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Die Frauen von der Beacon Street

Die Frauen von der Beacon Street

Titel: Die Frauen von der Beacon Street
Autoren: Katherine Howe
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sehr freuen, wenn Sie zum Abendessen kommen würden, solange Sie in der Stadt sind, Mr Widener « , sagte Helen, vielleicht einen Tick zu hoheitsvoll.
    Eulah grinste Harry an und nickte. Eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht.
    » Sehr gerne « , erwiderte Harry.
    George Widener kramte nach seiner Taschenuhr und überprüfte mit gewichtigem Ächzen die Uhrzeit.
    » Ah « , sagte Harry, der wusste, dass für seinen Vater die Tafel aufgehoben war. » Dann also gute Nacht. «
    Als sie außer Sicht waren, ließ sich Eulah mit einem leisen Seufzen in den Stuhl zurücksinken und begann sofort, das Eclair mit unverhohlenem Genuss zu verspeisen.
    » Nun, dieser Harry scheint ein sehr netter Junge zu sein « , spielte Helen ihr den Ball zu.
    » Hm « , machte Eulah und kicherte, obwohl sie den Mund voller Brandteig hatte. Rasch griff sie nach einer Serviette, um sich Schokoladenkrümel vom Oberteil ihres Kleides zu tupfen.
    » Und offenbar interessiert er sich für dich « , drängte Helen weiter. » Ich habe noch nie einen jungen Burschen gesehen, der so erpicht darauf war, mit einer jungen Dame zu tanzen. Warst du denn nett zu ihm, mein Schatz? Ich hoffe, du hast ihm nicht die Ohren abgeschwatzt. «
    » Natürlich nicht « , sagte Eulah, der es Spaß machte, ihre Mutter mit der Vorstellung zu necken, sie könnte anders zu dem jungen Mann gewesen sein als nett. » Er hat mir so viel von seiner Büchersammlung erzählt, weißt du. In Paris hat er nach einem ganz besonderen Werk gesucht. Es hat den Titel Le Sang de Morphée. «
    » Klingt seltsam « , rutschte es Helen heraus. » Na ja, jedenfalls scheint er sehr interessiert daran zu sein, nächsten Monat zu uns zum Essen zu kommen, nicht wahr? Was hältst du denn davon? «
    Eulah lehnte sich vor und nahm mit einem Lächeln die Hand ihrer Mutter.
    » Ich finde « , sagte sie kühn, » wir sollten Champagner bestellen. «
    Noch während sie das sagte, hob Eulah einen langen weißen Arm und rief nach dem Kellner. Dieser schwebte mit einem Lächeln auf sie zu, und Eulah hauchte die Worte » Champagner, bitte « und zeigte auf sich und ihre Mutter. Der Mann warf einen kurzen Blick auf seine Taschenuhr, schenkte Eulah ein strahlendes Lächeln und verschwand.
    » Champagner! « , rief Helen, schockiert und freudig überrascht zugleich. » Aber wir sollten langsam zu Bett, mein Liebes. Es ist spät. «
    » Unsinn. Wir haben doch nichts Besonderes vor « , widersprach Eulah, drapierte einen Arm nonchalant über ihre Stuhllehne, legte den Kopf schief und lächelte mit halb geschlossenen Augen. Ihr gelöstes Haar hing ihr über die Schultern, doch sie warf es mit einer lässigen Geste zurück. » Mutter, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass wir gerade einen magischen Moment erleben. Hast du dir das jemals überlegt? «
    » Was meinst du damit? « , fragte Helen mit einem gekünstelten Lächeln.
    Der Kellner war wieder am Tisch aufgetaucht und präsentierte Eulah mit einer Verbeugung die Flasche, die in eine Leinenserviette eingeschlagen war. Nur das Etikett war zu erkennen.
    » Oje. Verstehst du eigentlich etwas von Champagner? « , fragte Eulah ihre Mutter. » Ich bestimmt nicht. « Sie schaute nach rechts und links, möglicherweise auf der Suche nach einem Gentleman, der ihr mit seinem Rat zur Seite stehen könnte, doch als sie keinen fand, wandte sie sich dem Kellner zu und sagte: » Ach, der ist schon in Ordnung, danke. «
    » Sehr gut, Mademoiselle « , entgegnete der Mann mit einem Nicken. Er kehrte ihnen den Rücken zu und ließ mit einem festlichen Ploppen den Korken knallen. Etwas von der lieblichen Brause schäumte über, und der Kellner leckte sich die Flüssigkeit vom Daumen.
    » Ich meinte ja bloß « , fuhr Eulah fort, während der Kellner den beiden Allston-Frauen zwei winzige Sektgläser Schaumwein einschenkte, » dass die Zeit momentan irgendwie viel schneller voranzuschreiten scheint. Denk doch nur mal an dein Leben, Mutter. Als du noch ein junges Mädchen warst, hätte eine Fahrt über den Ozean noch doppelt so lange gedauert wie heute. Und ebenso wenig war es möglich, so mir nichts dir nichts ein Telegramm rund um die Welt zu schicken. «
    Helen lachte. » Aber natürlich war das möglich! Dummes Mädchen. So alt bin ich nun auch wieder nicht. «
    Eulah grinste und nahm einen Schluck Champagner, um zu zeigen, dass sie zwar in den Details nicht ganz richtig informiert war, sich davon aber nicht abhalten lassen wollte, zu ihrem eigentlichen Argument zu kommen.
    »
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