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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ausgelaufen war. Vielleicht war es ganz gut so, denn das Schiff des Odysseus ist gekentert, und niemand hat seitdem etwas von ihm gehört. Und das ist nun schon beinahe drei Jahre her. Einer der achäischen Könige hat Andromache mitgenommen. Ich kann mich an seinen barbarischen Namen nicht erinnern. Und wie ich gehört habe, ist sie am Leben. Und das ist dein Kind?« Imandra hob den kleinen Agathon hoch und küßte ihn. »Also hat all dein Leid auch zu etwas Gutem geführt?«
    »Nun ja, ich lebe noch und habe mich bis hierher durchgeschlagen«, sagte Kassandra, und sie sprachen von anderen, die den Untergang Troias überlebt hatten. Helena und Menelaos herrschten offenbar noch in Sparta; Hermione, Helenas Tochter, war dem Sohn des Odysseus versprochen worden. Klytaimnestra war vor einem Jahr im Kindbett gestorben. Ihr Sohn Orest hatte Aegisthos getötet und saß nun auf dem Löwenthron.
    »Hast du etwas von Aeneas gehört?« fragte Kassandra und erinnerte sich mit wehmutsvoller Trauer an die sternenklaren Nächte des letzten Sommers in dem dem Untergang geweihten Troia.
    »Ja, man erzählt überall von seinen Abenteuern. Er war in Karthago und hat sich dort in die Königin verliebt. Man sagt, als die Götter ihn wegriefen, habe sie sich aus Verzweiflung das Leben genommen. Aber das glaube ich nicht. Wenn eine Königin so töricht ist, sich wegen eines Mannes umzubringen, dann ist das schlimm, und sie kann keine große Frau und erst recht keine große Königin gewesen sein. Die Götter riefen Aeneas in den Norden. Man erzählt, er habe für das Palladium aus Troia der Jungfrau einen Tempel errichtet und eine Stadt gegründet. «
    »Ich bin froh, daß er in Sicherheit ist«, sagte Kassandra. Vielleicht hätte sie zu Aeneas in diese neue Stadt gehen sollen; aber kein Gott hatte sie dorthin gerufen. Das Schicksal von Aeneas war nicht ihr Schicksal. 
    »Und was ist mit Kreusa?«
    »Von ihr weiß ich nichts«, erwiderte Imandra. »Konnte sie aus Troia fliehen?«
    Kassandra mußte an ihren Abschied von Kreusa denken. Aber das lag alles so weit zurück, und es erschien ihr wie ein Traum. Alles, was mit dem Untergang der Stadt zusammenhing, schien sie geträumt zu haben.
    »Erinnerst du dich noch an Perle, meine Tochter?« fragte Imandra. »Komm her, mein Kind, und begrüße deine Tante.«
    Das Kind trat auf Kassandra zu und begrüßte sie mit soviel Würde, daß Kassandra es nicht küßte, wie sie es bei jedem anderen Mädchen getan hätte. 
    »Wie alt ist sie inzwischen?« fragte sie.
    »Beinahe sieben«, erwiderte Imandra. »Sie wird nach mir auf dem Thron sitzen. Wir halten uns an die alten Sitten, und mit etwas Glück wird sich daran nie etwas ändern.«
    »In dieser Welt gibt es nicht mehr soviel Glück«, sagte Kassandra. »Aber so schnell wird sich die Welt nicht ändern.«
    »Du besitzt also noch die Sehergabe?«
    »Nicht immer und nicht für alles«, antwortete Kassandra.
    »Was möchtest du also von mir, Kassandra? Ich kann dir Gold, Kleidung und Schutz geben - du bist mit mir verwandt, und mir wäre es das liebste, du würdest als Tochter in meinem Haus leben. Und ich weiß, im Tempel der Schlangenmutter würde man dich als Oberpriesterin willkommen heißen.«
    Auch Klytaimnestra hatte ihr ein solches Angebot gemacht. Trotzdem zögerte Kassandra.
    »Wenn du möchtest«, fuhr Imandra fort, »werde ich tun, was dein Vater viel zu lange unterlassen hat, und dir einen Gemahl suchen.«
    Kassandra erwiderte heftig: »Ich bin nach wie vor entschlossen, nie das Eigentum eines Mannes zu werden. Weniger als ein Jahr mit Agamemnon war mehr als genug.«
    Plötzlich trat Zakynthia vor und warf sich vor Imandra zu Boden. »0 Königin«, sagte sie mit ihrer tiefen Stimme, »die Göttin hat mir befohlen, in diese Stadt zu kommen und dich um Hilfe zu bitten. Nach dem Willen der Unsterblichen soll ich eine Stadt gründen, und ich kann es nicht allein tun. Zuerst glaubte ich, die Göttin habe mich hierher geschickt, um herauszufinden, ob noch eine der Amazonen lebt. Denn in einer Vision hat sie mir gezeigt, daß nur eine Amazone mir bei dieser Aufgabe zur Seite stehen kann. «
    »Und wer bist du?« fragte Imandra. »Ich heiße Zakynthos«, erwiderte der Mann, den Kassandra als Zakynthia kannte. »Gibt es keine Amazone mehr, die mir helfen könnte, eine Stadt zu gründen, in der die Göttin ohne Götter oder Könige verehrt wird? Ich möchte keine gewöhnliche Frau als Gemahlin, wie es Sitte der Achaier ist, sondern eine Frau, die
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