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Die galante Entführung

Die galante Entführung

Titel: Die galante Entführung
Autoren: Georgette Heyer
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einen so traurigen Ruf! Das hat er mir selbst gesagt! Aber ich kümmere mich keinen Deut darum, denn wenn er sich auch schon oft eingebildet hat, daß er verliebt sei, hat er doch nie den Wunsch verspürt, zu heiraten, bis er mich kennenlernte! Und wenn Onkel James sagt, er sei ein bißchen vergnügungssüchtig, dann hätte er sich den Atem sparen können, denn auch das hat mir Stacy erzählt. Er sagte – oh, Abby, er sagte, er sei nicht wert, meine Hand zu berühren, und niemand könne meinem Onkel einen Vorwurf daraus machen, wenn er es ablehne, unserer Heirat zuzustimmen!«
    Noch einmal verbarg sie ihr Gesicht in Abbys Schoß, hob es dann wieder und fügte hinzu: »Also verstehst du doch -!«
    Abby war der Meinung, daß sie sehr wohl verstand, sagte jedoch nur, als sie den goldenen Schopf an ihrem Knie streichelte: »Aber was ist denn an der ganzen Geschichte dran, daß du dich so aufregst? Man würde meinen, daß dein Onkel seine Zustimmung bereits verweigert und noch dazu euch beiden gräßliche Strafen angedroht habe!«
    »Oh!« hauchte Fanny und blickte eifrig zu ihr auf. »Willst du damit sagen, daß du glaubst, er würde sie nicht verweigern?«
    »O nein!« sagte Abby. »Ich bin ganz sicher, daß er es tun wird! Und wenn ich auch keine hohe Meinung von seinem Urteil habe, so muß ich ihm doch zugestehen, daß er kein solcher Schwachkopf ist, die erste Bewerbung um deine Hand anzunehmen, die man ihm vorträgt. Da wäre er ja ein schöner Vormund, wenn er zuließe, daß du noch vor deiner ersten Saison in der Gesellschaft festgenagelt wirst. Ja, ich weiß, daß du die Haare sträubst, mein Liebling, und drauf und dran bist, ein Hühnchen mit mir zu rupfen, aber bitte, tu’s nicht! Dein Onkel mag ja vielleicht von einer fabelhaften Partie für dich träumen, aber du weißt, daß ich das nicht tue. Ich träume nur von einer glücklichen Ehe für dich.«
    »Ich weiß – oh, ich weiß!« erklärte Fanny. »Und deshalb wirst du mich unterstützen. Meine allerbeste Tante, sag, daß du es tun wirst!«
    »Aber natürlich, wenn du mich überzeugen kannst, daß deine erste Liebe auch deine endgültige sein wird!«
    »Aber das hab ich dir doch schon gesagt!« rief Fanny, hockte sich auf die Fersen und starrte Abby in steigender Empörung an. »Ich könnte nie mehr jemanden so lieben, wie ich Stacy liebe! Guter Gott, wie kannst du – ausgerechnet du! – so mit mir reden! Ich weiß – Tante Selina hat es mir erzählt! –, wie mein Großvater den Mann abgelehnt hat, den du geliebt hast! Und du hast nie wieder einen anderen geliebt und – und dein Leben wurde ruiniert!«
     
    »Na ja, das habe ich damals geglaubt«, gab Abby zu. Ein Lächeln zuckte in ihren Mundwinkeln. »Ich muß jedoch zugeben, daß ich, wann immer man mich an jenen ersten Freier erinnert, nur dankbar sein kann, daß ihn dein Großvater wirklich abgelehnt hat. Weißt du, Fanny, es ist eine traurige Wahrheit, daß die erste Liebe kaum jemals der endgültigen Liebe im geringsten ähnlich sieht. Die jedoch ist der Mensch, den man heiratet und mit dem man bis zum Lebensende glücklich lebt!«
    »Aber du hast doch nicht geheiratet!« murmelte Fanny rebellisch.
    »Stimmt, aber nicht deshalb, weil ich ein gebrochenes Herz in meinem Busen trage. Ich muß gestehen, daß ich mich dutzende Male verliebt und wieder entliebt habe. Und was deine Tante Mary betrifft -! Weißt du, die hat man immer für die Schönheit der Familie gehalten, und ihre Freier waren nach Dutzenden zu zählen. Der erste von ihnen war deinem Onkel George so unähnlich, wie man nur will.«
    »Ich dachte, mein Großvater habe diese Heirat arrangiert?« warf Fanny ein.
    »O nein!« antwortete Abby. »Er stimmte ihr zu, aber George war nur einer von drei passenden Bewerbern! Er war weder der schönste noch der blendendste von ihnen, und er hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit irgendeiner der ersten Lieben deiner Tante. Aber ich versichere dir, sie führen eine sehr glückliche Ehe.«
    »Ja, aber ich bin nicht so wie Tante Mary«, erwiderte Fanny. »Ich bin überzeugt, sie wäre mit jedem anderen liebenswerten Mann genauso glücklich geworden, weil sie eine glückliche Natur hat, abgesehen davon, daß sie sehr anpassungsfähig ist.« Sie zwinkerte Abby spitzbübisch zu. »Was ich jedoch durchaus nicht bin! Tante Mary ist wie ein – oh, ein köstlich weiches Kissen, das man in jede gewünschte Form zurechtpuffen kann. Aber ich – ich weiß sehr gut, was ich will, und außerdem bin ich
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