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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
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solange sie sich nicht völlig ausgeruht habe, und ihr sofort alles über die liebe Jane und die liebe Mary und das süße Neugeborene der lieben Jane zu erzählen.
    Zwischen den Schwestern lag ein Altersunterschied von sechzehn Jahren, denn Selina war das älteste und Abby das jüngste Mitglied einer zahlreichen Kinderschar. Drei ihrer Geschwister waren im zarten Säuglingsalter gestorben, und der älteste Bruder wurde dahingerafft, als sein einziges Kind, Fanny, kaum aus der Gehschule war. Zwischen Selina, die über Vierzig, und Abigail, die mit bloßen achtundzwanzig Jahren behaftet war, standen im Alter jetzt nur James, Mary und Jane. Bei Jane, die mit dem Besitzer ansehnlicher Ländereien im Huntingdonshire verheiratet war, hatte Abigail den Großteil der letzten sechs Wochen verbracht, nachdem sie herbeigerufen worden war, um ihrer Schwester in einigen Katastrophen beizustehen: Die Masern hatten die lieben Kleinen Janes überfallen, und zwar gerade, als Nurse sich bei einem Sturz über die Hintertreppe das Bein gebrochen hatte und Jane stündlich erwartete, Sir Francis mit einem vierten petit paquet zu beschenken. In einem Brief, der von Unterstreichungen strotzte, hatte Lady Chesham ihre liebste Abby angefleht, sofort zu ihr zu kommen und die Grimston mitzubringen, denn nichts würde sie dazu bewegen, ihre geliebten Kinder der Obhut eines fremden Frauenzimmers anzuvertrauen.
    Deshalb also war Abigail mit der Post ins Huntingdonshire gefahren, wo sie fünf Wochen lang unter mißlichen Umständen weilte. Vor ihrer Ankunft waren, wie gesagt, alle drei Kinder den Masern anheimgefallen, zwei Tage später kam ihre Schwester ins Kindbett, und ihr Schwager, der sich noch nie durch Liebenswürdigkeit ausgezeichnet hatte, litt anscheinend an der Überzeugung, diese unglückliche Verkettung von Umständen sei eigens dazu ersonnen worden, ihm das Höchstmaß an unverdienten Schwierigkeiten aufzuerlegen.
    »Du mußt ja völlig erledigt sein!« sagte Selina, als sie ihre Schwester in den Salon führte. »Und dann noch nach London fahren müssen, in all der Aufregung und dem Trubel! Mary hätte das, meiner Meinung nach, nicht von dir verlangen dürfen!«
    »Hat sie ja gar nicht! Ich habe mich selbst bei ihr eingeladen, als Belohnung dafür, daß ich mit Sir Francis nicht in Streit geraten bin. Einen mürrischeren und unangenehmeren Menschen habe ich noch nie erlebt! Jane tut mir aufrichtig leid, und ich verzeihe ihr all ihre Verdrießlichkeit. Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich war, das gutmütige Gesicht Georges wiederzusehen, als ich in der Brook Street eintraf und von ihm und Mary so herzlich aufgenommen wurde! Ich habe mich prächtig amüsiert und riesig viel eingekauft. Warte nur, bis du den Hut siehst, den ich dir mitgebracht habe: Du wirst entzückend darin aussehen! Dann habe ich Dutzende Ellen der hübschesten Musseline für Fanny gekauft, außerdem einigen Plunder für mich – aber wo ist Fanny?«
    »Sie wird sich ja so ärgern, daß sie zu deiner Begrüßung nicht da war!«
    »Unsinn, warum denn? Es ist doch Donnerstag, nicht? Ich nehme also an, daß sie beim Kotillonball ist?«
    »Ich dachte, dagegen sei nichts einzuwenden«, sagte Selina, etwas in Verteidigungsstellung. »Lady Weaversham hat sie zum Abendessen und nachher in ihrer Gesellschaft in die Upper Rooms eingeladen. Ich habe zugestimmt, da ich nicht erwartete, daß du schon heute wieder daheim sein würdest.«
    »Aber natürlich!« sagte Abby. »Es wäre von Fanny sehr unhöflich gewesen, abzusagen!«
    »Eben!« erwiderte Selina eifrig. »Noch dazu mit Lady Weaversham – einer so liebenswürdigen Frau, wie du sicher zugeben wirst. Überdies hat sie zwei Töchter, und daher ist es besonders freundlich von ihr, Fanny einzuladen! Denn es ist nicht zu leugnen, daß unsere Liebste das hübscheste Mädchen von Bath ist.«
    »Oh, außer Frage! Was Lady Weaversham betrifft, so gibt es niemand Liebenswürdigeren, aber auch Zerfahreneren. Ich wollte – nein, nichts. Ich bin sogar froh, daß sie Fanny zu dem Ball mitgenommen hat, denn ich muß mit dir über Fanny sprechen.«
    »Ja, Liebes, natürlich. Aber du bist müde und mußt dich ja nach dem Bett sehnen! Einen Teller Brühe – «
    »Nein, nein, gerade nur etwas dünnen Haferschleim!« sagte Abby und lachte sie an. »Du Gänschen, ich habe zum Abendessen in Chippenham haltgemacht, und ich bin nicht im geringsten müde. Wir trinken miteinander Tee, sowie ich meinen Hut abgelegt habe, und genießen
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