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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
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entdeckt und die ganze Sache vertuscht.«
    »Das glaube ich einfach nicht«, erklärte Selina, zitternd vor Empörung. »Nein, und ich staune, daß George einen solchen – solchen Klatsch aus der Dienstbotenstube wiederholt! Das ist wirklich nicht das Wahre. Ich halte Calverleigh für einen Herrn, ersten Ranges noch dazu, und das ist auch die Meinung aller übrigen in Bath.«
    »Oh, Selina, welch eine Übertreibung! Du weißt sehr gut, daß Lady Trevisian ihn nicht sehr schätzt. Ja, sie erzählte Mary, sie habe dich, knapp bevor sie Bath verließ, aufmerksam gemacht, du solltest klug sein und Calverleigh abwinken. So hat ja George überhaupt erst von der Sache erfahren.«
    Sehr aufgebracht sagte Selina: »Ich staune, daß ihr nichts Besseres eingefallen ist, als in ganz London herumzuklatschen! Und außerdem aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, wie ich sehr bald entdeckte – nicht, daß ich sagen will, daß es von Fanny nicht sehr unrecht war. Ich versichere dir, ich habe es ihr auch gesagt! Und alles nur, weil sie sah, wie Fanny mit ihm in den Sydney Gardens spazierenging, ganz zufällig – ihn getroffen hat, will ich sagen. Betty war natürlich dabei – zumindest, da war sie noch dabei. Ich habe also Fanny streng ausgescholten und ihr gesagt, wie gräßlich es wäre, wenn die Leute sie für locker hielten. Ja, und ich sagte, ich sei erstaunt über Mr. Calverleigh. Das erzählte sie ihm vermutlich, denn er hat mir sofort am nächsten Tag einen Morgenbesuch gemacht, um sich zu entschuldigen und mir zu erklären, er sei zum erstenmal in Bath, deshalb habe er nicht gewußt, daß es sich für ein junges Mädchen von Stand nicht schicke, in den Anlagen – vom Irrgarten nicht zu reden – ohne die Spur einer Anstandsdame spazierenzugehen, nicht einmal mit ihrer Zofe. Denn Fanny hatte Betty heimgeschickt, was sehr schlimm von ihr war – höchst gedankenlos. Nur ist sie eben noch so ein Kind, daß ich überzeugt bin, sie hatte keine Ahnung – und ich versichere dir, er hat genau das Gefühl dafür, was sich gehört!«
    »Wirklich?« sagte die jüngere Miss Wendover ziemlich trocken. »Nun, du wirst wohl nicht annehmen, daß ich aus einer Mücke einen Elefanten machen will! Aber es ist nun einmal so, Selina, daß Calverleigh, so einnehmend er auch sein mag, für Fanny nicht der Richtige ist. Wenn auch George, der viel zu gutmütig ist, um über Leute zu schimpfen, bloß weil er sie nicht mag, ihn einen lockeren Vogel nennt, was vermutlich einen Wüstling bedeutet – «
    »Abby! Oh, nicht doch!« rief Selina verletzt aus.
    »Na ja, irgend etwas höchst Unerwünschtes muß wohl an ihm sein, wenn James in denkbar größter Aufregung mit der Post nach London rast!«
    »Ja, weil er will, daß die arme Fanny eine glänzende Partie macht. Ich weiß doch hoffentlich meinen Bruder zu schätzen, wie das meine Pflicht ist, aber ich muß schon sagen, daß er meiner Meinung nach diesbezüglich einen Vogel im Hirn hat!«
    »Es war mehr als das«, sagte Abby langsam, und auf ihrer Stirn stand eine Falte. »Er schien mir fast überwältigt zu sein. Ja, er konnte den Namen nicht ohne Schaudern aussprechen. Ich hätte ja lachen mögen, wenn er mich nicht so erzürnt hätte. Denn als ich ihn fragte, warum er eigentlich Calverleigh so heftig verabscheut – was mußte er tun, als den Mund affektiert zu verziehen und zu sagen, das sei nichts für meine Ohren. Ich müsse mich damit zufriedengeben, mich an sein Urteil zu halten, und falls ich die Sache nicht im Keim erstickte, würde nichts übrigbleiben, als Fanny aus unserer Obhut zu entfernen.«
    »Was?« keuchte Selina.
    »Sei nur ja nicht gleich verzweifelt, mein Liebes!« sagte Abby lächelnd. »Er kann ja davon reden, Fanny in sein Haus – oder eigentlich Fannys Haus – zu übersiedeln, aber ich stelle mir vor, daß er dabei auf allerhand heftigen Widerstand bei Cornelia stoßen würde. Sollte er sich darin ihr gegenüber behaupten, dann wäre das bestimmt zum erstenmal in seinem Leben!«
    »Das wäre das denkbar Grausamste. Fanny wäre elend daran!« brachte Selina stammelnd heraus.
    »Oh, sie würde davonlaufen!« antwortete Abby heiter. »Das habe ich ihm gesagt, was ihm Gelegenheit bot, ihre Erziehung zu beklagen. Aber bevor wir uns wirklich in die Haare gerieten – «
    »Das darfst du nicht! O Himmel, Himmel, wie oft hat dich die liebe Mama gebeten, nicht so – so ungestüm zu sein!«
    »Nein, natürlich sollte ich es nicht sein, aber es ist ja nichts passiert, denn
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