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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street
Autoren: Katherine Howe
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, fragte sie und rieb mit der freien Hand den Oberarm ihres Vaters. » Wir können Baiji mitnehmen, wenn du möchtest. «
    » Dann nichts wie los « , antwortete der Captain und ging mit gesetzten Schritten auf das Esszimmer zu. » Obwohl wir meiner Meinung nach noch nicht vollzählig sind. «
    » Ich bin mir sicher, sie sind gleich da « , sagte Sibyl.
    Sie traten vom Salon in die Diele am Fuße der Treppe. Sibyl und Lan gingen voraus, Benton dahinter. Dann geriet plötzlich über ihnen alles in Bewegung, ein Plumps, und ein wirbelndes Etwas purzelte ungebremst die Treppe hinab, schlitterte über den Teppich im Flur und kam direkt vor Bentons Beinen zum Stehen. Unsanft gebremst, rieb sich der kleine Wirbelwind über die Nase, blinzelte, öffnete, allerdings erst nach einer langen Denkpause, den Mund und fing zu brüllen an.
    » Allmächtiger, wer ist das denn? « , rief Benton überrascht aus. Er ging neben dem kreischenden Wesen auf die Knie, das sich bei näherem Hinsehen als kleiner Junge von etwa zwei Jahren entpuppte. Der Kleine hatte einen blonden Haarschopf, der wie ein Heiligenschein nach allen Seiten wild abstand, trug einen Matrosenanzug und schwarze Stiefelchen.
    » O Professor Derby, es tut mir so leid! « , stieß Dovie Whistler hervor, kam die Treppe heruntergeeilt und nahm den quengelnden Buben in die Arme. Ihr Haar war immer noch kurz geschnitten, doch sie trug ein elegantes, schmal geschneidertes Kleid aus dottergelbem Satin mit viel Spitze besetzt, und ihr Haar wurde von einem schwarzen Band gebändigt. » Er hat so viel Energie, und manchmal ist er einfach nicht zu bremsen. Stimmt’s, Lannie? «
    Der kleine Junge bestätigte seinen Übermut mit einem neuerlichen Brüllen, das Dovie besänftigte, indem sie ihn auf ihrer Hüfte platzierte.
    » Meine Herren « , sagte Benton atemlos, schaute dem kleinen Jungen ins Gesicht und sah, dass er mit seiner Vermutung vollkommen richtiglag.
    » Na, sag Hallo zu Professor Derby « , mahnte Dovie.
    Der Wirbelwind starrte Benton argwöhnisch an, eine rote Faust im Mund, und schmiegte dann das Gesicht an den Hals seiner Mutter.
    » Er ist schüchtern « , erklärte Dovie und klopfte dem immer noch weinenden Jungen auf den Rücken.
    Bentons Blick begegnete dem von Sibyl, und seine Augenbrauen schossen nach oben. Ganz langsam nickte Sibyl und lächelte verschmitzt. Sibyl beobachtete, wie Benton zu Lan Allston schaute und eine solch überbordende Freude in den Augen des alten Seebären schimmern sah, dass alle Fragen, die Benton vielleicht hatte stellen wollen, plötzlich unwichtig erschienen.
    » Ich bin mir sicher, er ist am Verhungern « , meinte Sibyl. » Und ich auch. Es gibt keinen Grund mehr zu warten, stimmt’s? «
    » Überhaupt keinen Grund « , erwiderte ihr Vater und nahm ihren Arm.

EPILOG
    Nordatlantik, auf hoher See
    14. bis 15. April 1912
    L achend lief Eulah auf sie zu, neben sich Harry, und ließ sich auf den Stuhl neben ihrer Mutter fallen. Sie war außer Atem, und ihre Wangen waren vom Tanzen gerötet. Die beiden warfen sich rasch einen Blick zu, der einiges verriet und von Helen mit Genugtuung bemerkt wurde, während Harry ohne ein Wort neben seiner Mutter Platz nahm.
    » Da seid ihr ja! « , rief Eleanor Widener aus. » Wir haben euch vollkommen aus den Augen verloren. Waren wohl einfach zu viele Leute auf der Tanzfläche. « Sie hob spöttisch eine Augenbraue in Richtung ihres Sohnes.
    » Wahrscheinlich « , sagte Harry grinsend.
    Eulah streckte den Arm über den Tisch, griff nach ihrem Wasserglas und leerte es mit wenigen Schlucken und einem genüsslichen » Aaaah « .
    » Sehr anmutig! « , rief Helen sarkastisch und betrachtete ihre Tochter, die sich mit der Speisekarte Luft zufächelte. Eulahs Wangen waren rosig, und auf ihrer Oberlippe standen ein paar Tropfen Feuchtigkeit. » Man könnte meinen, ihr habt an einem Volkstanz teilgenommen. Eulah, etwas mehr Contenance bitte. «
    Ihre Tochter wandte Helen fröhlich funkelnde Augen zu, und Helen spürte, wie sie weich wurde, was immer geschah, wenn ihre jüngste Tochter sie anlächelte.
    » Ach, komm schon, Mutter « , erwiderte sie zwinkernd. » Es gibt doch nichts Tolleres als tanzen. Solltest du vielleicht auch. «
    Helen schüttelte den Kopf und lachte. » Ach, ich weiß nicht recht « , zierte sie sich. » Tanzen ist nur was für junge Leute. Aber ich muss auch gar nicht, solange ich dir dabei zuschauen kann. Amüsierst du dich denn gut, mein Liebes? «
    » O ja! « , rief Eulah. Sie
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