sie mit dem ersten ihr bekannten Mann, der weder mittleren Alters noch auch ein Jüngling ist, den sie seit ihrer Schulzeit kennt, in die Ehe rennt? Mit siebzehn!«
    »Ich habe ihr gesagt, sie sei zu jung, um von einer dauernden Neigung ihrerseits zu reden«, antwortete Selina, wieder in die Verteidigung gedrängt. »Ja, und ich sagte auch, ihr Onkel würde es nie dulden. Sie müsse es sich aus dem Kopf schlagen.«
    Das freilich verbannte augenblicklich jede heimliche Lachlust Abbys. Sie rief aus: »Nein! Das hast du ihr gesagt? O Selina, wenn du bloß das nicht getan hättest!«
    »Das nicht getan?« wiederholte Selina, und Stimme wie Gesicht verrieten ihre Verwirrung. »Aber du hast doch gerade gesagt…«
    »Ja, ja, aber siehst du denn nicht – « fiel Abby ein, brach jedoch mitten im Satz ab, als sie erkannte, wie töricht es gewesen wäre, von Selina das zu erwarten, was ihrem eigenen Verstand so klar war. Etwas sanfter fuhr sie fort: »Ich fürchte, sie wird die Haare aufgestellt haben – es hat die Unabhängigkeit ihres Geistes geweckt, die du so oft beklagst. Ja, ich weiß, du glaubst, sie sollte sich sanftmütig den Anordnungen ihres Vormundes beugen. Aber erinnere dich, daß sie nicht so wie wir dazu erzogen wurde, den unbedeutendsten Ausspruch eines Elternteils – oder einer Tante! – so zu betrachten, als sei es ein Sakrileg, ihn in Frage zu ziehen, und einfach undenkbar, ihm nicht zu gehorchen.«
    Selina erwiderte empört: »Also, ich muß schon sagen, Abby, ausgerechnet du sagst so etwas, die du nie auch nur den geringsten Respekt für Papas Urteil an den Tag gelegt hast -! Und wenn ich daran denke, wie oft ihr einander in die Haare geraten seid und die liebe Mama und mich in Todesqualen der Angst versetzt habt – also! Liebste«, fügte sie hastig hinzu, »nicht, daß ich damit sagen will, daß du Papa wirklich je ungehorsam gewesen wärst. Denn das warst du keineswegs!«
    »Nein«, stimmte ihr Abby gedämpft zu. »Ein recht armseliges Ding war ich, nicht?«
    Der traurige Ton erschreckte Miss Wendover, aber gleich darauf machte sie sich klar, daß er aus Ermüdung, verstärkt durch Besorgnis, kam. Es war ihre Pflicht, die arme Abby abzulenken. Mit dieser liebenswürdigen Absicht sagte sie ihr zunächst mit einem milden Auflachen, sie sei ein schlimmes Kätzchen, und erging sich dann in einem Bericht über die verschiedenen Ereignisse, die in letzter Zeit in Bath vorgefallen waren. Ihr weitschweifiges Geplauder umfaßte Themen wie das, was ihr neuer Arzt ihr über russische Dampfbäder erzählt hatte; wie sehnsüchtig die liebe Mrs. Grayshott die Rückkehr ihres Sohns aus Indien erwarte – falls der arme junge Mann die Reise überleben würde, so krank, wie er in dem gräßlichen Land geworden war; wie sehr sie der armen Laura Butterbank verpflichtet war, die keine Mühe gescheut hatte, sie während Abbys Abwesenheit aufzuheitern und zu stützen und täglich bei ihr gesessen war, und immer so voll Schwatz und umgänglich, abgesehen davon, wie begeistert sie war, jede kleine Besorgung in der Stadt auszuführen. Aber hier unterbrach sie sich und beschuldigte die Schwester, keinem Wort zuzuhören, das sie sagte.
    Abby hatte tatsächlich das sanfte Geplätscher des leeren Geschwätzes an sich vorbeifließen lassen, bei diesem Vorwurf rief sie jedoch ihre Gedanken zur Ordnung und sagte: »Doch, doch, ich höre zu. Mrs. Grayshott – Miss Butterbank. Ich freue mich, daß sie dir während meiner Abwesenheit Gesellschaft geleistet hat – da Fanny es anscheinend nicht tat!«
    »Heiliger Himmel, Abby, wie du etwas auffaßt! Kein Mensch hätte aufmerksamer sein können als dieses süße Kind! Aber da so viel von ihrer Zeit von ihrem Musikunterricht in Anspruch genommen wird und den Italienisch-Stunden, und da doch außerdem so viele ihrer Freundinnen hier leben, die sie ständig einladen, auf einen Spaziergang in die Umgebung oder zu einem Picknick – wirklich völlig einwandfrei! –, bin ich überzeugt, daß es nicht zu verwundern ist – ich meine, da Laura mir täglich das Vergnügen ihrer Gesellschaft gönnte, gab es keinen Grund, warum Fanny hätte daheim bleiben sollen. Es wäre wirklich sehr egoistisch von mir gewesen, es von ihr zu verlangen. Ja, und es wäre höchst unnatürlich, wenn sie nicht gern mit Mädchen ihres Alters beisammen wäre.«
    »Stimmt. Oder selbst mit dem faszinierenden Calverleigh!«
    »Also, Abby -!«
    »Aber sicher wäre es
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