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Die fetten Jahre

Die fetten Jahre

Titel: Die fetten Jahre
Autoren: Koonchung Chan
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Beginn des Goldenen Chinesischen Zeitalters in der Versenkung verschwunden. Ihre Ideen fanden in China keinen Markt mehr. Viele ehemals Liberale waren in sich gegangen und unterstützten jetzt größtenteils die amtierende pragmatisch-autoritäre Regierung. Der westliche Weg erschien ihnen nicht mehr gangbar, sie hatten das gegenwärtige chinesische Modell als bestmögliche Wahl anerkannt. Die noch übrig gebliebenen unverbesserlichen namhaften Freiheitsbefürworter hatte man effektiv mundtot gemacht, sie erschienen nicht in den Medien, durften weder publizieren noch Vorträge halten oder lehren. Nur im Internet gab es hie und da noch ein paar kleine Fische wie Xiaoxi, die durch die Maschen des Netzes schlüpften und in Guerillamanier ihre Stimmen erhoben.

Gott schütze die Partei
    Es war eine sehr lange Nacht. Chen, Xiaoxi und Fang Caodi hatten eine stundenlange emotionale Achterbahnfahrt hinter sich und waren mit Informationen nur so bombardiert worden. Allmählich konnten sie nicht mehr. Zhang Dou, der sich um die Aufnahmetechnik kümmerte, war schon mehrmals kurz eingenickt.
    Nur He Dongsheng schien immer munterer zu werden, je weiter die Nacht fortschritt. Seit Stunden redete er ununterbrochen, wie in einer Ein-Mann-Talkshow, er hielt nichts zurück, ließ einfach alles raus, was ihm in den Sinn kam. Schon lange hatte er sich nicht mehr so gut gefühlt! Unter normalen Umständen konnte er niemals über diese Dinge sprechen, das wusste er. Was er heute nicht preisgab, würde er für sich behalten müssen bis in den Sarg. Er war sich auch im Klaren darüber, dass er mehrere Becher Pekinger Leitungswasser getrunken hatte, was er normalerweise strikt vermied. Mit einer heftigen Reaktion war zu rechnen gewesen.
    Unvermittelt musste er an einen Vorfall denken, der sich erst vor Kurzem zugetragen hatte, und er verspürte einen fast körperlichen Drang, Chen und den anderen auch davon ungefragt zu erzählen: »Ich will euch ein Staatsgeheimnis verraten, das gut gehütet wird. Stellt euch vor: Vor ein paar Tagen wollten Terroristen in eine streng geheime staatliche Fabrik eindringen und sie in die Luft jagen! Glücklicherweise bekamen die Sicherheitsbehörden vorher einen Hinweis und konnten sie an Ort und Stelle unschädlich machen. Das Erstaunliche daran war, dass diese sechs Terroristen zu einer faschistischen Gruppierung hier aus Peking gehörten und allesamt Studenten von Eliteunis wie PU oder Qinghua waren. Deshalb sahen wir uns gezwungen, die Sache zu verschleiern und als Todesursache einen Autounfall anzugeben. Ihre Familien haben noch heftig protestiert, weil sie die Leichen nicht zu sehen bekamen.
    Ich erzähle euch das, weil ihr wissen sollt, dass in China bereits handfester Faschismus Wurzeln schlägt. Diese Studenten können nur durch einen Hintermann innerhalb der Partei von der geheimen Fabrik erfahren haben. Leute mit solchen Absichten sind längst keine eingefleischten Parteimitglieder mehr, geschweige denn Sozialisten. Das sind überzeugte Faschisten, nichts anderes.«
    »War unter den Toten jemand mit Nachnamen Wei?«, fragte Xiaoxi besorgt.
    He Dongsheng überlegte einen Moment. »Wei? Nein.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    »Ja. Wei ist ein seltener Name, ich würde mich auf jeden Fall daran erinnern, wenn er dabei gewesen wäre.«
    Chen sah Xiaoxi aufatmen. Er fürchtete, He Dongsheng könnte fragen, wie sie auf den Namen kam, und stellte daher schnell die erstbeste Frage, die ihm einfiel: »Wie seid ihr zu dem Hinweis auf den Anschlag gekommen?«
    »Du solltest unsere Sicherheitsbehörden nicht unterschätzen, Chen. Sie haben überall V-Männer. Wo Menschen sind, ist fast immer auch einer unserer Maulwürfe. Es erstaunt mich, dass gerade ihr uns entgangen seid …«
    »Warum wollten sie über diese Fabrik sprechen?«, fragte Fang Caodi plötzlich sehr ernst.
    He Dongsheng hatte heute schon die weltumspannende Strategie von Feuer, Eis und Gold und seinen »Friedensplan« vor ihnen ausgebreitet; es kam also nicht mehr darauf an, ob er über Details schwieg oder nicht.
    »Ich will es einmal so sagen: Was uns in der Regierung von diesen Faschisten unterscheidet ist, dass wir im Volk Nächstenliebe statt Aggression fördern, während die Faschisten das genaue Gegenteil anstreben. In dieser Fabrik wird etwas hergestellt, was die Menschen fröhlich macht und sie mit Empathie erfüllt, sodass sie niemandem etwas zuleide tun möchten. Deshalb wollen die Faschisten sie zerstören. Reicht das als
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