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Die Frau des Seiltaenzers

Die Frau des Seiltaenzers

Titel: Die Frau des Seiltaenzers
Autoren: Philipp Vandenberg
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Brennt wie Zunder, ist allerdings sehr teuer und stinkt im Gegensatz zu einem Talglicht, dass Gott erbarm.«
    »Wäre also durchaus geeignet, den Brand in einem Haus zu entfachen?«, erkundigte sich der Schultheiß.
    »Es gibt nichts Besseres, Euer Ehren!« Seine Antwort erntete empörte Rufe, man müsse den Handel mit derartigem Teufelswerk verbieten, solle nicht eines Tages die ganze Welt in Brand gesetzt werden.
    Der Schultheiß machte eine unwillige Handbewegung und sichtete die Papiere, welche die Schergen in der Kammer des Doktor Faust gefunden hatten, eines rätselhafter als das andere.
    Auf dem einen stand die Formel: Satan Adama Tabat Amada Natas. Auf einem anderen konnte man lesen: HICIACCOD.
    »Scheint ein merkwürdiger Mann zu sein, dieser Doktor Faust«, brummte der Schultheiß vor sich hin, aber so, dass es jeder im Saal hören konnte. »Hatte für alles und jedes eine Zauberformel parat. Wahrscheinlich hat er sich und seinen Begleiter aus unserer Stadt gehext.«
    Unleserliche Notizen bezogen sich auf Miltenberg, Mainz und Würzburg und enthielten offensichtlich nur geographische Hinweise. Der Schultheiß hielt inne. Auf einem Pergament hatte Faust notiert:
    Scientes: 9
    Athanasius Helmont †
    Xeranthe †
    Wendelin Schweinehirt
    Magdalena Beelzebub
    Der Richter reichte Schweinehirt das Pergament: »Es kommt nicht häufig vor, dass ein Mörder seine Opfer auf einem Pergament aufschreibt und nach verrichteter Tat ein Kreuz dahintersetzt. Er hatte wohl ein schlechtes Gedächtnis.«
    Schweinehirt erschrak und reichte das Pergament an Magdalena weiter.
    »Mein Gott«, flüsterte diese und schüttelte den Kopf, als wollte sie die Zeilen aus ihrem Gedächtnis löschen.
    »Wenn es eines Beweises für eure Unschuld bedurfte, so steht er auf diesem Pergament«, sagte der Schultheiß. »Ihr seid frei!«
    Unter den Zuhörern im Gerichtssaal brach Jubel aus, aber auch unflätiges Geschrei von denen, die sich an diesem fünfzehnten Tag ein schauerliches Spektakulum versprochen hatten.
    Magdalena vernahm es nur von Weitem. Sie wandte sich um und fiel Matthäus schluchzend in die Arme.
    »Du brauchst nicht zu weinen«, sagte Matthäus Schwarz und strich ihr sanft über das Haar. Es war länger und wellig geworden.
    »Ich weine nicht«, versuchte sich Magdalena wie ein Kind zu rechtfertigen. Dabei rannen ihr dicke Tränen über die Wangen. »Und wenn«, fügte sie hinzu, »dann nur aus Freude.«
    »Dass du frei bist?«
    »Das auch. Aber ebenso sehr, dass du gekommen bist.«
    Mit seinem Sacktuch wischte der Fugger-Gesandte Magdalena die Tränen aus dem Gesicht. »Du hast mich vor keine leichte Aufgabe gestellt. Es war nicht einfach, dich zu finden. Bisweilen kam ich mir vor wie ein Jäger im Winterwald. Es gab Spuren zur Genüge, aber wenn ich mich am Ziel glaubte, warst du schon wieder verschwunden.«
    Verlegen hielt sich Wendelin Schweinehirt ein wenig abseits. Magdalena trat auf ihn zu und umarmte ihn ohne ein Wort. Von dieser Umarmung ging ein anderes Gefühl aus als jenes, das Matthäus in ihr auslöste, wenn er sie in den Armen hielt.
    »Ihr habt uns das Leben gerettet«, meinte Schweinehirt zum Fugger-Gesandten.
    Schwarz winkte ab und sah Magdalena an: »Es war eine Schicksalsfügung. Ich wusste ja nicht einmal, wo ihr seid. Als ich Bischof Weigand aufsuchte, um ihn an seine Zinsschuld zu erinnern, fragte ich ihn, ob er mir behilflich sein könne bei der Suche nach einer Person, die mir nahesteht. Ich nannte deinen Namen. Da wurde der Bischof sehr ernst und sagte, du seist des Mordes angeklagt und würdest vermutlich morgen zum Tode durch den Strang verurteilt werden. Ich wusste ja nicht, was vorgefallen war, und plante, dem Fürstbischof die Schulden zu erlassen, wenn er dich und deinen Begleiter laufen ließe. Ich war sicher, er würde es tun; denn Weigand von Redwitz steht das Wasser bis zum Hals. Aber dann überstürzten sich die Ereignisse.«
    Der Gerichtssaal hatte sich inzwischen geleert.
    »Du wirkst ungemein gefasst«, sagte Matthäus, während er einen Blick aus dem Fenster warf, wo auf dem Marktplatz die Zimmerleute damit begannen, das Galgengerüst abzubauen. »Ich meine, du musstest mit dem Schlimmsten rechnen. Immerhin lautete die Anklage auf Mord, sogar Doppelmord!«
    »Nein«, entgegnete Magdalena, »ich hatte keine Angst. Ichglaubte von Anfang an an die Gerechtigkeit. Vielleicht war es ein Zeichen von Einfalt. Und du?«, sie wandte sich Wendelin zu.
    Der erwiderte, noch immer totenblass: »Wenn
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