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Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Titel: Die Frau mit dem Muttermal - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Ryszard Malik. Lagebesprechung um drei Uhr.«
    »Um drei?«
    »Ja, um drei. Warum?«
    »Ich brauche zwanzig Minuten bis zum Polizeipräsidium. Du hättest mich um zwölf anrufen können.«
    Reinhart gähnte in den Hörer.
    »Ich wollte mich jetzt eine Weile hinlegen. Komme gerade von da. War seit halb zwei dabei … und da habe ich gedacht, dass du vielleicht auch hinwolltest und es dir mal anschauen?«
    Van Veeteren stützte sich auf seinen Ellbogen. Er versuchte, aus dem Fenster zu gucken. »Wie ist das Wetter?«
    »Regen und Wind.«
    »Ausgezeichnet. Ich bleibe zu Hause. Werde wohl um drei kommen, wenn mein Horoskop nicht dagegen spricht … wer kümmert sich jetzt drum?«
    »Heinemann und Jung. Obwohl – Jung hat seit zwei Nächten nicht mehr geschlafen, er braucht sicher bald ein paar Stunden Ruhe.«
    »Irgendwelche Spuren?«
    »Nein.«
    »Wie ist es passiert?«
    »Schüsse. Aber die Besprechung ist um drei Uhr, nicht jetzt. Ich glaube, das ist eine ziemlich knifflige Geschichte, deshalb habe ich angerufen. Leufwens Allee 14 ist die Adresse, falls du doch noch deine Meinung ändern solltest.«
    »Kaum«, entgegnete Van Veeteren und legte auf.
Danach war an Schlaf natürlich nicht mehr zu denken. Viertel vor neun gab er auf und legte sich stattdessen in die Badewanne. Er lag dort im Schaum und dachte an den gestrigen Abend, den er im Restaurant Mephisto in Gesellschaft von Renate und Erich zugebracht hatte.
    Mit der ehemaligen Ehefrau und dem verlorenen Sohn. (Der noch nicht wieder zurückgekehrt war und auch nicht die Absicht zu haben schien, es zu tun.) Das Ganze war eines dieser wiederholten Arrangements von Renate, die damit ihr schlechtes Gewissen beruhigen und eine Familie wiederherstellen wollte, die nie existiert hatte, und das Ergebnis war genauso missglückt, wie es zu erwarten gewesen war. Die Unterhaltung war auf brüchigem Eis über dunklem Wasser verlaufen. Erich hatte sie mitten im Dessert verlassen, eine wichtige Verabredung mit einer Dame vortäuschend. Danach hatten sie dagesessen, Exehefrau und Exehemann, über einem dubiosen Käseteller, sich gequält und versucht, sich gegenseitig nicht mehr als notwendig zu verwunden. Er hatte sie kurz nach Mitternacht in ein Taxi gesetzt und war den ganzen Weg nach Hause zu Fuß gegangen in der frommen Hoffnung, dass der schneidende Wind sein Gehirn von allen finsteren Gedanken freifegen würde.
    Was in keiner Weise geglückt war. Zu Hause war er auf einen Sessel gesunken und hatte eine Stunde lang Monteverdi gelauscht, drei Bier getrunken und war nicht vor halb zwei ins Bett gekommen.
    Mit anderen Worten: ein vollkommen vergeudeter Abend. Aber zweifellos typisch. Sehr typisch. Denn schließlich war es Januar, wie gesagt. Was konnte man da anderes erwarten? Er stieg aus der Wanne. Machte ein paar unschlüssige Rückenübungen vor dem Spiegel im Schlafzimmer. Zog sich an und deckte fürs Frühstück.
    Dann ließ er sich am Küchentisch mit der ausgebreiteten Morgenzeitung vor sich nieder. Darin stand keine Zeile über den Mord. Natürlich nicht. Die Nachricht musste eingetroffen
sein, als die Druckerpressen bereits rotierten. Wie hieß der Kerl noch? Malik? Was hatte Reinhart gesagt? Leufwens Allee? Er hatte nicht übel Lust, den Inspektor anzurufen und ihm weitere Fragen zu stellen, aber er ließ es bleiben. Er würde schon rechtzeitig alles erfahren, was er wissen musste. Es gab keinen Grund zur Eile … wahrscheinlich war es besser, die paar Stunden bis zur Lagebesprechung zu genießen. Man hatte seit Anfang Dezember keinen Mord mehr gehabt, trotz der vielen Feiertage, und wenn es stimmte, was Reinhart behauptete, dass es eine verzwickte Geschichte war, dann bedeutete das sicher, dass sie in Zukunft den Buckel voll kriegen würden. Reinhart wusste meistens, wovon er redete. Besser als die meisten.
    Er goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein und ging dazu über, die Schachaufgabe der Woche zu lösen. Ein Matt in drei Zügen, das sicher noch die eine oder andere Komplikation beinhaltete.
     
    »Allright«, sagte Reinhart und legte seine Pfeife hin. »Die Fakten des Falls. Sechs Minuten nach eins in der letzten Nacht meldete der Krankenwagenfahrer Felix Hald, dass sich in der Leufwens Allee 14 eine Leiche befinde. Er war von der Hausbesitzerin, Ilse Malik, gerufen worden. Sie war fürchterlich verwirrt, hatte unterlassen, die Polizei anzurufen, obwohl ihr Gatte mausetot war … erschossen mit vier Schüssen, zwei in die Brust, zwei in den
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