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Die Fotografin

Die Fotografin

Titel: Die Fotografin
Autoren: B.C. Schiller
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kann. Sie trägt einen teuren Markenblazer, enge Jeans, die sie sich bei ihrer Figur noch leisten kann und wie immer High Heels, denn sie ist sehr klein. Marion arbeitet übrigens in einer Werbeagentur ganz in der Nähe. Sie ist Kontakterin, das heißt, sie sitzt bei den Kunden und muss neue Aufträge an Land ziehen.
    Doch Marion steht mit dem Rücken zur Wand, das hat sie mir einmal im Suff gebeichtet. Die neuen Kontakterinnen werden immer jünger, sind immer taffer, scheren sich nicht um Kollegialität, wollen nur einfach Karriere machen. „Und die Kunden stehen nun einmal auf junge hübsche Frauen und nicht auf eine 39-Jährige mit Falten!“, hat Marion gesagt, als sie einen großen Kunden an eine zehn Jahre jüngere Kollegin abgeben musste und wir uns besoffen haben. Jetzt kümmert sich Marion um die kleinen Etats, wie für das Modelabel Babe & Chris, und dann engagiert sie mich für die Fotos, denn auch ich bin kein Star, das muss einmal gesagt werden.
    Erst jetzt fällt mir auf, dass wir uns schon eine Weile nicht mehr gesehen haben – zwar telefoniert, aber nicht getroffen. Die letzten Küsse, die ich bekommen habe, waren daher nicht von ihr, sondern von Talvin und die waren ganz anders, heiß, sinnlich, südindisch, einfach etwas Besonderes.
    „Und du bist noch immer das schönste Schneeweißchen!“, gebe ich Marion das Kompliment zurück, denn wie gesagt, wir sind gleich alt und da zählen Komplimente über das Aussehen doppelt. Marion kenne ich schon eine Ewigkeit und wenn wir als Teenager in die Disco gekommen sind, hat man uns immer nach diesen Märchenfiguren benannt. Marion mit ihren schwarzen Locken und den dunklen Schlafzimmeraugen wirkte immer ein wenig verrucht, ich mit meiner weizenblonden Mähne und den kornblumenblauen Augen hingegen naiv.
    „Danke, dass du deine Mittagspause für mich opferst“, sage ich und meine das auch so. Dann hole ich unauffällig die Kamera hervor und schieße schnell ein Foto von einer Marion mit eingefrorenem Lächeln, das einen schalen Nachgeschmack bei mir hinterlässt. Ich lösche das Bild, ohne es ihr zu zeigen.
    „Was ist los?“, fragt Marion fürsorglich und ignoriert die Tatsache, dass ich sie gerade fotografiert habe. Natürlich ist ihr nicht verborgen geblieben, dass ich wieder in alte Verhaltensmuster zurückgefallen bin, aber sie sagt nichts und auch ich schweige. Unauffällig beobachte ich die dünne flachbrüstige Kellnerin, die eigentlich schon frei hat, aber noch immer oben am Tresen steht, so als würde sie mich beschatten.
    „Pass bloß auf, dass ich dich nicht erlege!“, flüstere ich drohend in ihre Richtung, doch sie bemerkt meine Warnung nicht, denn ihre ganze Aufmerksamkeit gilt ihrem Handy, auf das sie soeben neue Instruktionen per SMS bekommt.
    „Hallo, Liebes, kommst du wieder zu uns zurück auf die Erde?“, dringt Marions Stimme an mein Ohr und ich zucke zusammen, merke, dass ich knallrot geworden bin. „Wen willst du schon wieder erlegen? Du bist ja richtig ferngesteuert. Echt gruselig!“, lacht sie gekünstelt und ich falle in ihr falsches Lachen ein. Etwas stimmt hier nicht, das spüre ich.
    „Also was ist los?“, nimmt Marion den Faden wieder auf und checkt gleichzeitig ihr Smartphone. „Hast du ein Problem mit Gregor?“ Das fragt sie ganz unverblümt und ich wundere mich über diese Frage, denn Gregor ist derzeit Lichtjahre von mir entfernt.
    „Wie kommst du auf Gregor?“ Empört schüttle ich den Kopf, so als hätte sie mich beleidigt. „Gregor hat damit nichts zu tun. Den gibt es gar nicht!“
    „Entschuldige, aber Gregor ist doch dein Mann. Da wird man ja noch fragen dürfen.“ Jetzt habe ich Marion beleidigt, das merke ich und schnell lenke ich wieder ein, werfe ihr ein Häppchen Information zu, damit sie wieder umschwenkt.
    „Ein Bekannter von mir ist verschwunden“, flüstere ich.
    „Wer? Kenne ich ihn? Ist es Raul?“, fragt sie elektrisiert vor Neugierde und beugt sich über den Tisch. „Hat er sich endgültig von seinem Lover getrennt?“
    „Wieso sollte sich Raul von seinem Liebhaber trennen? Wie kommst du darauf?“ Marion weiß Bescheid, wie würde sie sonst sofort mit diesem Thema anfangen. Vordergründig dreht es sich zwar um Raul, aber ich weiß, dass sie damit nur mich meinen kann.
    „Na, die beiden zanken sich doch ständig“, höre ich Marions Stimme. „Erinnerst du dich noch an die Weihnachtsparty? Sie küssten und sie schlugen sich!“
    „Nein, es hat nichts mit Raul zu tun.“ Ich
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