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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
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aber sie will nicht«, sagte Abby und nippte an ihrem Tee. »Wie glücklich James sein muß, daß er eine Frau hat, die genauso ein Pfennigfuchser ist wie er!«
    »Oh, Abby, wie kannst du nur! Denke doch daran, daß er dein Bruder ist!«
    »Das tue ich ohnehin, und ich habe noch nie aufgehört, es zu bedauern!« erwiderte Abby. »Jetzt zähle mir nur ja nicht die Liste seiner Tugenden auf, denn die machen ihn durchaus nicht liebenswerter – im Gegenteil. Außerdem ist er ein unverbesserlicher Wichtigtuer, und ich bin ganz böse auf ihn.«
    Selina hatte leise gluckernd protestiert, nun aber brach sie ab und fragte ziemlich scharf: »Hat James auch dir geschrieben?«
    »Mir geschrieben! Er ist doch tatsächlich persönlich nach London gekommen, um mir eine seiner schwülstigen Lektionen zu verpassen! Meine Liebe, was habt ihr hier bloß angestellt? Wer ist dieser windige Jüngling, der Fanny den Hof macht?«
    »Das stimmt nicht!« erklärte Selina und war sehr rot geworden. »Es war Liebe auf den ersten Blick – und ein junger Mann von wirklich netten Manieren! Denke nur, er lief ohne Schirm aus der Trinkhalle, um eine Sänfte für mich zu holen, und wurde triefnaß. Du weißt, wie das in Bath ist, wenn es plötzlich zu regnen anfängt, ist nie eine Sänfte oder Droschke zu haben. Ich war überzeugt, daß er sich erkältet, was sich ihm auf die Lunge geschlagen hätte, aber er fand gar nichts dabei – äußerst liebenswürdig! Und er hatte damals noch kein Wort mit Fanny gewechselt, denn sie begleitete mich nicht. Ich erinnerte mich, daß ich ihn zwei – nein, drei Tage vorher in den Upper Rooms gesehen hatte, er aber sah uns nicht, und bei dieser Gelegenheit war Fanny mit mir. Also wenn du glaubst, daß er mir die Sänfte holte, weil er mit ihr bekannt werden wollte, dann irrst du dich gewaltig, Abby! Wenn er das vorgehabt hätte, dann hätte er von Mr. King verlangt, daß er uns in den Upper Rooms vorgestellt wird. Und außerdem«, schloß sie mit der Miene eines Menschen, der einen Trumpf ausspielt: »- er ist kein Jüngling! Er dürfte meiner Meinung nach so alt wie du sein, sehr wahrscheinlich sogar älter!«
    Wider Willen mußte Abby über dieses verwirrte Gerede lachen, schüttelte jedoch gleichzeitig den Kopf und seufzte: »Oh, Selina, du Dummerchen!«
    »Ich nehme an, du beabsichtigst, mir Vorwürfe zu machen«, sagte Selina, die sehr aufrecht auf ihrem Stuhl saß, »ich habe aber nicht die leiseste Ahnung, weshalb. Fanny hatte schon vor deiner Abreise sehr viele Verehrer, und wenn ich gesagt habe, sie sei zu jung, um auf Bälle zu gehen, hast du erwidert, ich sei altmodisch, und auch, daß sie ihr Londoner Debüt viel mehr genießen wird, wenn sie schon vorher ein bißchen Gesellschaften mitgemacht hat. Das ist völlig richtig, denn es gibt nichts so – so Tödliches, als vom Schulzimmer weg losgelassen zu werden, gleichgültig, wieviel Tanzstunden und Anstandsunterricht man gehabt hat. Besonders, wenn man ein bißchen schüchtern ist – nicht, daß ich sagen will, Fanny sei schüchtern –, ja ich frage mich manchmal, ob sie nicht ein bißchen allzu – obwohl niemals ungehörig! Und wenn James dir etwas vorgeschwatzt hat, dann verlaß dich darauf, daß es dieses abscheuliche Frauenzimmer war, Cornelias Busenfreundin – man kann von Cornelia nichts anderes erwarten, als daß sie sich mit einem so verleumderischen Geschöpf wie dieser Mrs. Ruscombe befreundet –, also du kannst dich darauf verlassen, daß sie es war, die ihn aufgehetzt hat. Mr. Calverleigh grüßt nämlich diese bleiche Tochter von ihr gerade nur mit der üblichen Höflichkeit, obwohl er regelrecht vorgestellt wurde und alle Ermutigung erfährt, um hinter diesem Mädchen herzulaufen!«
    »Ja, sehr wahrscheinlich!« stimmte Abby zu.
    »Also bitte sehr!« sagte Selina triumphierend.
    Darauf antwortete Abigail nicht sofort, sagte jedoch nach einer Weile: »Wenn das alles wäre – aber das ist es nicht, Selina! George ist kein Verleumder, und er sprach von Calverleigh doch mit größter Verachtung. Er hielt es für richtig, mich zu warnen, daß der junge Mann ganz und gar nicht das Richtige sei. Abgesehen davon, daß er ein Spieler ist, scheint er auch ein sogenannter stadtbekannter Mitgiftjäger zu sein. Ja, es geht das Gerücht, Fanny sei nicht die erste Erbin, um die er sich bemüht. Da hat es irgendein dummes Mädchen gegeben, das bereit war, mit ihm durchzubrennen – bitte sehr, erst im vergangenen Jahr! Zum Glück wurde der Plan
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